Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
Jason die Konstruktion der Wagen. Irgendwas passte da nicht zusammen.
Callum deutete auf seitlich angebrachte Vorsprünge, die einen rötlichen Stoff zwischen sich eingespannt hielten. „Das ist Volomer, ein Material, welches wir auf den fliegenden Felsen abbauen. Es stößt sich ganz von selbst vom Boden ab, damit wird alles viel leichter. Darum brauchen wir keine großen Räder. Du kannst solch einen Karren mit einer Hand schieben.“
Vorne befanden sich bei den meisten Fuhrwerken zwei Bänke, die gegeneinander ausgerichtet waren. Vier bis sechs Leute saßen dort und unterhielten sich, manchmal ernst, oft lachend, während sie durch die milde Frühsommerluft ihrem Ziel entgegenreisten.
Jason faszinierte die hellbraune, völlig glatte Haut der Tandorianer. Selten sah Jason gebrechliche oder missgestaltete Bewohner. Im Gegenteil, die Menschen wirkten auf ihn auffallend gesund und vital, selbst die wohlbeleibten.
„Ich habe nie zuvor so viele schöne Frauen auf einmal gesehen“, rief er in Richtung Callum. „Treiben hier alle den ganzen Tag Wellness oder sind wir auf dem Weg zu einem Schönheitswettbewerb?“
Callum lachte laut los. „Also, ich schaue mich auf der Erde auch manchmal um, wenn ich einer Schönheit mit makellos weißem Teint begegne. Aber es ist wahr. Das überall auf Tandoran wirkende Limar belebt und stärkt unsere Körper. Knochenbrüche kommen so gut wie nie vor, da muss schon einer vom Dach eines hohen Hauses fallen und auch das geht meist gut.“
„Außerdem leben wir hier gesünder auf Tandoran. Glückslehre gehört zur Schulausbildung und beinhaltet auch den sorgsamen Umgang mit dem Körper. Und kaum einer arbeitet bei uns mehr als sechs Stunden pro Tag“, ergänzte Allando.
„Eins verstehe ich nicht. Wenn ihr doch alle von der Erde abstammt - wie kommt es, dass es nur eine Augenfarbe gibt? Und ihr ...“
„... überhaupt auf Tandoran überleben könnt?“ Callum ließ seinen Blick über den Horizont schweifen und zeigte nach Süden. „Das haben wir auch den Ingadi zu verdanken. Voller Sorge sahen sie, dass von den 2.000 Menschen, die sie herübergeholt hatten, nach einem Jahr nur 300 überlebt hatten. Trotz des Goldwassers. Da haben sie ihren wertvollsten Besitz geopfert: einen ihrer beiden Anahiden. Mit diesen stellen sie eigentlich den Kontakt zu ihren Ahnen her, die Zaubersteine scheinen aber auch in der Lage zu sein, Menschen an das Leben auf Tandoran anzupassen. Seitdem haben sie bloß noch einen Anahiden übrig, den hüten sie mit ihrem Leben. Nur ihre Hohepriesterin darf seit dieser Zeit mit den Verstorbenen kommunizieren. Und auch das nur alle drei Monate.“
„Haben die 300 Menschen diesen Anahiden gegessen, oder was?“, scherzte Jason.
„Genaueres ist nicht überliefert. Die 300 Menschen konnten nicht mehr zurück auf die Erde, da sich die Tore geschlossen hatten. Die Ingadi riefen sie alle in eine große Felshöhle. Völlig entkräftet ist der spärliche Rest dort angekommen. Dann hat die oberste Ingadipriesterin ein Ritual in dieser Halle vollzogen. Es soll ein sehr helles Licht von dem geopferten Anahid ausgegangen sein. Eine volle Nacht haben die Menschen in dieser Höhle verbracht. Als sie am Morgen rauskamen, tja, da waren ihre Augen schwarz wie Kohlen. Dafür fühlten sie sich, als könnten sie stundenlang rennen und dabei noch einen Sack Kartoffeln auf dem Rücken transportieren. Jahrtausendelang verehrten die Tandorianer dafür die Ingadi“, erläuterte Callum.
„Und dann?“
„Dann kam der Streit mit der lebensverlängernden Zitanwurzel. Den Rest weißt du.“
„Schade, dass es keinen Kontakt mehr zwischen Ingadi und Menschen gibt, nicht wahr?“
„Ja. Aber ich kenne es nicht anders“, antwortete Callum. „Möglicherweise ändern sich die Zustände ja eines Tages. Deine schwarzen Augen stammen von deinem Vater und damit von dem Anahiden. Vielleicht kannst du ja besser auf Tandoran leben als ein normaler Mensch.“
Jason wurde flau im Magen. Es war keine wirkliche Trauer, eher eine Sehnsucht, die er hier auf Tandoran nach seinem Vater empfand. Deine Welt, Papa. Wie gerne würde ich hier jetzt neben dir reiten.
Sie trabten wieder hintereinander und überholten eine Kolonne an Fuhrwagen. Callum ahnte wohl, worüber Jason nachdachte. Er sagte: „Weißt du, Jason, wir sind beide ohne Vater aufgewachsen. Meiner starb kurz nach meiner Geburt. Da haben wir etwas gemeinsam.“
„Und was ist mit deiner Mutter?“
Callum ließ sich Zeit für die
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