Die Prophezeiung von Umbria
gewölbter Mitte aussah.
“Ihr müsst ihn so halten.” Er zeigte es ihr an einem anderen Stein.
Als sie es ihm nicht gleich nachmachen konnte, schob er ihr Daumen und Zeigefinger in die richtige Position. “Jetzt schaut zu, wie ich es mache.”
Die nächste Stunde unterrichtete er sie in dieser unterhaltsamen, aber völlig nutzlosen Kunst, als hinge ihr Leben davon ab. Als es Maura endlich gelang, ihren Stein drei kleine Sprünge machen zu lassen, schlug er ihr anerkennend auf die Schulter.
Kein einziges Mal erwähnte er, was zwischen ihnen vorgefallen war.
Wenn es ihr doch nur gelänge, auf dieses prickelnde Gefühl im ganzen Körper und auf diese Sehnsucht nach Berührung genauso gleichgültig zu reagieren wie er.
“Seht Ihr?” Rath deutete auf einen kaum sichtbaren Pfad im Gras, der von einer Baumgruppe zum See hinunterführte.
Maura kam näher. “Was habt Ihr gesagt?”
Das Frühlingslicht spielte auf ihrem Haar und umhüllte ihre Locken mit einem warmen Glanz.
Rath versuchte, es nicht zu sehen. Doch das Erwachen der Natur regte seine Sinne an, ließ sie viel zu empfänglich werden für alles, was Maura betraf, jeden Blick, jedes gemurmelte Wort.
Es war gut, dass sie ihn daran gehindert hatte, sie zu küssen. Er hätte es sicher bereut. Er wusste, dass sie nicht die Art von Frau war, die sich auf ein kurzes verrücktes Abenteuer mit einem Burschen wie ihm einließ.
Wenn er nicht aufpasste, würden die Einsamkeit und die Ruhe dieses kleinen Sees noch seinen tief verwurzelten Argwohn einlullen. Während der Wanderungen der letzten Tage hatte das Pony zwischen ihnen für einen sicheren Abstand gesorgt.
Bei dem, was sie jetzt taten, kam sie ihm näher, als es für seine Selbstbeherrschung gut war.
“Hier, wo das Gras zusammengedrückt ist. Das ist ein Pfad, auf dem kleine Tiere in der Nacht zum Wasser gehen. Hier müssen wir unsere Schlinge legen.”
Er riss einen Grasbüschel aus, nahm etwas von der braunen Erde und rieb sich die Hände damit ein.
“Was tut Ihr da?”
“Ich überdecke den Geruch meiner Haut, damit er unsere Beute nicht verjagt.” Er hielt ihr etwas von der Erde hin. “Reibt das auf die Schlinge.”
Ihr Blick sagte ihm, dass sie verstanden hatte. Aber in dem Blick lag noch etwas anderes, etwas, das Rath bisher so selten bemerkt hatte und deshalb nicht glauben wollte.
Bewunderung? Das konnte nicht sein.
Als er die Falle stellte, kam Maura näher, beobachtete jede seiner Bewegungen und stellte flüsternd Fragen. Rath tat sein Bestes, ihre Fragen zu beantworten, auch wenn er Mühe hatte, sein sehnsüchtiges Verlangen zu ignorieren.
Sie schaute ihm zu, als hinge ihr Überleben von solchen Fertigkeiten ab. Dabei würde diese junge Dame es kaum jemals mehr nötig haben, Schlingen zu legen, wenn er sie erst einmal in Prum abgeliefert hatte.
Als die Schlinge zu seiner Zufriedenheit gelegt war, zog Rath ein Stück gewachste Schnur aus seinem Bündel und einen Haken. Er war aus einem Knochen geschnitzt. Dann schnitt er sich einen langen, biegsamen Stecken, um daraus eine Angel zu machen.
In einiger Entfernung ragte eine schmale Landzunge in den See hinein. Dort setzte er sich ins Gras, zog die Stiefel aus und krempelte die Hosenbeine bis zu den Knien hoch. Maura folgte seinem Beispiel, zog auch die schweren Wanderschuhe aus und raffte die Röcke.
Als sein Blick ihre schlanken Füße und die wohlgeformten nackten Waden streifte, hatte Rath das Gefühl, als würde die Aprilsonne noch heißer auf seinem Gesicht brennen. Er zwang sich, nur daran zu denken, seine Angel zusammenzubauen und Maura zu zeigen, wie man die Schnur auswarf.
“Haltet die Rute gut fest”, ermahnte er sie. “Wenn ein dicker Fisch am Köder ist, wollt Ihr ja nicht, dass er sie Euch aus den Händen reißt.”
“So?” Sie ergriff den schlanken Zweig nahe dem Ende mit der rechten Hand und legte die Finger der linken Hand über ihre Faust.
“Die eine Hand muss etwas tiefer sein.” Rath vermied es, näher zu kommen, und versuchte ihr die richtige Haltung zu erklären, indem er auf ihre Hände deutete. “Jetzt die andere ein wenig höher, damit Ihr die Angel besser kontrollieren könnt, wenn Ihr werft.”
Ungeschickt fummelte Maura an der Rute herum, während sie sich bemühte, seinen Anweisungen zu folgen.
“Wartet, ich zeige es Euch.” Gegen besseres Wissen trat er dicht hinter sie und legte seine Hände über ihre. “So müsst Ihr die Leine werfen. Dann zieht Ihr sie so durchs Wasser, damit der
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