Die Prophezeiung
Unser Leben steht auf dem Spiel!“
„Ich werde dich nicht ablenken, Iannis, ich bin nichts weiter als ein zusätzlicher Kämpfer.“
Iannis verzog das Gesicht. Als könne er vergessen, wer sie war! Aber er ließ ihren Arm los und setzte sich an die Spitze seiner Männer, gleich hinter Magas. Sie verschwanden einer nach dem anderen lautlos durch eine kleine Tür an der Seite in der Burg. Ein dunkler Flur folgte dem nächsten. Die Wachen, auf welche sie trafen und die stets zu zweit postiert waren, wurden beinahe lautlos unschädlich gemacht. Ziandra erkannte wieder einmal, was für ein grandioser Lehrer Iannis doch war! Jede Handlung schien geprobt, keine Abstimmung war unter den Männern nötig. Und sie fügte sich problemlos in die Riege der Elitetruppe ihres Königs ein, als hätte sie schon immer dazu gehört. Schließlich hob Magas die Hand und ihnen kamen zwei Menschen entgegen: Ein Mann, in Rüstung der Erimalier, und Prinzessin Asmida.
Iannis beugte sein Haupt vor der Prinzessin und die Männer mit Ziandra taten es ihm gleich. Dann eilten alle den Weg zurück. Iannis Spitzel hob jedoch grüßend die Ha nd und kehrte ins Dunkel zurück – bereit für weitere Dienste für die Madrenen. Sie waren gerade dabei den Platz vor dem rettenden Tor zu überqueren, da erscholl ein lauter Ruf. Fackeln wurden entzündet und die Gruppe formierte sich sofort schützend um die Prinzessin. Etwas rollte auf sie zu und Ziandra erkannte den Kopf des Mannes, der ihnen gerade eben noch die Prinzessin überbracht hatte. Sie waren entdeckt worden! Die Prinzessin schrie leise auf und Ziandra warf ihr einen besorgten Blick zu. Aber Asmida, obgleich leichenblass, schien sich in der Gewalt zu haben. Allerdings zitterte sie, denn sie trug nur ein Hauskleid, welches der kalten Nacht nichts entgegensetzen konnte. Ziandra zögerte nicht lange und legte der Prinzessin ihren Mantel um die Schultern. Dadurch hätte sie selbst auch mehr Bewegungsfreiheit! Die Prinzessin dankte es ihr mit einem zitternden Lächeln.
Ein Mann trat auf die kleine Truppe zu : Es war König Razak selbst, flankiert von drei schwer bewaffneten Kämpfern und einem jungen Mann, in welchem Ziandra Razaks Sohn Nozak vermutete. Im Zwielicht der Fackeln erkannte sie auch, warum Razak den Mut aufbrachte, ihnen so nahe zu kommen. Auf jeder Zinne waren Pfeile auf gespannten Bögen zu sehen. Sie konnten nicht davonkommen! Vorerst schien allerdings noch keine Kampfhandlung bevorzustehen, denn Razak begann zu sprechen: „Das war eine große Torheit, wenn auch mutig! Ich werde der Prinzessin das Leben retten, wenn Ihr sie zu mir zurück schickt. Ansonsten stirbt sie mit Euch und Euren Mannen im Pfeilhagel meiner Männer!“
Iannis entgegnete kurz: „Das ist keine Wahl, König Razak, die ich in Erwägung ziehen könnte. Mein Befehl lautet, die Prinzessin aus Eurer Gewalt zu befreien!“
„Heras lässt sein Kind lieber sterben, wie feige!“, höhnte der ältere Mann.
Plötzlich wurde Ziandra bewusst, dass Razak ihr Onkel w ar, der Halbbruder ihrer Mutter! Sie nahm ihn genauer in Augenschein: Er mochte etwa 50 Jahre zählen und war sehr kräftig, wenn auch nicht groß gebaut. Dichtes Haar wallte bis auf seine Schultern, eine Kopfbedeckung trug er nicht, auch keine Krone. Die Augen waren groß und dunkel und seine Miene mehr als finster und höhnisch. Ziandra war sich eigentlich sicher, sich nicht bewegt zu haben, aber plötzlich kniff der König die Augen zusammen und nahm die Männer um die Prinzessin genauer ins Visier. Iannis spürte die Gefahr und Ziandra wurde kalt. Wusste Razak wer sie ist? Er konnte sie doch gar nicht erkennen, oder? Razak wandte den Kopf und sprach mit einem Mann, der bisher hinter ihm verborgen gewesen war. Dieser trat nun nach vorne. Es war ein Greis, der sich schwer auf einen seltsam gedrehten Stock stützte und nun ebenfalls herüber sah. Dann flüsterte er dem König einige Worte zu. Die Spannung stieg ins Unermessliche, aber Iannis schien sie nicht zu beachten. Plötzlich erhob sich ein gewaltiges Rauschen in der Luft und ein gellender Schrei durchdrang die Luft. Ziandra hatte so einen schrillen Ton noch nie vernommen. Aber Iannis schien er kalt zu lassen, als hätte er für ihn keine Bedeutung.
Razak allerdings schien Gefahr zu ahnen und schrie Befehle. Währenddessen packte Iannis die Prinzessin und schob sie in Richtung der rettenden Türe. Bevor Pfeile auf sie abgeschossen werden konnten, erkannten alle die Gefahr aus der Luft: Ein
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