Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
auch noch von Menschenansammlungen fernhalten. Zu groß sei die Gefahr einer Ansteckung, hatte Nickala ihm eingeschärft. Das Sternentor zur Erde öffnete sich erst wieder in zehn Wochen. Solange war er auf Tandoran gefangen, jede Infektion bedeutete vielleicht sein Todesurteil, da das Goldwasser so knapp sei. Und es gab keinerlei Hinweis darauf, wie er die erste Aufgabe angehen sollte.
Dabei hatte er sich so in diese Welt verliebt. Alles war strahlender, lebendiger. Tandoran war ein Meer von Anreizen für seine Augen, seine Ohren und seine Nase. Und jetzt lag über allem der Schatten von Gefahr für sein Leben.
Es klopfte an der Tür. Callum trat ins Zimmer. „Ich wäre nun soweit, bist du bereit für die erste Lektion?“ Der rot gelockte Limart sprach in lehrerhaftem Tonfall. Er schien seinen Ausbildungsauftrag sehr ernst zu nehmen.
Jason schwang die Beine herum und setzte sich auf. „Wenn du meinst. An mir soll es nicht scheitern.“ Gemeinsam verließen sie sein Zimmer und begaben sich zwei Stockwerke höher in einen lichtdurchfluteten Raum. Glatt geschliffene Holzdielen verliefen parallel zu den einfallenden Sonnenstrahlen. An den Wänden hingen zarte Seidenmatten in gelblichen Tönen. Mit einem satten Klang fiel die schwere Tür ins Schloss. Völlige Stille umgab sie. Jasons Blick verfing sich in den Staubteilchen, die sanft im Sonnenlicht tanzten.
Callum schritt in die Mitte des Raumes und positionierte eine weiße Tafel vor einem grünen Sitzkissen, das mit tandorianischen Schriftzeichen verziert war. „Komm, setz dich hier aufs Kissen. Als Erstes muss ein Limart die Konzentration erlernen. Wir beginnen mit einer leichten Atemübung.“ Er ließ sich auf dem Kissen gegenüber von Jason nieder, kreuzte die Beine und atmete tief ein. „Halte deine Aufmerksamkeit ganz bei der Ein- und Ausatmung. Beeinflusse den Atem nicht, lasse ihn einfach fließen. Aber nimm ihn vollständig wahr. Vielleicht an der Öffnung der Nase, vielleicht im Hals oder im Bauchraum. So wie es dir am angenehmsten erscheint.“
Beide schlossen die Augen, völlige Ruhe senkte sich über den Raum. Nach fünf Minuten flüsterte Callum: „Wenn irgendein Gedanke in deinem Geist auftaucht, beobachte ihn kurz und kehre dann zum Atem zurück.“
So übten sie zwanzig Minuten. Jason empfand diese Übung als leicht: „Das war nicht schwer. Ich hab das immer so vor meinen Auftritten im Zirkus gemacht. Meine Mutter hat es mir beigebracht.“ Beide streckten ihre Beine aus. Eine tiefe Stille erfüllte Jason.
„Dann kommen wir gleich zur zweiten Konzentrationsübung.“ Callum pinnte einen schwarzen Kreis mit dem Durchmesser eines Glases in Augenhöhe auf die weiße Tafel. „Schaue ununterbrochen auf diesen Kreis. Lasse den Blick weich werden, aber halte ihn konstant darauf gerichtet. Du kannst blinzeln, aber deine Augen dürfen sich nicht abwenden.“ Er zog sich hinter Jason zurück.
Nach zehn Minuten tauschte Callum den Kreis mit einem nur noch halb so großen aus. Dankbar rieb Jason seine angestrengten Augen. Dann fixierte er wieder für eine Weile den neuen Punkt. Erst sah er das Schwarze noch scharf umrandet. Doch nach und nach zerfloss der Rand, der Kreis wurde verschwommen. Rund um die äußere Begrenzung bildeten sich Farben, flossen ineinander über und umgaben den schwarzen Fleck mit einer bunten Aura.
Diese Übung wiederholten sie noch zwei Mal, stets wurde der schwarze Kreis in seinem Durchmesser halbiert. Callum forderte Jason nach jedem Übungsdurchgang auf, seine Erlebnisse zu schildern. Er machte einen zufriedenen Eindruck.
Dann war Pause angesagt. Sie tranken gemeinsam Dareliensaft, den Callum aus einem Schrank geholt hatte. Der Saft schmeckte würzig, nach indischem Curry, umrahmt von einer fruchtigen Süße. Der Tandorianer bot ihm auch wieder von seinen Glückspastillen an.
Jason kamen Zweifel: „Das ist ja alles schön und gut. Kreise, Farben, Entspannung ... aber was soll das alles bringen?“
„Deine ersten Erfahrungen sind vielversprechend. Übe dich in Geduld. Die nächste Stufe dieser Kreisübung liegt darin, dass du dir vorher eine Problemstellung bildlich in deinen Gedanken vorstellst. Manchmal tauchen dann während der Übung Antworten auf. Versuch das doch morgen einmal mit einer Frage zu den Symbolen der ersten Rätseltafel.“
Jason glaubte nicht, dass die Lösung so einfach zu finden sei. Aber Tandoran überraschte immer wieder von Neuem. Er hatte die Energie seines Atems intensiv fließen spüren
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