Die Prophezeiung
geritten und meine Nachforschungen haben ergeben, dass sein Großvater in Razaks Gefolgschaft kämpft! Ich habe nicht gut genug aufgepasst. Er hat die zwei Wachen getötet und die Torwache vergiftet. Drei gute Männer sind tot! Aber wir werden die Prinzessin und den Verräter zurückholen!“, schloss er wütend.
„Wie, Iannis?“, drängte ihn Ziandra.
Er schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, aber das betrifft dich nicht und je weniger Leute davon wissen, desto sicherer ist es!“
„Du willst dich auch dort einschleichen?“, folgerte Ziandra sofort und wurde blass.
„Das ist viel zu gefährlich, das darfst du nicht tun! Sie werden dich erwarten!“, warnte sie ihn nachdrücklich. Iannis lächelte etwas kühl und von oben herab. „Ich weiß, was ich tue, Mädchen. Mach dir keine Gedanken! Und grüße bitte deine Eltern von mir.“
Damit drehte er sich entschlossen um und schritt zurück Richtung Burg. Ziandra war fassungslos, war das alles?
„Iannis“, rief sie ihm leise nach. Er stockte kurz und wandte sich zu ih r um. Da sah sie den Schmerz, sie verlassen zu müssen, in seinem Gesicht. Sie lief in seine Arme und klammerte sich an ihm fest. Auch seine Arme schlossen sich um ihren Körper und er küsste sie verzweifelt. Bald schon aber schob er sie sanft von sich.
„Ich komme zurück, Ziandra“, sagte er sanft. „Sei vernünftig und pass auf dich auf, hörst du?“
Ziandra nickte und spür te zu ihrem Entsetzen, dass ihr bisher nie gekannte Tränen über das Gesicht liefen. Sie weinte doch sonst nicht mal aus Schmerz! Dann sah sie den geliebten Mann davongehen und als er schließlich aus ihrem Blick entschwunden war, lief sie Trost suchend zurück ins Haus ihrer Eltern.
Die nächsten Tage sah sie Iannis nicht, hörte aber, dass er noch in der Stadt sei. Von großer Mobilmachung war die Rede, aber Ziandra wusste, dies war nur ein Teil der Wahrheit. Eines Tages lief sie Saris über den Weg. Dieser grüßte sie etwas verlegen und wollte schon weitereilen, aber Ziandra verstellte ihm geschickt jede Fluchtmöglichkeit. Harmlos fragte sie: „Oh, Saris, wie geht es Euch? Ich habe Euch schon lange nicht mehr gesehen. Ich hoffe, Ihr habt damals nicht zu viel Ärger bekommen. Ich habe Iannis gesagt, dass es nicht Eure Schuld war!“
Saris zuckte zusammen. Dass er dieses, von ihm so bewunderte, Mädchen, versehentlich verletzt hatte, war ihm lange schwer auf der Seele gelegen. Auch, dass sein Vorgesetzter nun mit ihr trainierte, machte ihn nicht wirklich glücklich. Wusste er doch, wie sehr Iannis den Frauen gefiel. Andererseits war das Ganze sicher nicht Ziandras Schuld und so antwortete er freundlich und zutraulich. Die beiden plauderten ein Weilchen unbefangen, bis Ziandra vorsichtig das gewünschte Thema anschnitt.
„Man hört einiges über eine Befreiung der armen Prinzessin, Saris. Ist das wahr, schickt der König einen Trupp, der sie zurückholen soll?“
Saris zögerte, wusste er doch, dass kein Wort davon nach außen dringen durfte. Dann gab er sich einen Ruck.
„Es wäre besser, keiner würde über so ein Thema klatschen, das gefährdet so eine eventuelle Mission sehr. Und auch die, welche diese Mission durchführen müssen. Aber das muss ich Euch bestimmt nicht erklären, Ziandra, oder? Bitte gebt kein Wort weiter, wenn Ihr etwas hören solltet!“
Ziandra nickte beifällig, gab aber noch lange nicht auf. „Das ist doch selbstverständlich, Saris. Je früher das Ganze beginnt, desto besser wäre es für Asmida und auch für die Madrenen, oder?“ Saris bestätigte dies gerne:
„Wir werden nicht mehr Zeit verlieren als unbedingt nötig. Der Hauptmann brennt darauf, loszulegen! Aber jetzt muss ich gehen, wir brauchen Kraft und Schlaf, um dies schaffen zu können. Ich wünsche Euch alles Gute, Ziandra. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder“, schloss er mit stolzgeschwellter Brust. Dies und sein Schlafbedürfnis ließen Ziandras Argwohn erwachen. Heute Nacht schon würden sie reiten, da war sie sich beinahe sicher. Sie eilte nach Hause, packte ein kleines Bündel mit Brot und Wasser und versteckte es unter ihrem Kopfkissen. Dann half sie ihrer Mutter das Abendbrot zu bereiten.
Ronan war misstrauisch, Ziandra war so unaufmerksam und abgelenkt, schien vor sich hinzu träumen. Lag es an ihren Gefühlen für den Hauptmann oder wusste sie bereits das neueste Gerücht? Er beschloss etwas zu stocher n: „Tochter, was ist heute mit dir? Du hörst nicht, was wir sagen, gibst keine Antwort?“
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