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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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seiner Haut, das bedeutete, dass die Götter bei ihm waren. Er spürte nichts. Erstaunt und ein wenig beunruhigt, fing er an zu beten.
    »Götter des Feldes und des Flusses, höret Euren Sohn.
Götter des Himmels und des Windes, höret Euren Sohn. Götter der Erde und der Felsen, höret Euren Sohn. Götter des Feuers und des Sturms, höret Euren Sohn.«
    Nichts.
    Er setzte sich auf die Fersen und dachte angestrengt nach. Missbilligten die Götter seinen Plan? Bestimmt nicht. Vielleicht hatten sie sich entfernt, damit ihre Gegenwart seinen Zauber nicht beeinträchtigte. Ja. Natürlich . Sein menschlicher Zauber funktionierte vielleicht in ihrer heiligen Sphäre nicht, sodass sie ihn verlassen hatten, um ihm freien Lauf zu lassen.
    »Euer Sohn dankt Euch, Göttern von allem.«
    Er begann damit, ganz im Norden der Lichtung zu graben, wo nach Angaben von Rowans Lied die Knochen der Opfer aus Spritford notdürftig begraben worden waren.
    Er hatte keine Mühe, sie zu finden, da das Felsgestein hier nach wenigen Fuß begann. Die brüchigen Knochen menschlicher Skelette, von Alter und Erde gebräunt, miteinander vermengt; Schädel mit klaffenden Löchern, fehlenden Kieferknochen und leeren Augenhöhlen trieben ihn dazu an, schneller vorzugehen. Das Lied hatte von siebenundvierzig gesprochen, Männer, Frauen und Kinder. Binnen drei Stunden stieß er auf neunundzwanzig Schädel und gab sich damit zufrieden. Die Schädel der Kinder legte er auf die eine Seite, wobei er den Kopf eines winzigen Babys in seiner Handfläche wiegte. Er musste einen Moment innehalten, um die Verschwendung menschlichen Lebens, den zermalmten Knochen, den zahnlosen Mund zu begreifen. Er legte ihn sanft ab und wandte sich, in seinem Vorsatz bestärkt, wieder den Knochen der Erwachsenen zu. Sie würden dafür bezahlen. Sie würden mit Blut für jeden Teil ihrer Schuld bezahlen.

    Er stellte sich über die Schädel, holte sein Messer heraus und begann mit dem Zauberspruch.
    Ich bin Saker, Sohn von Alder und Linnet aus dem
Dorf Cliffhaven.
    Ich strebe Gerechtigkeit an. Gerechtigkeit für Wren,
für Jay, für Lark, für Sparrow -
    Bei dem Namen Sparrow durchfuhr ein leiser Ruck seinen Körper, sodass er ihn noch einmal aussprach, doch die Gefühlsempfindung kehrte nicht wieder zurück. Er fuhr fort.
    Ich strebe Gerechtigkeit an für Falcon, für Owl -
    Da war es wieder, dieses Mal eine heftige Reaktion. Seine seherische Kraft wurde lebendig und zeigte ihm, vor seinem geistigen Auge, einen kleinen Mann mit wunderschönen Händen und zornigen Augen. Mit frischem Eifer fuhr Saker fort.
    Ich strebe Gerechtigkeit an für Owl und alle seine
Kameraden,
Zu Unrecht erschlagen und an diesem Platz begraben.
    Er spürte, dass dieser eine Name ausreichte. Nun sangen die Knochen für ihn. Nicht alle, aber viele. Endlich hörten ihn die Geister der Toten. Der Rest des Zaubers bestand nicht aus Worten, sondern aus Bildern in seinem Kopf, vielfältig und bedrückend, Farben, musikalische Phrasen, die Erinnerung an einen bestimmten Geruch, der Klang eines Schreies …
    Er legte eine Pause ein, während der er auf die Schädel
hinunterschaute. Sie schienen ihn stumm zur Eile anzutreiben. Er hielt sich das Messer an die Handfläche und drückte es fest hinunter. Das Blut quoll im Rhythmus seines Herzens hervor und spritzte schwallweise auf die leblosen Knochen.
    »Erwachet, Owl und all seine Kameraden!«, befahl er. »Nehmt eure Rache.«

Ash
    Schon immer hatte sich Ash gefragt, warum der Fluss Sharp hieß. Als der Weg die Furt erreichte, konnte man den Grund leicht erkennen.
    Sie gingen einen Felsgrat entlang in eine ihm fremde Welt hinein. Es war, als habe sich das Land verworfen, sodass Felsschichten senkrecht in die Luft ragten, statt flach auf dem Boden zu liegen. Der Wind hatte sie bis zum Ufer des Flusses zu einem Labyrinth aus rasiermesserscharfen Zacken abgetragen. Sich auf der Suche nach dem sichersten Durchgang windend, verlief zwischen diesen der Weg. Schon zu Fuß war es schwierig, dachte Ash, aber mit einem Karren musste der Weg praktisch unpassierbar sein.
    Ash war nervös. Der Ort stand unter keinem guten Stern, und die Warnungen des Geistes beunruhigten ihn nach wie vor. Er ließ Martine hinter sich gehen und behielt die Hand an seinem Dolch, während sie sich ihren Weg durch das Labyrinth bahnten. Bei jeder Abbiegung rechnete er damit, der Tod selbst werde sich auf sie stürzen. Doch außer dass sie ein paar Raben aufscheuchten, die an einem toten

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