Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)
beliefern müsse, sonst würde er mich auffliegen lassen.«
»Er hat Ihnen also gedroht …«
»Na ja, ja, schon. Ich hatte Angst, dass er mich wirklich verraten würde. Huynh war schon früher so, wenn er was durchgezogen hat, dann war ihm alles andere egal. Dann hat er das gemacht, egal was es kostete.«
»Und dann haben Sie ihn im Streit erschlagen«, fügte Schönlieb hinzu, ohne eine Miene zu verziehen.
»Nein!« Max blickte erschrocken auf. »Verdammt, nein!«
Er stampfte in schnellen Schritten um den Servierwagen herum. Langsam begriff Max wahrscheinlich, was das alles bedeutete und dass die Umstände auf ihn als Täter hinwiesen.
»Ich habe ihn nach dem Gespräch nicht mehr gesehen oder gesprochen. Das Letzte, was er zu mir sagte, war: ›Fick dich, bald hätte ich dich eh nicht mehr gebraucht.‹«
»Bald hätte ich dich eh nicht mehr gebraucht?«
Max nickte.
»Was könnte er damit gemeint haben?«, fragte Schönlieb, unsicher, ob er sich über diese Wendung freuen sollte. »Hatte er einen neuen Lieferanten?«
»Ich habe absolut keine Ahnung«, sagte Max. »Aber Sie müssen mir glauben, dass ich mit seinem Tod nichts zu tun habe.« Auf einmal war Schönlieb also doch wieder ein Sie . Er schaute Max an, und er glaubte ihm. Doch was sollte er jetzt mit ihm machen? Er würde auf jeden Fall mit den Kollegen sprechen müssen. Max hatte bezüglich der Medikamente mit erheblichen Konsequenzen zu rechnen. Seine Karriere als Arzt konnte er getrost an den Nagel hängen. Ob ihm das schon bewusst war?
»Sie werden noch von uns hören«, sagte Schönlieb nur und ging ohne richtige Verabschiedung.
Das war sicher nicht das korrekte Verhalten, aber er wollte hier in diesem Krankenhaus keine Minute länger bleiben, den ekligen Geruch hinter sich lassen, Max zurücklassen, der noch nicht begriffen hatte, dass sein Leben jetzt noch einmal eine völlig andere Wendung nehmen würde. Schönlieb wollte nicht derjenige sein, der ihm das klarmachen würde.
Als er endlich die Klinik verlassen und einen tiefen Atemzug der kalten Luft in sich aufgesogen hatte, rief Schönlieb Wallner an. Mit einer gewissen Genugtuung über seinen Erfolg, Max zum Reden gebracht zu haben, informierte er Wallner über den neuesten Stand seiner Ermittlungen. Doch Wallner war alles andere als begeistert und zunächst sehr aufgebracht.
»Du musst ihn sofort in Gewahrsam nehmen! Ein klareres Tatmotiv werden wir kaum finden!«
»Aber ich glaube ihm.«
»Pah!« Wallner lachte am anderen Ende zynisch auf. »Die Menschen sind unergründlich. Jeder – glaub mir –, jeder ist jederzeit zu allem fähig. Das siehst du niemandem an.«
Es entstand eine kurze Pause – fast so, als wenn sich Wallner überwinden müsste, den nächsten Satz zu sagen.
»Ich komme jetzt vorbei, und dann nehmen wir den Jungen mit.«
Sie diskutierten noch eine ganze Weile. Schönlieb hatte am Ende keine Ahnung, wie er es geschafft hatte, aber Wallner ließ sich tatsächlich darauf ein, Max nicht sofort zum Verhör abzuholen und in U-Haft zu stecken, sondern erst alles mit Holding zu besprechen.
Wenn sie jedoch bald keine andere Spur finden würden, dann war Max fällig, hatte Wallner gesagt, und Schönlieb war sich sicher, dass er es auch so gemeint hatte. Manchmal brauchte es nicht mehr als ein starkes Motiv.
Als Schönlieb aufgelegt hatte und mit dem Handy in der Hand vor dem Krankenhaus stand, wusste er selbst nicht mehr, was seine Motivation war, Max zu verteidigen. Vielleicht beging er gerade einen großen Fehler.
Kapitel 22
Schönlieb und Wallner saßen auf zwei Stühlen vor Holdings Schreibtisch. Mittlerweile war es halb neun Uhr abends. Wallner saß breitbeinig da, beide Füße fest auf dem Boden und die Unterarme auf die Oberschenkel gestützt. Er hatte einen ziemlich roten Kopf, eine kleine Ader an der Schläfe pulsierte gut sichtbar, seine Nase sah dicker und aufgedunsener aus als sonst.
Im Moment war er dabei, sich über Schönlieb und sein unverantwortliches Handeln zu beklagen. Dabei redete er so über Schönlieb, als ob dieser gerade nicht mit übereinandergeschlagenen Beinen neben ihm sitzen würde. Der nette Wallner von vorhin war längst wieder verschwunden.
»Das können wir nicht verantworten, was der da macht. Schönlieb, mit seinem Gefühl, dass ich nicht lache, Dreikäsehoch, keine Erfahrung, aber alles im Gefühl. Da muss endlich mal einer ein Machtwort sprechen. Holding, wenn du da nicht durchgreifst …«
Schönlieb versuchte das Gezeter
Weitere Kostenlose Bücher