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Die Prophezeiung von Umbria

Die Prophezeiung von Umbria

Titel: Die Prophezeiung von Umbria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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recht, welche Antwort er jetzt hören wollte.
    Langsam wandte Maura sich nach ihm um. Einen Augenblick suchte sie nach den richtigen Worten, dann sagte sie: “Es gibt einen Mann, für den ich bestimmt bin. Wenn es auch keine Verbindung ist, die eine Tante für ihre Nichte arrangiert.”
    Sie holte tief Luft. “Ich wollte nach Prum, um nach einer alten Landkarte zu suchen, die den Weg zeigt zur Geheimen Lichtung … des Wartenden Königs.”
    Stumm und regungslos stand sie da, als wäre sie aus Holz geschnitzt, oder Stein – oder Eis. Bis auf ihre Augen, die fieberhaft in Raths Gesicht forschten. Maura wartete.
    Was sollte er antworten? Zuerst wollte er mit der Faust auf das Bett schlagen und in brüllendes Gelächter ausbrechen. Doch Maura hatte ihm prophezeit, dass er so reagieren würde. Mit einem Mal war es äußerst wichtig für ihn, dass er sich nicht so benahm, wie sie es erwartete.
    “Dann hast du deine Zeit verschwendet und meine dazu. Es kann keine Karte geben, weil es keinen Wartenden König gibt. Er ist die größte Lüge – eine Geschichte für schlichte Gemüter, die so ausgehungert sind nach einem bisschen Hoffnung, dass sie alles schlucken.”
    “Ich habe nicht erwartet, dass du mir glaubst”, seufzte Maura. “Deswegen habe ich es dir nicht früher gesagt. Selbst ein Teil von
mir
zweifelt immer noch. Nicht am Wartenden König, sondern daran, dass ich seine Auserkorene Königin sein soll.”
    Diesen Teil der Geschichte hätte Rath fast glauben können. “Ich habe mich oft gefragt, ob nicht die Han die Geschichte vom Wartenden König in Umlauf gesetzt haben. Damit die Umbrianer nichts gegen sie unternehmen und lieber ihre Zeit damit verbringen, auf die Befreiung durch eine Märchenfigur zu hoffen, als selbst den Aufstand zu probieren.”
    Solange er sich erinnern konnte, hatte die Legende vom Wartenden König ihn geärgert. Vielleicht, weil Ganny von ganzem Herzen daran geglaubt hatte. Wenn es den Wartenden König wirklich gab – wenn er morgen aufwachen und alle Prophezeiungen erfüllen würde –, es wäre zwanzig Jahre zu spät.
    Jetzt hatte Maura wegen dieses dummen Märchens ihren und seinen Kopf riskiert.
    “Das spielt jetzt sowieso alles keine Rolle mehr.” Maura sank vor dem Kamin nieder und wärmte sich die Hände an den Flammen. “Ob du es glaubst, ob ich es glaube, ob der Wartende König wirklich existiert oder nur eine Legende ist. Exilda ist tot, ihr Haus zerstört, und für mich gibt es keine Karte mehr, die mich zu der Geheimen Lichtung führen könnte. Kaum habe ich meine Suche begonnen, bin ich auch schon gescheitert.”
    Rath versuchte weiterhin seinen Zorn zu schüren. Ohne ihn fühlte er sich hilflos und verletzlich. Doch je mehr er es versuchte, desto weniger wollte es ihm gelingen. Maura brauchte ihn jetzt. Sie brauchte ihn genauso dringend, wie sie ihn in Vangs Verlies gebraucht hatte. Vielleicht sogar noch mehr und nicht nur für diese eine Nacht.
    Was sollte sie jetzt tun? Wohin gehen? Diese Fragen quälten ihn mehr, als ihm lieb war.
    Er kniete sich neben sie. “Leg dich hin und versuche, dich ein wenig auszuruhen. Bei Tageslicht sieht meistens alles schon ganz anders aus.”
    Maura blickte ihn von der Seite an. Der Hauch eines Lächelns spielte um ihre Mundwinkel. “Seit wann bist du so ein optimistischer Bursche, Rath Talward?”
    Er zog eine Grimasse. “Ich habe nicht gesagt, dass alles
sehr viel
besser aussieht. Aber doch ein wenig, oder?”
    “Meinst du?” Maura blickte wieder in das flackernde Feuer. “Ich habe meine Vergangenheit verloren, und jetzt meine Zukunft und mein Ziel. Ich besitze nichts mehr.”
    “Du hast immer noch mich.” Noch nicht einmal, als er Vang zum Kampf herausgefordert hatte, hatte er solches Herzklopfen gehabt wie jetzt. “Wenn dir das überhaupt etwas bedeutet.”
    Langsam wandte Maura sich ihm zu. Und langsam hob sie die Hand und legte sie an seine Wange.
    Rath widerstand dem Drang, sein Gesicht in diese kleine Hand zu schmiegen. Er hatte Angst, Maura könnte merken, wie sehr er sich nach einer zärtlichen Berührung sehnte.
    “Dich immer noch bei mir zu haben, bedeutet mir alles. Ich kann dich nicht bitten, noch länger zu bleiben. Jede Forderung, die ich vielleicht an dich hatte, ist schon längst von dir beglichen worden. Ich habe nur deshalb immer noch deine Großzügigkeit in Anspruch genommen, weil es um etwas Großes ging. Nun, da alles zu Ende ist, gebe ich dich mit tief empfundenem Dank wieder frei.”
    Ihre Hand

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