Die Prophezeiung des Adlers
Dammweg voranmarschierte. Dann hörte man ein unverkennbares Krachen, und beide Centurionen blickten nach vorn. Von einem der Katapulte der Piraten, die rasch auf eine Plattform hinter der Mauer gehievt worden waren, sobald die Römer ihren Beschuss eingestellt hatten, kam ein dunkler Bolzen auf die Soldaten zugeschossen. Er verschwand zwischen den Reihen der Marineinfanteristen und riss einen Wirbel von Körpern hinter sich her. Aber die Kolonne stockte nicht und setzte den Vormarsch zu den Ruinen des Torhauses fort.
Vespasian kam herüber und trat zu Macro und den anderen. Er hatte seinen Umhang abgelegt, trug einen Schild und wog ihn prüfend in der Hand.
»Nicht ganz so unhandlich wie ein Legionärsschild, scheint mir.« Er grinste. »Fertig, Centurio Cato?«
»Ja, Herr. So gut wie.« Cato schnallte seinen Schwertgurt um und stellte sicher, dass er bequem auf den Hüften saß und dass der Schwertgriff so ausgerichtet war, dass er die Waffe leicht ziehen konnte. Dann setzte er sein Schädelpolster aus Filz auf, drückte den Helm auf den Kopf und schnürte die Riemen zu. Er hob seinen Schild auf und holte tief Luft. »Fertig.«
Vespasian wandte sich zur Festung um. »Dann lasst uns gehen.«
KAPITEL 43
L angsam trabten sie los. Die Ausrüstung klirrte, und der Boden knirschte unter ihren genagelten Stiefeln. Vespasian führte von vorn und achtete auf einen steten Schritt, damit die Soldaten nicht schon erschöpft waren, wenn sie die Festung erreichten. So oder so musste die Hauptkolonne der Marineinfanteristen sich noch durch die Bresche kämpfen, und Vespasians Trupp würde abwarten müssen, bis die Mauer von Feinden befreit war, bevor er in Telemachos’ Räumlichkeiten vordringen konnte, um die Schriftrollen zu holen.
Während sie über den Dammweg vorrückten, blickte Cato nach vorn und sah, dass die Marineinfanteristen den Graben vor der Mauer erreicht hatten. Die Kolonne blieb stehen, und die erste Centurie nahm den Weg über die Trümmer des Torhauses in Angriff. Vor ihnen und zu beiden Seiten verschossen die Piraten Pfeile auf die dicht gedrängten Reihen der Marineinfanteristen, schleuderten Geschosse, warfen Speere und schmissen mit Steinen. Cato musste mit ansehen, wie der Centurio, der den Angriff anführte, niedergestreckt wurde. Sein Helm mit dem roten Helmkamm verschwand im Gewimmel der gepanzerten Leiber, die versuchten, über die Stein- und Holztrümmer zu klettern, mit denen der Graben gefüllt war. Weitere Männer fielen, aber die Überlebenden kämpften sich weiter voran, verzweifelt bemüht, den Geschosshagel zu durchbrechen und gegen die Front der Piraten anzustürmen, die dahinter warteten.
Als Vespasians Trupp das hintere Ende der Kolonne erreichte, rückte gerade die zweite Centurie auf den Trümmerhang vor. Vespasian brüllte den Marineinfanteristen den Befehl zu, Platz zu machen, und führte seine Männer näher an die Mauer heran. Er verharrte in der kleinen Lücke hinter der nächsten Centurie, die darauf wartete, beim Sturm auf die Bresche an die Reihe zu kommen. Vor ihnen wurde die zweite Welle der Marineinfanteristen ebenso übel zugerichtet wie die erste, und die Leichen, die auf den Trümmern lagen, machten das Vorrücken sogar noch schwieriger.
»Achtung!«, schrie jemand links von Cato, und er drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um einen weiteren schweren Bolzen zu erkennen, der von der Seite in die Kolonne einschlug und mehrere Marineinfanteristen umriss, bevor er seine Wucht verlor. Cato bemerkte, dass die Marineinfanteristen um ihn herum grimmige Mienen machten, und einigen war die Furcht deutlich anzusehen, die ihnen den Magen zusammenkrampfte. So warteten sie darauf, dass sie selbst vorrücken mussten. Vor ihnen gerieten die Männer der zweiten Centurie ins Wanken. Mehrere hatten sich bereits hinter ihren Schilden zu Boden gekauert und weigerten sich weiterzugehen. Der Rest war instinktiv langsamer geworden, obwohl das die Überlebenschancen senkte, und begann nun hinter erhobenen Schilden den Rückzug von der Bresche.
Vespasian begriff die Situation sofort, drehte den Kopf und brüllte den Reihen der Marineinfanteristen zu: »Auf meinen Befehl … alle voran!«
Cato, Macro und jeder Marineinfanterist in der Kolonne packten Schwertknauf und Schildgriff fester. Cato bemerkte, dass Secundus neben ihm leicht zitterte, aber der kaiserliche Bevollmächtigte hatte sein Schwert griffbereit und hielt mit dem Sturmtrupp des Präfekten Schritt. Dies war unübersehbar
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