Die Prophezeiung von Umbria
Mein Gefühl sagt mir, dass wir ihn brauchen werden, noch bevor wir den Zeitlosen Wald erreicht haben.”
Maura zitterte vor Empörung. War es nicht schon schlimm genug, dass der Mann nicht an den Allgeber glaubte? Musste er sich auch noch der Schwarzen Magie bedienen? Schade, dass sie nicht einfach ohne ihn nach Westborne gehen konnte. Wäre sie ihm doch nie begegnet!
“Dann sorge dafür, dass dieses bösartige Ding nicht in meine Nähe kommt.”
“Geht in Ordnung.” Rath schritt zu ihren zwei Bündeln und steckte den Stab dazwischen. Die Spitze zeigte gen Himmel. “Er kann über unser Gepäck wachen. Wilde Tiere scheinen ihn genauso wenig zu mögen wie du.”
Maura brummelte eine Antwort, doch Rath schien nicht weiter darauf zu achten. “Versuch etwas zu schlafen. Ich übernehme diese Wache.”
“Wieso? Traust du mir nicht zu, Wache zu halten, während du schläfst?”
“Du brauchst gar nicht so kratzbürstig zu werden.” Rath machte es sich auf einem Felsen nahe beim Feuer bequem. Von hier aus konnte er alles gut überblicken. “Bis jetzt hast du deine Sache gut gemacht. Aber ich bin daran gewöhnt, mit weniger Schlaf auszukommen als die meisten. Ich weiß, dass ich jetzt nicht mehr schlafen kann. Da wäre es doch dumm, wenn wir beide wach blieben.”
Maura hätte gerne noch ein wenig geschmollt, doch Rath machte es ihr wirklich schwer. “Nach all der Aufregung werde ich auch nicht schlafen können.”
Rath deutete auf den Kessel. “Da ist noch etwas Wasser drin. Hänge ihn wieder übers Feuer und mach dir einen Tee aus Traumkraut. Ich denke, dann wirst du tief und fest bis zum Morgen schlafen.”
Wieso hatte dieser Kerl solche vernünftigen Einfälle?
Als Maura den Kessel aufhängte und das Feuer schürte, kamen die Bilder von dem Kampf mit den Wölfen zurück. Der Streit mit Rath hatte sie etwas abgelenkt, doch jetzt sah sie alles wieder vor sich.
Sie begann zu zittern.
“Maura?” Rath sprang auf und kam zu ihr. “Was ist, Liebes? Geht es dir gut?”
Sie fröstelte. “Es wird schon gehen.”
Bevor sie sich versah, hatte er sie an sich gezogen. “Das alles war wohl ein wenig zu viel für ein wohlbehütetes Mädchen aus Windleford, oder?”
Maura nickte hilflos.
Zärtlich drückte Rath ihren Kopf an seine Schulter. “Ich wünschte, ich könnte dir versprechen, dass es ab jetzt leichter sein wird.”
Maura biss die Zähne fest zusammen. Sie wollte jetzt
nicht
weinen.
“Aber eines kann ich dir trotzdem versprechen.”
Sie spürte seinen Atem in ihrem Haar, halb war es ein Seufzer, halb ein leises Lachen. “Wenn wir beide weiterhin zusammenhalten, werden wir jede Gefahr bestehen, der wir auf unserem Marsch zum Zeitlosen Wald begegnen. Mir tun die armen Kerle jetzt schon leid, die versuchen sollten, sich uns in den Weg zu stellen.”
Maura kicherte bei dem Gedanken, dass alle Han in Westborne vor ihrer Ankunft zitterten.
“Rath, versprichst du mir noch etwas?”
“Hängt davon ab, was es ist.”
Sie zweifelte daran, dass er einverstanden sein würde, doch sie musste ihn fragen. Zu sehr lastete die Frage auf ihrer Seele. “Wenn mir irgendetwas zustoßen sollte – wenn ich getötet werden sollte …”
Er nahm sie fester in die Arme. “Das wird
nicht
geschehen. Ich werde es nicht zulassen.”
“Doch
wenn
es sein sollte”, drängte Maura, “dann möchte ich, dass du das Ritual des Hinübergehens für mich abhältst.”
“Maura, du weißt doch, dass ich an all diese Narrheiten nicht glaube.”
“Es sind keine Narrheiten!” Maura wand sich aus seiner Umarmung. “Wie hätten wir je die Karte finden können, wenn Gristel Maldwin nicht Exilda hätte sprechen hören? Und jetzt sag mir nicht, dass sie sich die ganze Geschichte nur ausgedacht hatte. Gerade
weil
sich alles so seltsam anhörte, wusste ich, dass es tatsächlich eine Botschaft von Exilda sein musste.”
“Ein glücklicher Zufall. Das geschieht alle Tage.” Doch in Raths Augen konnte sie lesen, dass er leise Zweifel hatte.
Zweifelte er an dem Ritual oder an seiner eigenen sturen Ablehnung aller Dinge, die er nicht sehen, hören, fühlen oder verstehen konnte?
“Du wirst nicht mehr so denken, wenn du es selbst einmal erlebt hast. Ich hörte Langbard zu mir sprechen.”
“In jener Nacht warst du in einer ziemlich schlechten Verfassung. Da kann einem die Wahrnehmung schon einmal einen Streich spielen.”
“Sag mir, ob das vielleicht ein Trick ist.” Und sie beschrieb ihm die Aussicht von Brors Brücke
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