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Die Prophezeiung

Die Prophezeiung

Titel: Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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beschissenste Gefühl überhaupt.
    Sie stoppte und wischte sich über die Stirn. Schonungslose Ehrlichkeit sich selbst gegenüber war nicht gerade Katies Stärke. Aber das, was sie hier tat – das musste sie zugeben, war sonnenklar: Sie war auf der Flucht vor dem, was passiert war und noch passieren sollte.
    Die beiden anderen waren vor ihr im Nebel verschwunden. »David?«, schrie sie laut. »Robert?«
    Statt einer Antwort hörte sie nur das leise Rauschen des Sees und die Wellen, die in immer demselben Rhythmus gegen das Ufer schlugen.
    Und Schritte?
    Schritte, die nicht von vorne kamen, wo David und Robert waren, sondern von hinten.
    Katie lauschte.
    Wieder glaubte sie, Schritte hinter sich zu hören. Schuhe, die im Schnee knirschten.
    »He, ihr beiden«, brüllte sie. »Könnt ihr gefälligst mal antworten?«
    In dem Moment riss der Nebel auf und sie sah etwa hundert Meter vor sich den gelben Rucksack von Robert auftauchen.
    Sie holte schnell auf.
    Robert drehte sich um und sah sie eindringlich an. »Katie, du wirst nicht verloren gehen«, sagte er und in seiner Stimme schwang etwas mit, was sie nicht genau definieren konnte. Es klang fast wie Mitleid.
    »Nein«, fauchte sie zurück. »Das werde ich bestimmt nicht. Oder hast du vergessen, dass ich hier diejenige bin, die euch führen sollte? Ich kenne schließlich den Film als Einzige.«
    Robert schaute sie ernst an. »Ja«, sagte er. »Geh ruhig voraus.«
    Katie biss die Zähne zusammen, drängte sich an ihm vorbei und schwor sich, für eine Stunde ihr Hirn auf Durchzug zu stellen.
    Ja, sie würde einfach noch einmal das tun, was gestern im Fitnessstudio auch funktioniert hatte, sie würde sich total auspowern. Und über Sebastien würde sie nachdenken, wenn das hier vorbei war.
    Sie stürmte los und nach etwa hundert Metern stieg der Weg zwischen den Bäumen steil an. Er lief vielleicht zwanzig Meter hoch über dem Ufer weiter. Oben verengte er sich merklich und bald tauchten die ersten Felsen links von ihr auf. Der Pfad war nass und rutschig, aber das war für Katie kein Problem, selbst bei dem Höllentempo, das sie vorgab. Überall lagen Berge von Laub, Tannennadeln und Tannenzapfen, die monatelang unter der dicken Schneedecke vor sich hin gemodert hatten und nun den Weg glitschig und rutschig machten.
    Normalerweise hörte man an dieser Stelle bereits das Rauschen des Wasserfalls, wenn er mit voller Wucht herunterstürzte. Doch heute war es ruhig. Lediglich ihr Keuchen und das Knirschen ihrer Schritte im Schnee, der unter ihnen nachgab, drang durch die Luft.
    Und immer wieder das Geräusch von Wasser, das von den Bäumen tropfte.
    »Seht zu, dass ihr nicht zu weit nach rechts kommt«, rief sie David und Robert zu. »Der Schnee hier ist tückisch – ein falscher Schritt und ihr rutscht ab.«
    Endlich ragte vor ihr die Felswand auf, mit dem Schild: Achtung, Steinschlag . Katie blieb stehen und lauschte abermals, aber diesmal nicht auf irgendwelche eingebildeten Schritte, die ihnen folgten. Das Eis in den Felsritzen und das Schmelzwasser hatten das Gestein brüchig gemacht. Katie erwartete tatsächlich jeden Augenblick, Steine zu hören, die herunterstürzten. Doch stattdessen ertönte ein sanftes Rauschen, und als sie sich umwandte, sah sie eine weiße Wolke aus Schnee, die sich von den Ästen einer verkümmerten Kiefer löste und sich wie ein Schleier auf sie legte.
    Katie fröstelte und zog sich die Kapuze über den Kopf. David lief an ihr vorbei. »Komm schon, wir sind gleich am Wasserfall.« Er war wieder ganz der Alte, voller Tatendrang. Wenn David jemanden retten konnte, dann war seine Welt in Ordnung, dachte Katie bitter.
    Sie folgte ihm etwas langsamer, und als wenig später die Brücke vor ihnen lag, begriff Katie auch, warum es hier so still war. Statt der hohen Wasserfontänen, die hier den größten Teil des Jahres herunterrauschten, sah sie sich nun einer Kaskade von Eiszapfen gegenüber. Das erinnerte sie wieder an den anderen Wasserfall, den sie auf Bens Film gesehen hatte. Warum war das Wasser hier gefroren und bei dem anderen nicht?
    Katie trat an die Brücke heran und beugte sich nach unten. Dann schüttelte sie den Kopf. »Das auf dem Film war ein anderer Wasserfall«, murmelte sie. »Der Verlauf war völlig anders, viel ebenmäßiger. Und das Gestein schimmerte rötlich.«
    Robert nahm keine Notiz von ihr. Stattdessen starrte er auf sein Armband, um etwas in ein schwarzes Notizbuch einzutragen. Dann blätterte er um und zeichnete etwas

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