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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Worte mit einem hübschen Mädchen wechseln. Ber fand auch eine, die wirklich hübsch war, wenn sie auch ein wenig wild aussah mit ihrem Wolfsfell auf den Schultern. Er nahm ihre Hand. Dann bekam er Schaum vor dem Mund, stieß Dämonenworte hervor und wurde ohnmächtig. Ich dachte schon, er sei tot. Mein Herz schien stillzustehen, und dann sah ich, wie sein Atem Blasen in dem Schaum auf seinen Lippen warf, und mein Herz schlug schwer in meiner Brust.
    Als Ber die Augen wieder aufschlug, waren sie getrübt, und er konnte sich an nichts mehr erinnern. »Ich habe deine
Hand gehalten«, sagte er zu dem Mädchen, »und dann lag ich auf der Bank. Was ist passiert?«
    Ich musste ihn aus dem Gasthof hinaus und zurück zu unserem Wohnwagen bringen, bevor ich es ihm sagen konnte, denn die Gastwirtin wollte, dass wir und das Mädchen den Gasthof verließen, und sie war keine Frau, mit der man sich anlegte.
    Das Mädchen haben wir nie wieder gesehen. Manchmal, wenn Ber davon spricht, glaube ich, dass er dabei denkt, sie sei es gewesen, die den Dämon in ihm heraufbeschworen hat.
    Aber das glaube ich nicht.
    Das Schlimmste daran war, wie sehr es Mama verändert hat.
    Vorher war sie zwanglos und sorgte sich nie, wo wir waren oder was wir ausheckten. Wir kamen einfach nach Hause und erzählten ihr alles, ganz gleich, was es war, und dann schimpfte sie mit uns und lachte über uns, und es war alles kein Problem. Papa war es, der sich Sorgen machte. Wie der Mann sich sorgen konnte! Als wir gerade mal laufen konnten, nahm er uns mit auf seine Kesselflickerrunden und ließ uns dabei immer vorgehen, »damit ich euch im Auge behalten kann«. Stets hielt er Ausschau nach fremden Hunden und fremden Männern, nach scharfkantigen Felsen zu unseren Füßen und nach Schlangen im Gras.
    Er brachte uns sogar erst das Kesselflicken bei, als wir schon fast dreizehn waren. Er ließ uns alles doppelt und dreifach tun und dann noch einmal vor seinen Augen, bevor er es uns alleine machen ließ. Mama schüttelte dann immer den Kopf und lachte ihn aus. Von uns wollte er nicht hören, dass wir auf die Wanderschaft gehen wollten, obwohl er selbst schon mit fünfzehn von seiner Familie getrennt worden war und bereits zwei Jahre später geheiratet hatte.

    An unserem siebzehnten Geburtstag saßen wir nach dem Abendessen am Feuer und drängten ihn dazu, uns unseren Anteil an dem Gewinn des Sommers auszuhändigen, denn wir hatten so viel gearbeitet wie er auch.
    »Gib es uns einfach, Papa«, sagte ich. »Gib uns unser Silber für den Sommer, und wir machen uns beide davon.«
    »Das werde ich nicht!«, sagte Papa. »Selbst wenn ich es könnte, würde ich es nicht tun, und ich kann es auch gar nicht, weil ich es nämlich schon für einen schönen Wohnwagen ausgegeben habe. Der wird uns allesamt tief und fest schlafen lassen. Ich hole ihn morgen von Oswald dem Flickschuster ab.«
    Ber und ich schauten einander an.
    »Dazu hattest du kein Recht«, sagte Ber.
    »Überhaupt kein Recht«, pflichtete ich ihm bei.
    »Das war genauso unser Silbergeld wie deins.«
    »Du hättest uns beide fragen sollen und Mama auch, bevor du so etwas tust.«
    »Das wird uns nicht aufhalten«, sagte Ber. »Wir gehen trotzdem weg, auch ohne Silber in der Tasche, und wir werden auf unser Glück bauen, noch vor dem Winter Arbeit zu bekommen.«
    »Genau«, sagte ich. »Morgen gehen wir weg.« »Nein!«, schrie Papa und sprang auf. »Ihr seid noch zu jung, ihr seid noch zu flatterhaft - ihr werdet vom erstbesten Fremden, dem ihr begegnet, übervorteilt, ich sehe es vor mir. Ihr seid noch genauso untauglich, auf die Wanderschaft zu gehen, wie ihr es als Babys wart. Ich habe mich euer ganzes Leben lang um euch gekümmert, und ich sage euch, ich werde jetzt nicht damit aufhören.«
    Aber er hörte doch auf. Mit einem Ausdruck wilder Überraschung im Gesicht sank er vor uns zu Boden, seines Atems beraubt, Tränen in den Augen, einfach so, tot.

    Zuerst war es gar nicht so schlimm. Den ersten Schock der Trauer und der Schuld konnte Mama verkraften. Denn wir fühlten uns alle sehr schuldig, daran ist kein Zweifel. Doch als der Dämon das erste Mal durch Ber sprach, veränderte sich Mama. Und ich mich vielleicht auch.
    Es war das Nichtwissen, wann es geschehen würde. Irgendwann am Tag oder in der Nacht - man wusste es nicht. Aber es geschah immer in Gesellschaft, also gewöhnten wir uns den Besuch von Gasthäusern ab, Ber und ich, und wir verweilten auch nicht mehr bei unseren Kunden auf einen

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