Die Prophezeiung
riesiger Drache erhob sich über der Burg, flügelschlagend schien er in der Luft zu stehen und ihm wandten sich ohne Zaudern die Pfeile zu und wurden verschossen. Zu kurz und zu wirkungslos, um die gewaltige, durch lederne Schuppen geschützte Kreatur zu gefährden! Dann drangen Schwertkämpfer auf Iannis und seine Leute ein und er schob die Prinzessin hinter sich, um sie zu schützen. Er warf Ziandra einen Blick zu und sie tat, was er von ihr erwartete. Sie nahm die Prinzessin an der Hand und lief mit ihr weiter. Als sich ihnen zwei Männer in den Weg stellten, konnte Ziandra endlich ihr Können unter Beweis stellen. Nicht ohne Mühe, aber ohne wirklich in Gefahr zu geraten, verhalfen ihr ihre Schnelligkeit und Gewandtheit zum Sieg. Dann spürte sie plötzlich drohende Kälte im Rücken. Sie fuhr herum, um einen Bogenschützen zu sehen, der auf die Prinzessin anlegte. Ziandra hatte keinen Moment Zeit zu überlegen. Sie warf sich vor die Prinzessin und spürte im gleichen Moment wie ein Pfeil ihre Schulter durchdrang. Kurz wurde ihr schwarz vor Augen.
Währenddessen liefen Ramir und ein weiterer madrenischer Kämpfer an ihr vorbei und nahmen die Prinzessin in die Mitte. Ungehindert konnten sie durch die Tür entkommen. Iannis hatte das Geschehen bemerkt, wurde aber von vier Männern gleichzeitig bedrängt, so dass er sich Ziandra nur langsam nähern konnte. Erleichtert sah er, dass sie sich langsam aufrichtete. Völlig unerwartet stand auf einmal der König vor Ziandra, an seiner Seite der alte Mann. Erschrocken blickte sie den Alten an und fuhr zusammen. Die Augen des Mannes waren reinweiß, er musste blind sein! Dennoch schien er sie genauso zu fixieren wie Razak. Ziandra richtete sich stolz auf. Eigentlich wäre es klüger gewesen, den Blick zu senken, aber die antrainierte Vorsicht, den Feind nie aus den Augen zu lassen und ihre Herkunft ließen es nicht zu. Razak fragte sie: „Wer bist du, Mädchen, dass du mit den Männern kämpfen darfst?“
„Jemand, der kämpfen kann und will!“, antwortete sie geradeheraus. Razak begriff, dass sie ihren Namen verleugnen wollte, dies passte zu seiner Vermutung.
„Sie ist es, nicht wahr, Samil?“, fragte er den Alten, ohne Ziandra aus den Augen zu lassen.
Dieser nickte. „Ja, mein König, sie ist aus Eurem Geschlecht. Sie muss eine Tochter Riannas oder ein Kind Erinas sein!“
„Sie sieht aus wie Rianna. Also lebt meine Halbschwester noch!“, folgerte er zu Ziandras Schrecken.
Ich habe meine Mutter durch meine Unüberlegtheit in Gefahr gebracht, dachte sie entsetzt. „Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht, alter, blinder Mann. Ich bin ein Mitglied der Elitetruppen von König Heras! Und darauf bin ich stolz!“, sagte sie gespielt hochnäsig.
„Nehmt sie fest!“, schrie der König zornentbrannt. Aber bevor jemand diesem Befehl nachkommen konnte, war Iannis da und stand vor Ziandra.
„Lauf los!“, rief er ihr zu und Ziandra folgte dieser letzten Chance sofort. Iannis war , nach kurzem Kampf mit zwei Wachen, dicht hinter ihr und gemeinsam liefen sie über die Brücke zum Wald, wo die anderen bereits angekommen waren. Allerdings waren ihnen mindestens zehn Männer direkt auf den Fersen. Der Drache, der bisher über der Burg seine Kreise gedreht hatte, war nun direkt über ihnen.
„Achte nicht auf ihn, Ziandra! Er ist auf unserer Seite!“, sagte Iannis an ihrer Seite. Erstaunt sah sie zu ihm hin, dann bremste sie mitten im Lauf ab: Vor ihr standen nun mindestens acht der großen Schatten.
„Das habe ich ja fast vergessen“, dachte Ziandra entsetzt.
„Wer sind denn die schon wieder?“
„Komm weiter, Ziandra“, hetzte Iannis sie. Gemeinsam liefen sie zwischen den Schatten hindurch und Ziandra erkannte fassungslos, dass es zwar keine Riesen, aber doch Männer von gewaltiger Größe waren. Ein erhobener Schwertarm war so lang wie zwei Arme von Iannis, dementsprechend furchterregend waren die Waffen. Die Männer selbst hatten lange Mähnen und Bärte, entweder von tiefdunkler oder weißblonder Farbe, die Augen jedoch waren bei allen tiefschwarz wie dunkle Knöpfe, was vor allem bei den Blonden unheimlich aussah.
Nun stieß der Drache herab und Ziandra erkannte auf seinem Rücken einen großen, hageren Mann, ebenfalls mit langem, aber bereits ergrautem Bart und tiefdunklen Knopfaugen. Der Drache zischte so knapp über sie hinweg, dass Ziandra ihren Kopf einzog. Dann hörte sie den vernichtenden Feuerstoß hinter sich und wusste, dass ihre Verfolger nicht
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