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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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war klar, dass sie wie die meisten Sesshaften noch nie die ganze Geschichte von der Landnahme gehört hatten, die ganze Zahl der Toten, der Geschändeten, der Versklavten. Die Lieder berichteten von der endlosen Invasion nach Norden, welche die Ureinwohner in das karge, kaum einträgliche Land zurückdrängte und auf die Straßen verbannte, wo sie Wanderer wurden.
    Die Balladen stammten aus einer früheren, härteren Zeit, als eine Schlacht eine Quelle des Ruhms war und das Kerbholz mit den Strichen für jeden Getöteten zum Ansehen eines Kriegers beitrug. Actons Volk hatte sich am Blutvergießen
ergötzt. Mabrys Volk hingegen waren Bauern, und es fiel allen Anwesenden nur allzu leicht, sich den Schrecken und die Verzweiflung derer vorzustellen, die angegriffen wurden, während die Geister sich womöglich in diesem Moment versammelten.
    Holmstead fiel! Der Riese Aelred, das Eisenschild,
Mächtiger Schwertarm für seinen Anführer.
Aelred stieg herab mit wildem Schlachtruf,
Fegte alle hinweg mit seiner Klinge,
Fegte sie alle in den Tod.
Das dunkle Volk eilte zur Schlacht,
Einhundert stark eilte es zur Schlacht
Seine Waffen in schwachen Armen schwingend.
Der gewaltige Aelred führte seine Krieger,
Eine Stiege von Kriegern folgte ihm
Sich den Hundert entgegenstellend
Und tötete sie alle.
    »Müssen wir uns all das von Blut und Tod wirklich anhören?«, fragte Gytha.
    »Ich glaube schon«, sagte Drema, und Mabry nickte.
    »Ja. Es ist besser, die Wahrheit zu kennen. Zu begreifen, warum der Zauberer, von dem die Geister sprachen, auf Rache aus ist.«
    »Halte dich an die Geschichte, Ash«, sagte Drema. »Wir müssen mit dem frühesten Ereignis anfangen und uns von dort vorarbeiten.«
    Es gab auch heiterere Lieder, und diesen wandten sie sich erleichtert zu. Ash suchte in seiner Erinnerung nach Liedern, die nicht von Schlachten handelten. Einige Male fielen ihm Lieder oder Teile davon ein, die er seinen Vater nachts am Feuer hatte singen hören, nie jedoch seine Mutter.
»Nutzlose Lieder«, hatte sie gesagt. Während ihrer Aufführungen hatten sie diese nie gesungen, weil sie in der alten Wanderersprache verfasst waren und beim Publikum nicht gut angekommen wären. Aber sie waren schwermütig, alle in einer Molltonart komponiert. Allerdings war es schwierig, herauszufinden, was sie aussagten, selbst nachdem Ash sie übersetzt hatte.
    Der Götter eigenes Opfer galoppiert, reitet den Hügel
hinauf.
Ihre Hände sind nass vor Blut und Tränen und Angst,
Auf dem Gipfel bäumt sie sich auf, und ihr Banner
treibt hinaus.
Nun müssen die Hände des Mörders sich in den
Toten sammeln.
    »Es ist keine besonders gute Übersetzung«, sagte Ash entschuldigend. »Das Original ist besser. Es ist ein kniffliger Rhythmus.«
    »›Die Hände des Mörders müssen sich in den Toten sammeln‹«, sinnierte Martine. »Das hört sich an wie eine Prophezeiung.«
    »Oh, bei den Göttern, bitte keine Prophezeiung!«, rief Elva aus. »Ich hasse so etwas. Prophezeiungen sagen nie, was sie wirklich bedeuten, und dann erwischt es einen, wenn man am wenigsten damit rechnet, und man wird mit etwas Schrecklichem konfrontiert.«
    Sie machte ein düsteres Gesicht. Außer Martine wirkten alle überrascht.
    »Ach, Liebes, so schlimm war es doch gar nicht«, sagte Martine und lächelte. »Es war doch bloß eine kleine Prophezeiung.«
    »Verrate uns die Bedeutung«, sagte Mabry.

    Elva schüttelte störrisch den Kopf, aber Martine lachte. »Eine der alten Frauen aus unserem Dorf sagte voraus, dass Elva von Geburt an mit den Göttern leben würde. Sie hat nie wirklich erfahren, was das bedeutete.«
    »Aber das hast du doch schon getan, Liebling«, sagte Mabry. »Als du zum ersten Mal herkamst, hast du dir neben dem Fels der Götter eine Hütte gebaut und mit ihnen gelebt.«
    Elvas blasses Gesicht blieb einen Augenblick reglos. Dann setzte sie ein breites Grinsen auf. »Das habe ich wirklich, nicht wahr?« Sie lachte erleichtert. »Mein ganzes Leben lang hat mich diese verdammte Prophezeiung verfolgt, und dann hat sie sich bewahrheitet, ohne dass ich es überhaupt bemerkt habe! Seht ihr, das habe ich gemeint, das ist einfach typisch für Prophezeiungen. Man kann ihnen nicht trauen.«
    »Also gut«, sagte Martine besänftigend, »dann machen wir uns keine Sorgen über das Opfer der Götter.«
    »Schließlich wurde das Lied vor tausend Jahren geschrieben«, meinte Ash. »Wenn es sich um eine Prophezeiung handelt, dann muss sie sich ja nicht gerade

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