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Die Prophezeiung von Umbria

Die Prophezeiung von Umbria

Titel: Die Prophezeiung von Umbria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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kommen, einem Ort, den sie selbst noch nie erforscht hatte. Sie strich mit dem Finger über die Stirn des alten Mannes, hinunter zu seinen Lippen, über seine Brust und seine Handfläche. Es war eine uralte Segensgeste. “Ich bin die Auserkorene Königin, Altvater. Verliere nicht die Hoffnung. Ich habe mich aufgemacht, den Wartenden König zu finden.”
    “Da bist du ja endlich”, rief Rath, als er Maura viele Stunden später am Rand einer mittelgroßen Stadt wieder traf. “Ich hatte schon Angst, ich hätte dich verloren.”
    “
Du
hattest Angst?” Maura schützte ihre Augen mit der Hand vor der untergehenden Sonne, während sie zu ihm emporblinzelte. “Nachdem du einen ganzen Trupp Soldaten hinter dir hergelockt hast? Ich war fast wahnsinnig vor Sorgen und fragte mich, ob du sie jemals wieder loswerden würdest. Was ist denn aus deinem Vorsatz
Ich denke nur an mich selbst
geworden?”
    “Habe ich nicht gesagt, dass du einen gefährlich guten Einfluss auf mich ausübst?” Er lachte schallend und streckte die Hand aus, um Maura hinter sich aufs Pferd zu ziehen.
    Eigentlich hatte er gar keinen Grund, so fröhlich zu sein. Gerade hatte er etwas gefährlich Dummes getan, und das für einen alten Mann, den er noch niemals gesehen hatte. Und der ihm sicher auch nicht das Geringste für das Risiko, das er seinetwillen eingegangen war, bezahlen konnte.
    Vielleicht war sein knappes Entkommen daran schuld, dass er sich jetzt so frei und kraftvoll fühlte. Doch ein vages Gefühl sagte ihm, dass es da noch andere Gründe geben musste.
    “Wie geht es dem alten Mann?”
    “Er ist ziemlich verwirrt, aber nicht ernsthaft verletzt. Er trug mir auf, dir zu danken … und schickt dir seinen Segen.”
    “Ich hoffe, du hast ihm gesagt, dass er von jetzt an einen weiten Bogen um die Han machen soll. Die Schwachen und Alten behandeln sie am schlimmsten. Ich denke, solche Menschen erinnern sie daran, wie sie eines Tages sein werden, und das jagt ihnen das blanke Entsetzen ein.”
    Woher kommt mir auf einmal diese Erkenntnis, fragte sich Rath. Doch es war etwas Wahres dran.
    “Ich dachte immer, die Han hätten vor nichts und niemandem Angst?” Maura klang, als spräche sie zu sich selbst. “Jeder in Windleford hatte Angst vor
ihnen.
Aber ich sah sie niemals gesetzestreuen Bürgern so zusetzen wie diesem Mann.”
    “Windleford ist ein Paradies, verglichen mit anderen Orten. Und diese Seite des Gebirges ist hundertmal besser als die drüben. Ich hoffe, du musst niemals …”
    Die Worte blieben ihm im Hals stecken. Seine ganze fröhliche Stimmung verkehrte sich ins Gegenteil.
    Zuerst hatte er die verkrümmten Silhouetten in den Bäumen vor ihnen gar nicht bemerkt. Dann hatte er sich gefragt, ob da vielleicht Kinder in den Zweigen herumkletterten. Doch die Gestalten waren zu groß. Und sie bewegten sich nicht.
    “Schau nicht hin, Maura!” Im selben Augenblick wünschte Rath, er hätte lieber nichts gesagt.
    “Wohin?” Maura richtete sich auf und blickte um sich. Entsetzt schrie sie auf und verbarg das Gesicht an seinem Rücken.
    Rath kämpfte mit dem Brechreiz.
    Diese Dinger da oben in den Bäumen waren einmal Menschen gewesen. Nun hingen ihre verstümmelten Körper dort als grausame Warnung.
    “Aus dem Bergwerk.”
    “Das hätte auch Newlyn passieren können”, meinte Maura leise.
    Er wusste nicht, womit er sie trösten sollte. “Sind jetzt besser dran, als sie es im Leben waren, die armen Teufel.”
    Keiner von beiden hatte jetzt noch Hunger. Doch Rath bestand darauf, dass sie ein Zimmer in dem kleinen Gasthaus der Stadt nahmen.
    “Ich bin schnell geritten, um den Han zu entkommen. Jetzt braucht das Pferd Futter und Ruhe. Und Zauberspruch hin oder her, nach Einbruch der Dunkelheit will ich nicht auf der Straße erwischt werden.”
    Dieses Mal scherzte er nicht mit dem Wirt. Als sie im Zimmer waren, ließ er sich mit dem Rücken zur Wand auf dem Boden nieder und zog seinen Dolch.
    “Schlaf, wenn du kannst”, meinte er zu Maura und deutete mit dem Kopf auf das Bett. “Prum ist immer noch ein gutes Stück entfernt. Ich will jeden Tag so weit wie möglich kommen.”
    “In Ordnung.”
    Maura zog die Stiefel aus und legte sich mit dem Gesicht zur Tür aufs Bett.
    Einige Zeit lang waren die gedämpften Stimmen und das Klappern des Geschirrs unten aus der Küche die einzigen Geräusche, die sie hören konnten.
    Dann setzte Maura sich auf. “Es wäre vernünftiger, wenn du das Bett nähmst. Ich kann immer noch morgen

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