Die Prophezeiung von Umbria
dass ihr so plötzlich aufbrechen wollt, will mir auch nicht einleuchten. Könnt ihr nicht wenigstens bis zum Morgen bleiben? Es ist gefährlich, mitten in der Nacht zu reisen.”
Obwohl er angeblich nicht hungrig war, griff Rath nach dem Brot. “Es wäre noch gefährlicher, hierzubleiben. Für Euch wie für uns, Mistress Swinley. Glaubt mir, morgen wird es in und um Langbards Cottage von Han nur so wimmeln.”
Er blickte zu Newlyn. “Euer Mann sollte besser nicht da sein, wenn sie hierher kommen und Fragen stellen.”
“Himmel!” Das erste Mal in all den Jahren, in denen Maura sie kannte, schien Sorsha wirklich Angst zu haben.
Rath nahm eine zweite Scheibe Brot, schmierte Butter drauf und schob sie Maura hin. “Euch ist vielleicht nicht danach, aber Ihr müsst essen, um bei Kräften zu bleiben.”
Hinter seinen mürrischen Worten und ungehobelten Manieren spürte Maura, dass er sich anscheinend für sie verantwortlich fühlte, obwohl er das nur ungern zeigte.
Er hatte sich der Gefahr ausgesetzt, um ihr die Zeit für das Ritual des Hinübergehens zu verschaffen. Er schien bereit, sein Versprechen zu halten und sie in den Süden zu begleiten, wo er doch Langbards Tod als Ausrede hätte nutzen können, um es sich anders zu überlegen. Sollte Langbard mit seiner Meinung über Rath Talward doch Recht behalten?
Sie zwang sich zu essen und versuchte, an nichts anderes als an den nächsten Löffel Suppe zu denken.
Während Rath und Maura in bedrücktem Schweigen aßen, zogen sich Sorsha und Newlyn in die hinterste Ecke der großen Küche zurück und flüsterten aufgeregt miteinander. Maura wünschte von Herzen, dass ihr Kommen für die beiden keinen künftigen Ärger bedeuten würde.
“Schaut nur”, meinte Sorsha, als Rath und Maura fertig gegessen hatten. “Ihr wart doch hungriger, als ihr geglaubt habt. Ich hasse es, euch ziehen zu lassen, aber ich bin etwas ruhiger, wenn ich weiß, dass ihr nicht mit leerem Magen geht.”
Das schien sie auf einen anderen Gedanken zu bringen. “Was ist mit Kleidern? Du wirst wohl nur das haben, was du am Leib trägst. Komm mit.” Sie nahm Maura bei der Hand. “Ich kann dir ein paar Sachen von mir geben. Seit ich die Kleinen habe, sind sie mir zu eng geworden. Dir werden sie gut passen. Vielleicht sind sie ein bisschen kurz, aber das ist gar nicht so schlecht, wenn man auf Reisen ist. Lange Röcke verfangen sich sowieso immer nur in den Dornen oder schleifen im Dreck.”
Maura erhob sich und folgte ihrer Freundin.
Sorsha nahm eine Kerze aus dem Wandleuchter neben der Tür und führte Maura in ihr Schlafzimmer.
Als sie außer Hörweite waren, flüsterte sie: “Willst du wirklich mit diesem Mann gehen? Wenn er Langbards Neffe aus Tarsh ist, bin ich das Orakel von Margyle!”
Trotz ihrer Sorgen musste Maura lächeln. “Nein, er ist nicht Ralf aus Tarsh. Aber er ist auch nicht so gefährlich, wie er aussieht. Wenigstens … glaube ich es nicht.”
“Das alles gefällt mir nicht.” Während sie vor einer niedrigen Truhe am Fuß ihres Ehebetts kniete, öffnete Sorsha den Deckel und zog Kleidungsstücke heraus. “Seitdem dieser Bursche hier aufgetaucht ist, ist unser ruhiges Fleckchen Erde in heller Aufregung. Auch wenn er gut aussieht, mir gefällt er nicht … wenn du weißt, was ich meine. Ich denke mal, wenn er von hier verschwinden und eine schöne, auffällige Spur von ein paar Meilen legen würde, dann könntest du dich hier bei uns verstecken, bis wieder Ruhe eingekehrt ist.”
Wenn Sorsha gewusst hätte, wie sehr ihr dieser Plan gefiel!
Maura zwang sich, den Kopf zu schütteln. “Es gibt etwas Wichtiges, das ich tun muss. Langbard vertraute Rath und glaubte, dass er mir dabei helfen kann. Also muss ich es auch glauben.”
“Rath der Wolf?”, schrie Sorsha auf und vergaß ganz, dass in der Wiege neben dem Bett der Säugling schlief. “Ich hätte es wissen müssen! Der ganze Tumult im Betchwood-Wald an deinem Geburtstag. Wie ich hörte, hat die Garnison seine Bande von Gesetzlosen umzingelt und sie alle fertig gemacht.”
“Das taten sie. Ich habe es mit angesehen.” Die Bilder hatten sie seither bis in ihre Träume verfolgt.
Sorsha legte sich die Hand auf die Brust, als wolle sie ihr wild pochendes Herz beruhigen. “Die meisten sagen, sie hätten auch den Wolf gefangen und getötet. Aber ich hatte so meine Zweifel. Kezia Wintergreen erzählte, sie hätte von einem Soldaten gehört, er wäre einfach vor seinen Augen verschwunden.”
“Ich ließ
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