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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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sich Angst anmerken ließ.
    »Er hat dich geliebt«, sagte er zu Halley. Es war wichtig, dass Halley es wusste, umso mehr, weil er den Geist seines Vaters nicht sehen konnte. »Er wollte dich umarmen.«
    Verwirrt stand Halley auf und schüttelte voller Kummer und Erschütterung den Kopf.
    Martine schaute ihn interessiert an. »In deinen Adern und denen deines Vaters fließt nicht nur altes Blut«, sagte sie langsam.
    »Nein … Seine Großmutter war Wandrerin.«
    Martine schaute die Steine prüfend an, die in der Feuerstelle glühten. »Ich überlege«, sagte sie, »ob ich diese Steine mitnehmen soll, wenn wir gehen.«
    »Aber sie …«
    »Die Sache ist die«, unterbrach sie ihn, »du hast nicht genug seherische Fähigkeiten, als dass du sie mit Sicherheit
benutzen könntest. Jedes zweite Mal wirst du das Falsche sehen oder nicht imstande sein, zu hören, wenn sie sprechen.«
    »Sprechen?«, fragte er.
    Dies schien bei ihr den Ausschlag zu geben. »Du kannst den Geist deines Vaters nicht sehen, du kannst die Steine nicht reden hören - du solltest sie nicht benutzen.« Sie wurde ein wenig weicher. »Das ist keine Schande. Du gehst einem anderen Handwerk nach.«
    Halley setzte sich auf einen Stuhl am Tisch, seinen Arbeitsstuhl. »Ich habe ihm immer zugeschaut und mich gefragt, woher er es wusste. Die Steine … Ich wollte immer mit ihnen spielen, aber das hat er mir nie erlaubt. Als er gestorben ist, hatte ich das Gefühl, ihm nahe zu sein, wenn ich mit ihnen hantierte.«
    »Das war er auch«, sagte sie sanft. »Aber jetzt ist er fort.«
    Halley legte sich die Hände an den Kopf und fing an zu weinen. Es waren die heftigen, hustenartigen Schluchzer tiefer Trauer. Da Martine einfach stehen blieb, ging Ash auf ihn zu und legte ihm einen Arm auf die Schulter.
    »Aus der Finsternis heraus wird neues Leben geboren«, sagte er, ein altes Sprichwort der Wanderer zitierend. »Der Funke fliegt hinauf und wird zu einem Stern.«
    Dass Halley ihn hörte, glaubte er nicht.

    »Der Weg, den du eingeschlagen hast, führt dich zu den Toten«, zitierte er gegenüber Martine, während sie ihre Decken auf dem Fußboden vor dem Feuer ausbreiteten.
    »Der Weg ist lang, und am Ende wartet der Tod«, sagte sie.
    »Ich glaube nicht, dass er das gemeint hat.«
    »Was können wir tun? Die Toten sind natürlich nicht das
Gleiche wie Tod. Aber dies ist ein Weg, den ich einschlagen muss.« Sie drehte den Kopf und schaute ihn von der Seite unter ihren langen, dunklen Haaren heraus an. Diese hatte sie sich wie immer vor dem Schlafengehen gelöst. »Aber es ist nicht dein Weg, Ash. Du kannst jederzeit einen Abzweig nehmen, wenn du willst.«
    Allein unterwegs … Ein Schauer durchlief ihn. »Nein«, sagte er. »Unsere Wege trennen sich nicht. Solange du willst.« Er hatte versucht, erwachsen und selbstsicher zu klingen, doch seine Stimme zitterte ein wenig.
    Sie lächelte. »Eines Tages könntest du deine Meinung ändern, was das angeht, Junge.« Sie gähnte plötzlich und räkelte sich. »Also gut. Wir gehen morgen gemeinsam auf die Wanderschaft und sehen, wohin wir kommen.«
    »Und wenn es die Toten sind?«
    Sie kicherte. »Von allen Menschen auf der Welt haben wir am wenigsten von den Toten zu befürchten. Sie brauchen uns viel zu sehr.«
    Am frühen Morgen brachen sie auf, nachdem sie sich an heißem Porridge den Magen erwärmt und die Steine von Halleys Vater sicher in Martines Gepäck verstaut hatten. Die Luft roch nach Heu und reifen Äpfeln, und sie machten sich mit überraschend leichtem Herzen auf den Weg, wenn man die düstere Warnung bedachte.
    Sie hielten auf die Furt über den Sharp zu, jenem Fluss, der letztendlich eine Kurve beschreibend nahe Mitchen ins Meer mündete. Der Sharp teilte die Domänen in zwei ungleiche Teile, nördlich und südlich, wobei das gesamte fruchtbare Flachland zwischen Turvite und dem Fluss lag. Dahinter, zum Norden hin, war Weideland, Heide, Sumpf und Felsgestein. Hier gab es weniger Vögel, weniger Tiere überhaupt, auch weniger Insekten, außer in den Sumpfgebieten. Sogar die Erde war anders, nämlich wesentlich karger
und grobkörniger. Die Südliche Krümmung, wie man sie dort nannte, war die Gegend, wohin sich das Volk des alten Bluts zurückgezogen hatte, als Actons Leute einfielen. Dort konnten sie noch eine ganze Zeit in Frieden leben, da das Land als nicht der Mühe wert galt, bis den Eindringlingen schließlich der Raum im Flachland ausging. Daraufhin begann der Vorstoß nach Norden, und nach und

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