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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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konnte er tun? Zu Doronit zurückkehren konnte er nicht, nicht einmal, um seine Kleider zu holen. Sie würde ihn töten, sobald sie ihn zu Gesicht bekam, das wusste er. Er hatte bloß das, was er am Leibe trug, und ein paar Münzen in seiner Tasche. Und Actons Brosche. Er trat an den Kaminsims, um sie in Augenschein zu nehmen. Im Licht des Feuers glühte sie übergroß. Sie wirkte prächtiger, als er es in Erinnerung hatte, lebendiger, als er es selbst war. Sie fühlte sich warm an, doch ihm war kalt, in seinem Magen schienen Bleigewichte zu liegen.

    Martine beendete ihr Schreiben und wedelte mit dem Brief in der Luft herum, damit die Tinte trocknete. »Ruf einen Boten, Ash, dann schicken wir das hier los.« Das Wort »wir« kam ihr wie selbstverständlich über die Lippen und erwärmte ihn ein wenig. Er wusste, dass er Martine um Rat bitten konnte.
    Er machte die Tür auf und stieß drei scharfe Pfiffe aus, um einen Boten herbeizurufen. Der Regen hatte vorübergehend aufgehört, doch der Himmel war grün und kündigte drohend einen Sturm an. Sogar an einem Tag wie diesem tauchten wie aus dem Nichts drei Kinder auf und drängten sich in der Tür darum, wer die Nachricht erhielt. Martine entschied sich für das Älteste, ein dünnes, blondes Mädchen.
    »Hier«, sagte sie und übergab dem Mädchen den Brief, »bring das hier für mich zum Bürgenhaus. Es ist gleich neben dem Zunfthaus. Besorg dir dort den Stempel, dann bezahle ich dir einen Penny.«
    »Ja, Ma’m«, erwiderte das Mädchen und rannte dann die Straße entlang. Sie musste hungrig sein, so schnell wie sie lief.
    Ash verriegelte die Tür. Martine schaute ihn aufmerksam an.
    »Ich muss packen, was ich tragen kann«, sagte sie. »Wieder auf Wanderschaft, wo ich doch dachte, sie für immer hinter mir gelassen zu haben. Ich hätte meine eigene Zukunft lesen sollen, nicht Rannys.« Sie lachte humorlos. »Also. Ich muss auf Wanderschaft, Ash.« Sie legte eine Pause ein. »Ich würde die Gesellschaft einer ausgebildeten Schutzwache willkommen heißen.«
    Sein Herz wurde groß, so sehr, dass ihm die Rippen schmerzten. »Ich habe kein Geld«, sagte er. »Ich wäre dir eine Last. Wahrscheinlich könnte ich es nie wieder gutmachen.«

    »Na ja, wo wir schon davon sprechen, glaube ich, dass du mir gerade das Leben gerettet hast, also sollte ich wohl von Wiedergutmachung sprechen.«
    Er schüttelte energisch den Kopf.
    »Nein«, stimmte sie ihm zu, »vielleicht sollten wir beide nicht von Schulden und Wiedergutmachung sprechen. Aber es ist schon so, dass ich dich als Begleiter willkommen hei ßen würde, und ich habe genug, um für uns beide zu bezahlen - jedenfalls bis wir dort ankommen, wo wir meiner Meinung nach hin müssen.«
    Ash war zu erleichtert und dankbar, um zu fragen, wo das war. Sie lächelte ihn an und verschwand nach oben.
    Er setzte sich ans Feuer. Denken konnte er nicht, starrte lediglich die Flammen an und ließ sich von ihnen die kalten Glieder wärmen. Über Doronit würde er später noch nachdenken. Hatte er sie betrogen, oder hatte sie ihn betrogen? Ganz sicher war er sich nicht. Er wusste nur, dass sie ihn als Werkzeug hatte benutzen wollen, so wie sie auch die Geister und die Windgeister benutzte. Er wollte kein Werkzeug sein. Dessen war er sich sicher. Der Sturm draußen begann nun ernsthaft, es donnerte, blitzte, und dann setzte ein Platzregen ein.
    Mitten in all dem schlug jemand gegen die Tür. Er reagierte wie eine Schutzwache, sprang auf und drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand hinter der Tür, während Martine aus der Küche kam, um sie zu öffnen. Als sie das Messer in seiner Hand sah, stieß sie einen Seufzer aus. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass er es gezogen hatte. Doch es konnte ohne Weiteres Doronit oder Hildie sein oder einer der anderen. Er begriff, dass er bereit war, jeden von ihnen auf der Stelle zu töten. Das erschreckte ihn, aber die Entschlossenheit war da, eindeutig. Er würde sie alle töten, bevor er zuließ, dass sie Martine oder ihn selbst töteten.

    Es war die Botin. Durchnässt und weinend kam sie herein und streckte die Hand aus. »Ich hatte den Stempel, ehrlich, Ma’m. Aber der Regen hat ihn weggewaschen.«
    Martine schaute erst auf die Hand und dann auf Ash. Falls es dort einen Stempel gegeben hatte, war er jetzt verschwunden. »Mach dir nichts daraus, Kind. Ich werde dir wohl vertrauen müssen.«
    Das Gesicht des Mädchens hellte sich auf.
    »Komm«, sagte Martine. »Ich reise heute ab. Ich habe

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