Die Prophezeiung
Moment von Bedeutung erschien.
Sie bückte sich und hob es an. Der Stein fühlte sich schwerer an als erwartet. Katie war oft genug in den Felswänden dieser Umgebung geklettert. Sie kannte die verschiedenen Gesteinsarten gut. Aber dieser Art war sie noch nie begegnet. Zudem besaß der Stein eine ungewöhnliche Form.
Sie hielt ihn vor die Taschenlampe. Ihr Fund war etwa fünf Zentimeter lang, war an den Seiten stark abgeflacht und schimmerte in verschiedenen Brauntönen. Sandkörner blieben an ihren Fingern hängen. Sie hatte den Stein wohl zu fest angefasst. Der vordere Teil brach ab und fiel zu Boden. Katie starrte verdutzt auf den Rest in ihrer Hand. In dem Stein war etwas eingeschlossen. Ein schwarzes Etwas, das sie als Reste eines Käfers identifizierte.
Wow, es war die erste Versteinerung, die sie im Tal entdeckte und sie kannte niemand, der vor ihr eine gefunden hätte. Aber das war nicht alles. Es war auch das erste und einzige Tier außer Ike, das sie je hier oben gesehen hatte.
»Katie?« Sie hörte David rufen. Seine Stimme hallte im Tunnel nach. »Katie?«
Die Ameise, schoss ihr durch den Kopf. Die Ameise im Vorlesungssaal gestern, die keine gewesen war. Nur etwas Ähnliches wie das käferartige Gebilde in ihrer Hand.
Grace Dossier
Kapitel 17
»Hier.« Katie drückte den Stein Robert in die Hand.
»Was ist das?«
»Du bist der Wissenschaftler.«
Er untersuchte das Gebilde genauer. »Eine Versteinerung?«
»Scheint so.«
»Im Gebirge ist das nicht ungewöhnlich.«
»Hier oben im Tal schon. Es ist das erste Mal, dass ich so etwas gefunden habe.«
»Vergesst die Versteinerung. Die wird Benjamin nicht helfen können. Lasst uns endlich weitergehen.« David trat von einem Bein auf das andere.
Robert reichte den Stein Katie. »David hat recht. Wenn wir zurück sind, untersuchen wir das genauer.«
Katie steckte den Stein ein. Sie setzten ihren Weg schweigend fort. Wieder verkündete Robert die Strecke, die sie zurückgelegt hatten.
Neunhundertachtzig Meter.
Eintausend Meter.
Katie musste an die Meditationsübungen denken, die ihr Therapeut mit monotoner Stimme vorgetragen hatte. Roberts Singsang erinnerte sie daran.
Eintausendzwanzig.
Eintausenddreißig.
Und dann richtete sich der Strahl der Taschenlampe auf eine Tür vor ihnen. Oder nein – sie hatte sich getäuscht. Der Weg war einfach zu Ende. Sie waren vor einer Mauer angelangt. Sackgasse.
»Okay.« David hob die Hände. »Und nun?«
Katie rieb sich die Stirn. Ach verflucht. »Vielleicht hätten wir doch einen der Seitengänge nehmen sollen?«
»Vielleicht?« Davids Stimme klang, als ob er gleich explodierte. »Warst du nicht eben diejenige, die so felsenfest davon überzeugt war, dass der Mittelgang der richtige ist?«
Katie zuckte mit den Schultern und starrte frustriert auf die Wand vor sich.
Eine Weile herrschte Schweigen, bis David sich räusperte. »Entschuldige, Katie. Ich …«
Oh Gott, jetzt nur keine Beichte oder etwas Ähnliches. »Schon gut«, brummte sie. »Meine Nerven sind auch nicht gerade in einem Topzustand.«
»Es ist nicht fair, dich verantwortlich zu machen.«
»Ist es nicht, aber du bist mir sympathischer, wenn du nicht fair und anständig bist und die ganze Zeit den Heiligen mimst, der nie eine Regung zeigt. Das macht mich nervös, verstehst du?«
»Es ist nur …«
»Ist es dein Bein, David?« Etwas lag in Roberts Stimme, das Katie aufhorchen ließ.
David nickte. »Es fühlt sich so seltsam an. Ich verstehe es nicht. Die Wunde war doch nicht mehr als ein Kratzer. Aber ich verliere zunehmend jedes Gefühl darin. Als ob ich es hinter mir herziehen müsste.«
»Vielleicht hat sich der Kratzer infiziert?«
»Dann müsste ich Schmerzen haben.«
»Wir sollten sowieso etwas essen«, sagte Robert.
Essen? So strategisch und genau Katie ihre Touren sonst plante, an diesem Morgen war sie aufgebrochen, ohne an Proviant zu denken. Sie hatte einfach nicht damit gerechnet, dass sie den ganzen Tag unterwegs sein würden. Überhaupt waren ihre Pläne völlig anders gewesen. Aber jetzt spürte sie, wie ihr Magen sich meldete.
»Guter Plan. Fragt sich nur, was.«
Robert gab Katie die Lampe, öffnete den Rucksack und zog einen Plastikbeutel hervor. »Müsliriegel oder Schokolade?«
Katie, die sonst wirklich nicht zu solchen Gefühlsausbrüchen neigte, hätte Robert umarmen können. »Beides!«, sagte sie. »Aber erst die Schokolade.« Während Robert aus seinem Rucksack noch eine Zweiliterflasche mit Wasser zog,
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