Die Prophezeiung der Steine
Rechtecken aus Holz, auf die er die sparsamen Umrisse von Schilf schnitzte.
Als die Tage spürbar länger wurden, verbrachte Gytha ganze Abende draußen in der Scheune, falls es zu vorzeitigem Lammen kam.
Dann kam das erste Anzeichen von Frühlingstauwetter - ein warmer Wind aus dem Süden. Alle sechs stellten sich nach draußen, der kleine Ash in Martines Armen, und schauten gen Süden das Tal hinab und sahen zu, wie dicke Eisschollen am Flussufer wegbrachen und fortgetragen wurden.
»Zeit zum Aufbruch«, sagte Martine.
Ash vermochte nicht zu sagen, ob in ihrer Stimme Traurigkeit oder Vorfreude lag. Vielleicht beides.
Also packten sie noch am gleichen Tag und redeten wenig, außer bei der Planung ihrer Strecke. »Der beste Weg für euch ist das Tal hinab«, sagte Mabry. »Bis ans Ende, dann kommt ihr die Cliff Domain hinauf und haltet euch Richtung Osten. Die Straßen sind zwar nicht gut, aber in ein paar Wochen müsstet ihr dort sein. Dann nach Norden durch das Golden Valley und über den Quiet Pass in die Last Domain. Es heißt, dass die Quelle der Geheimnisse jetzt dort ist, in Oakmere.« Er legte eine Pause ein. »Es ist eine weite Reise.«
Martine klopfte Mabry beruhigend auf die Schulter. »Wir sind Wanderer, als solche geboren und groß geworden.«
»Der Weg ist lang, und am Ende wartet der Tod«, sagte Ash fröhlich.
Mabry lächelte. »Wenn wir Glück haben.« Elva hatte ihn die Erwiderung der Wanderer gelehrt.
Während sie packten, kamen alle anderen zu ihnen und gaben Ash und Martine ein Abschiedsgeschenk, Dinge, an denen sie den ganzen Winter über gearbeitet hatten und von denen Ash nie vermutet hätte, dass sie für ihn bestimmt sein könnten. Gytha hatte eine Decke aus Ziegenfell gewebt, die groß genug war, um sie beide zu bedecken. Drema hatte ihnen Filzumhänge gemacht, wunderschön bestickt und viel wärmer als alles, was Ash besaß. Elva hatte offenbar den halben Obstgarten an Früchten über dem Feuer getrocknet, »für die mageren, kargen Zeiten«, sagte sie. Und Mabry schenkte ihnen die Teller.
»Ein bisschen schwer zu tragen, aber doch leichter als Töpferware«, sagte er schüchtern.
Martine gab ihm einen Kuss. Verlegen schlug ihm Ash auf die Schulter.
Früh am nächsten Morgen warteten Ash, Mabry, Drema und Gytha draußen, während Martine und Elva sich im Haus voneinander verabschiedeten.
»Pass auf dich auf«, sagte Mabry zu Ash. »Du auch. Ihr alle.«
Mabry versuchte zu lächeln. »Mach dir keine Sorgen. Wir werden gerüstet sein.«
Ash nickte. »Und haltet die Augen auf.«
Dann kam Martine heraus, und Elva folgte ihr, während ihr die Tränen über die Wangen liefen. Martines Gesicht war unbewegt, wie er es während des Überfalls in ihrem Haus beobachtet hatte, als sie dem jungen Mann ihr weißes Messer an die Kehle gehalten hatte. Mittlerweile wusste er, dass sie versuchte, Angst und Besorgnis zu verbergen.
Alle tauschten zum Abschied Küsse aus, und dann drehten sich die beiden einfach um und gingen davon.
Während sie den matschigen Pfad entlangzogen, fühlte sich Ash schlechter als in dem Moment, als er seine Eltern verlassen hatte, um zu Doronit zu gehen. Dieses Mal verließ er Menschen, die ihn schätzten, wo er einen Platz hatte. Aber nur während des Winters , führte er sich vor Augen. Es war immer bloß für den Winter . Es war nicht der Ort, an den er wirklich gehörte.
Doch die winterliche Zufriedenheit hatte ihm einen neuen Maßstab deutlich gemacht, an dem er das Leben messen konnte. Er würde sich erst dann zufriedengeben, wenn er ein ebenso warmes Zuhause geschaffen hatte und ein Leben, das genauso viel bedeutete.
»Ach, bei den Göttern«, sagte er laut bei der Vorstellung, was vor ihnen liegen mochte. »Warum wir?«
Martine warf ihm einen Blick von der Seite zu. »Verdammt soll ich sein, wenn ich das wüsste.« Seine Überraschung ließ sie grinsen. »Betrachte es doch von der angenehmen Seite, Junge. Unsere Taschen sind voll, der Weg ist lang, und wir haben einen Grund, ihn einzuschlagen. Was brauchen Wanderer mehr?«
Widerstrebend erwiderte er ihr Lächeln und richtete das Bündel auf seinem Rücken so aus, dass es bequemer für ihn war. Sie hatte recht, es lag noch ein weiter Weg vor ihnen.
Bramble
Brambles Pferde waren bereits auf Eels großes Boot gebracht worden und freuten sich nun, sie zu sehen. Als sie ihr mit dem Kopf in die Seite stießen, warfen sie sie fast um, wieherten laut und kamen näher an sie heran, sogar Trine. Eel wartete
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