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Die Prophezeiung

Die Prophezeiung

Titel: Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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ihre Tür klopfte und sie zunehmend gereizter bat, aufzumachen und mit Julia zu reden. Ihr die Wahrheit zu erzählen. Aber sie verhielt sich völlig still und gab keine Antwort.
    Sie dachte an Robert.
    An die Dunkelheit dort unten.
    An die Einsamkeit, die Ungewissheit, die vielen Fragen.
    Ab und an sah Katie auf ihr Handy. Keine neue Nachricht von David.
    Im Tal besaß Zeit eine andere Qualität als in der normalen Welt. Zwei Stunden konnten einem erscheinen wie zwei Minuten und ein Monat wie ein ganzes Jahr. Wenn Robert nicht innerhalb der nächsten halben Stunde auftauchte, lag es in ihrer Verantwortung, den anderen die ganze Geschichte zu erzählen. Wie würden sie reagieren?
    Sie war froh, als sie aus diesen Gedanken durch das Klingeln ihres Handys gerissen wurde. Endlich! David rief zurück! Doch das Display zeigte an: unbekannter Anrufer.
    »Katie?«
    Die vertraute Stimme klang so, als ob er erst gestern angerufen hätte.
    »Katie? Hörst du mich?«
    Sie wollte antworten, aber es kam kaum ein Krächzen über ihre Lippen. Ihre Kehle war staubtrocken und sie versuchte verzweifelt, Luft zu bekommen.
    »Wie geht es dir?«
    »Wie es mir geht?«
    Ein kurzes Lachen am anderen Ende. »Manche Fragen klingen manchmal zu leicht, oder?«
    »Woher hast du diese Nummer?«
    »Das spielt keine Rolle, oder?«
    »Nein, spielt es nicht.«
    »Ich muss dich sehen, Katie.«
    Katie schloss die Augen.
    »Ich dich auch.«
    Es fühlte sich plötzlich so natürlich an. So ohne jede Hemmnis. Als hätten sie tatsächlich gestern das letzte Mal miteinander telefoniert.
    »Bald?«
    »Ja, natürlich. Sehr bald.«
    Stille.
    Und wieder er: »Möchtest du das wirklich?«
    Tränen traten in Katies Augen. »Ich will nichts anderes.«
    »Dann hau einfach dort ab, wo immer du bist.«
    »Das geht nicht so einfach. Nicht jetzt.«
    »Warum? Wird man dich verfolgen und in Handschellen zurückbringen? Oder dich aus dem College werfen?« Sein Spott klang liebevoll.
    »Das wäre mir egal.«
    »Gut! Ich dachte schon, man hätte dich einer Gehirnwäsche unterzogen. Also, was ist es dann?«
    »Ich habe hier Freunde und die brauchen meine Hilfe. Ich kann sie nicht im Stich lassen …« Sie zögerte, doch sie wusste, sie musste es sagen.
    Hier und jetzt, sie musste es endlich aus ihrem System bekommen.
    »Ich kann sie nicht im Stich lassen, wie ich dich im Stich gelassen habe, Sebastien.«
    Diese gottverdammte, alles entscheidende Stille am anderen Ende. Sekunden? Vielleicht Minuten. Sie bestimmten die Zukunft. Eine ziemlich lange, unendliche Zukunft.
    »Das warst nicht du«, kam die Antwort. »Es war umgekehrt, Katie. Ich habe dich im Stich gelassen.«
    Katie konnte nicht mehr sprechen. Tränen liefen ihr über die Wangen und zum ersten Mal schämte sie sich nicht dafür, dass sie weinte. Es fühlte sich irgendwie gut an.
    »Ich bin gesprungen«, sagte er. »Es war meine Freiheit. Und meine Entscheidung.«
    Manche Gespräche vergisst man nie im Leben. Nicht nur, weil sie sich fest ins Gedächtnis eingruben, um für immer dort verankert zu bleiben. Nichts, was Sebastien gesagt hatte, würde jemals verloren gehen, auch wenn Katie sich nicht von ihrer Schuld losgesprochen fühlte – das wäre zu simpel. Aber Sebastien war tatsächlich zurückgekehrt. Seine vertraute Stimme, jedes seiner Worte, seine Art, wie er einfach da war, sie in jeder Faser ihres Wesens verstand, all dies veränderte sie, Katie West, innerhalb von Sekunden.
    Und dann brach es aus ihr heraus. Sie kümmerte sich nicht darum, dass es völlig unglaubwürdig klang. Sie erzählte einfach alles, was sie erlebt hatte, ohne Punkt und ohne Komma und sie wusste, dass Sebastien ihr glaubte.
    Und tatsächlich: Er fragte nicht einmal nach, zog ihre Worte nicht in Zweifel, kritisierte ihre Entscheidungen nicht.
    Am Ende sagte er nur: »Katie, es ist wie mit einer Wand. Du willst da hinauf. Nur wenn du am Gipfel bist, wirst du sehen können, was unter dir ist. Vergiss nie, alles, was du willst, schaffst du auch.« Er lachte leise und sein Lachen war wie eine Berührung. »Tu mir einen Gefallen und mach diesen Gipfel für mich, okay? Denn ich kann hier leider nicht weg.« Für einen kurzen Moment schwieg er. »Weißt du, wenn sie sagen, ich werde nie wieder laufen können, klingt es so, als sei ich bereits tot. Nur vergessen sie, dass ich eine Wahl hatte. Ich hätte nicht wieder aufwachen müssen.«
    Katie nickte. »Ich komme, so schnell ich kann«, flüsterte sie. »Das ist ein Versprechen.«
    »Pack es an

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