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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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kannte sie zwar nicht ganz so gut, trotzdem ritt sie so schnell es ihnen möglich war. Sie schlug einen leichten Galopp an, wo die Bäume ausdünnten, und fiel in einen zügigen Schritt zurück, wo sie dichter wurden. Der Rotschimmel war mit sich zufrieden, das merkte sie; mit aufgestellten Ohren schlug er einen langsamen Galopp ein und tänzelte geradezu über die Lichtungen. Sie überschüttete ihn mit überschwänglichem Lob, und er nahm diesen liebevollen Zuspruch ganz in sich auf und tänzelte noch mehr, bis Bramble fast laut losgelacht hätte.
    Sie dachte wieder an den Sprung. Dieser Moment in der Luft war … berauschend gewesen. Aber einmal war genug. Mittlerweile war sie sich nicht sicher, ob die Götter sie einfach nur umgeben hatten, um den Moment auszukosten, wie sie es zuweilen taten, oder ob sie sie und den Rotschimmel wirklich einen entscheidenden Herzschlag lang in der Luft gehalten hatten.
    Wie dem auch sein mochte, sie verspürte eine vage Gewissheit, dass es ihr bestimmt gewesen war, in diesem Abgrund zu sterben - dass ihre Zeit vorbei gewesen war. In diesem Augenblick sollte sie in dem weißen Wasser des Flusses herumwirbeln, ins Meer geschwemmt werden, der Rotschimmel an ihrer Seite. Nur weil er mitten in der Luft diese außergewöhnliche Bewegung gemacht hatte, waren sie nicht abgestürzt.
    Dass sie noch lebte, fühlte sich nicht richtig an. Etwas war aus dem Gleichgewicht geraten. Sie fühlte sich weder besonders noch beschützt oder an die Götter gebunden. Bestimmt hatten die Götter gehandelt, um den Rotschimmel zu beschützen, und sie selbst hatte ihn lediglich geritten. Der Rotschimmel war etwas Besonderes, nicht sie.
    Ich sollte tot sein , dachte sie. Wenn sie tot wäre, würde sich alles regeln. Die Männer des Kriegsherrn würden befriedigt
zuschauen, wie ihr Körper davongeschwemmt wurde, der Rotschimmel wäre vor Becks Peitsche sicher, der Geist des Mannes, den sie getötet hatte, könnte seine Ruhe finden. Ihr Tod hätte das Gleichgewicht wiederhergestellt - ihm wohnte eine Gerechtigkeit inne. Wenn sie hingegen lebte, war niemand zufrieden und niemand in Sicherheit.
    Sie schaute nach vorn, auf ihr Leben, und sah Leere. Wenn es ihr bestimmt war, tot zu sein, dann gab es nirgendwo eine Stelle, an die sie gehörte, kein Zuhause, keinen Ort, den sie entdecken und für sich beanspruchen konnte. Erst jetzt ging ihr auf, dass sie, als sie an Wanderschaft gedacht hatte, davon ausgegangen war, so lange zu wandern, bis sie den Platz fand, an den sie gehörte. Doch falls sie ins Grab gehörte, dann …
    Es war, als schaute sie durch beschlagenes Glas auf die Welt. Noch immer drangen die Geräusche nur gedämpft zu ihr durch. Lag das am Schock? Vielleicht hatte es auch etwas anderes zu bedeuten. Bramble wusste es nicht. Sicher war einzig und allein, dass der Rotschimmel ihr das Leben gerettet hatte und sie in seiner Schuld stand. Sie bedankte sich beim Reiten flüsternd bei ihm, bedachte ihn mit Dankesworten, Kosenamen, mit leichten, ermutigenden Klapsen, und er nahm das alles als ihm rechtmäßig zustehend entgegen.
    Sie würde weiter darüber nachdenken, wenn sie erst einmal am Second River vorbei und weit genug entfernt von der Südlichen Domäne waren. Beck und seine Leute konnten es vielleicht bis zur Brücke schaffen und ihr den Weg abschneiden, aber im Moment lagen sie weit zurück.
    Bei Sonnenuntergang erreichte sie den Second River. Weit hinter sich hörte sie die Hunde. Sie benötigte eine Weile, bis sie eine Stelle zum Durchwaten gefunden hatte, doch das Geräusch der Hunde wurde nicht lauter. Sie waren
auf einer falschen Fährte. Bramble stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als sie mit dem Rotschimmel den Fluss durchquerte, denn nun befanden sie sich in der Three Rivers Domäne, und ohne formelle Anfrage beim Kriegsherrn von Three Rivers durften sie ihr und dem Rotschimmel kein Haar krümmen.
    Wenn sie Carlion erst einmal erreicht hatte, war sie absolut sicher. Es gab zwar Abkommen, nach denen Gesetzesbrecher in die Domäne zurückgeschickt werden mussten, aus der sie gekommen waren. Doch die freien Städte verlangten äußerst stichhaltige Beweise, bevor sie jemanden einem Kriegsherrn auslieferten, und Beck hatte überhaupt keinen Beweis gegen sie in der Hand. In ihrer eigenen Domäne spielte dies keine Rolle, denn dort konnte er mit der Vollmacht des Kriegsherrn handeln, ohne dass dagegen jemand Einspruch erheben konnte. Nur die freien Städte waren wirklich frei, und weil

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