Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)
aussehenden großen Eingang. Hinter einem Tresen aus dunklem Eichenholzimitat saß eine Frau mit blauer Krankenhauskleidung und lächelte ihn an. Über ihr hing ein großes Schild: »Information«. Schönlieb steuerte auf sie zu, stellte sich vor und fragte sie nach Maximilian Nehring. Es dauerte eine Weile, und es waren mehrere Telefonate nötig, bis er eine Antwort von der Frau bekam.
Sie schickte ihn in den dritten Stock, dann gleich rechts, geradeaus und dann noch einmal nachfragen. Oder? Hatte sie das nicht so gesagt? Schönlieb stand in einem weißen Flur, in dem sich nur ein instabil aussehender kleiner Tisch aus hellem Holz befand, auf dem ein paar Zeitschriften lagen. Er fragte eine mit schnellen Schritten an ihm vorbeieilende Krankenschwester, ob sie Maximilian Nehring kannte, doch die zuckte nur mit den Achseln und eilte weiter. Vermutlich kannten sich in diesem riesigen Krankenhaus die wenigsten Angestellten untereinander.
Schönlieb beschloss, mit dem Fahrstuhl wieder hinunterzufahren, um noch einmal bei der Information nachzufragen. Als sich die Fahrstuhltür im Erdgeschoss öffnete, sah jedoch alles anders aus, als er es in Erinnerung hatte. Dabei war es doch gerade mal zwei Minuten her gewesen, dass er hier eingestiegen war. Er versuchte sich an den Schildern zu orientieren, die unter der Decke hingen und zu verschiedenen Abteilungen wiesen, doch sie verwirrten ihn mehr, als dass sie ihm halfen, sich zu orientieren. Er irrte ratlos eine Weile in den langen, von Kunstlicht erhellten Gängen des Krankenhauses umher, bis er plötzlich wieder vor dem Informationstresen stand. Die Frau hinter dem Tresen lächelte ihn an.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Ich war doch eben schon mal hier. Erinnern Sie sich nicht? Kommissar Schönlieb? Ermittlungen? Polizei?«
Die Frau schaute ihn an.
»Ah, ja doch, doch … und was kann ich für Sie tun?«
Schönlieb konnte es nicht fassen, dass sie sich nicht erinnern konnte. So lange war er im Labyrinth der Hochglanzwände doch auch nicht verschollen gewesen. Oder?
»Maximilian Nehring. Ich suche MAXIMILAN NEHRING«, wiederholte er erneut sein Anliegen.
Es waren wieder einige Telefonate nötig, bis die Frau ihm sagte, er würde Maximilian Nehring in der Onkologie und Palliativmedizin finden.
»Dritter Stock, linksherum, rechtsherum und dann noch einmal nachfragen.«
Schönlieb schüttelte den Kopf.
»Nein, so wird das nichts. Rufen Sie ihn an. Er soll herunterkommen. Ich will ihn hier treffen.«
»Tut mir leid, das ist nicht möglich.« Die Frau schaute ihn ausdruckslos an und wandte sich wieder irgendwelchen Zetteln zu, die vor ihr lagen.
»Wieso nicht?«
Sie blickte wieder hoch.
»Ich kann da niemanden einfach nach unten bestellen.«
Schönlieb überlegte, sie wegen Behinderung polizeilicher Ermittlungen festzunehmen, was aber leider ebenfalls nicht so einfach möglich war.
Da er keine Lust auf eine lange Diskussion hatte, stampfte er wieder zum Fahrstuhl, fuhr in den dritten Stock, links, rechts, niemand zu sehen. Wieder ein langer Flur, von dem bestimmt zwanzig Türen nach links und rechts abgingen. Viele der Türen standen offen. In der Mitte des Flures glänzte ein Servierwagen aus Edelstahl, auf dem allerhand Krankenhauszeugs lag. Spritzen, Plastikbecher, Pflaster, Kanülen und mehr.
Plötzlich rauschte ein junger Mann, komplett in Weiß, aus einer der offenen Türen, nahm den Wagen, schob ihn zwei Meter weiter und war schon wieder in der nächsten Tür verschwunden.
Der Geruch hier ist auch nicht viel besser als in der Gerichtsmedizin , dachte Schönlieb, während er auf den Servierwagen zuging. Da kam der junge Mann auch schon wieder aus dem Zimmer heraus.
»Entschuldigung, ich suche Maximilian Nehring«, rief Schönlieb ihm zu.
Der junge Mann stockte kurz und sah Schönlieb misstrauisch an, während er eine Spritzenpackung vom Wagen nahm.
»Das bin ich. Was wollen Sie?«
»Ich bin von der Kripo, Schönlieb. Ich habe ein paar Fragen an Sie, im Zusammenhang mit dem Tod von Huynh Nguyen.«
»Tod?« Maximilian Nehring erstarrte. Schönlieb nickte. Max nahm ein winziges Fläschchen und verschwand im nächsten Zimmer. Schönlieb folgte ihm.
»Wussten Sie das noch nicht? Steht sogar auf Facebook«, fügte er etwas zynisch hinzu.
In dem Zimmer war es schummrig, und die Vorhänge waren fast vollständig zugezogen. Es roch unangenehm nach Krankheit und Urin. Max riss die Packung auf, stach die Spritze in das kleine Fläschchen und füllte sie
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