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Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)

Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Schlüter
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Tee tat ihm gut, und er fühlte sich von Minute zu Minute besser.
    »Hat Johann mal erwähnt, dass es ihn störte, dass Huynh den Verkauf organisiert hat und mehr abkassierte als er?«
    »Keine Ahnung, nein, darüber haben wir nie gesprochen. Das wollte ich auch gar nicht wissen. Es ist außerdem nicht so, dass ich Johanns große Liebe und engste Vertraute bin, mit der er alles bespricht, okay? Wir haben manchmal was miteinander, gehen auf Partys, aber wir sind kein Paar oder so. Über Ritalin haben wir nur mal gesprochen, wenn es darum ging, ob man es anders dosiert auch als Partydroge nehmen kann.«
    »Kann man?«, fragte Schönlieb und dachte an seinen Abend mit Mitch.
    »Ja! Ich meine … Scheiße.« Anna wirkte plötzlich nervös. »Warum erzähle ich dir so was? Du bist Bulle!« Sie nahm einen kräftigen Schluck ihres Milchkaffees. Er war immer noch sehr heiß, aber das war ihr offensichtlich egal. Sie verbrannte sich lieber die Zunge, als weiterzureden.
    Schönlieb war ein wenig enttäuscht. Es schien, als könne sie ihm auch nicht mehr erzählen als das, was er schon wusste. Mit dem Einnehmen von irgendwelchem Zeugs schien die gesamte Gruppe keine Probleme zu haben, sogar dass man Ritalin auch durch die Nase ziehen kann, wusste er bereits. Er sah sich um und beobachtete zwei Studenten, die sich gerade an einen der Nachbartische setzten und von denen der eine schon leicht graue Schläfen hatte. Schönlieb schätze die beiden auf Anfang dreißig.
    »Wie lange studiert man hier eigentlich?«, fragte Schönlieb.
    »Regelstudienzeit sind zehn Semester.«
    »So lange?«, fragte Schönlieb ernsthaft überrascht. »Das sind fünf Jahre!«
    »Ja. Rechtswissenschaften ist eines der wenigen Fächer, die sich noch erfolgreich gegen den Bachelor sträuben. Ich meine, was will man als Jurist mit einem Bachelorabschluss?«
    »Das heißt aber auch: zehn Semester durchhalten oder mit nichts dastehen?«
    »Ja. Nach dem vierten hat man die Zwischenprüfung. Dann kommen irgendwann der Schwerpunkt und das Examen.«
    »Der Schwerpunkt?«
    »Die Prüfungen, bei denen die ersten Leute anfangen durchzudrehen, weil sie so viel lernen müssen.« Anna sah Schönlieb jetzt direkt in die Augen. »Ich hatte gerade meine Prüfungen im Schwerpunkt. Und ich bin froh, dass ich … sie hinter mich gebracht habe«, fügte Anna zögerlich an, diesmal viel langsamer und leiser. Sie wirkte mit einem Mal verletzt. Schönlieb erinnerte sich daran, wie er Anna vor Kurzem auf die Damentoilette gefolgt war, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach geweint hatte.
    »Was war eigentlich neulich mit dir los? Also auf dem Frauenklo. Hatte das etwas mit der Prüfung zu tun?«
    Anna schaute wieder auf ihren Kaffee und verzog kurz ihren rechten Mundwinkel. Es war, als wäre sie nicht mehr in dem Café, sondern in Gedanken weit weg. Plötzlich wurde ihr Gesichtsausdruck hart, und sie stand sie auf.
    »Ich muss mal auf Toilette«, sagte sie knapp und ging davon.
    Hatte er etwas Falsches gefragt? Hatte er einen wunden Punkt erwischt? Schönlieb starrte etwas verunsichert vor sich hin und trank seinen Tee aus.
    Nach einer Weile kam Anna wieder. Ihr Haaransatz war ein bisschen nass. Die vom Schnee leicht verlaufene Schminke weggewischt. Sie setzte sich und trank ihren Kaffee.
    »Ich war wegen meiner Prüfung ein bisschen durcheinander. In gewisser Weise«, sagte sie dann leise, ohne dass Schönlieb seine Frage wiederholt hatte. Es war fast so, als ob sie zwischenzeitlich nicht kurz weg gewesen wäre.
    »In gewisser Weise?«, hakte Schönlieb vorsichtig nach.
    »Ja. In gewisser Weise«, wiederholte sie und schnaufte aus. »Es ist nicht alles so gelaufen, wie ich … es mir vorgestellt hatte.« Sie sah unglücklich aus.
    Schönlieb beschloss, sie etwas aufzuheitern, da er offensichtlich für ihre Gemütslage verantwortlich war.
    »Prüfungen sind immer scheiße«, sagte Schönlieb. »Nicht umsonst werden sie von allen gehasst. Fast so schlimm wie Befragungen durch Scheißbullen. Dauernd muss man auf Dinge antworten, auf die man keine Lust hat oder auf die man sich nicht richtig vorbereitet hat.« Er lächelte Anna an.
    »Ja«, antwortete Anna und lächelte tatsächlich leicht zurück.
    »Ich glaube, ich habe meine Abschlussprüfung an der Polizeihochschule nur so gut bestanden, weil die Prüferin ein Auge auf mich geworfen hatte«, lachte Schönlieb. »Hört man ja immer wieder, wenn man nett zum Prof ist, gibt es ’ne gute Note.«
    Anna starrte ihn einen Moment lang

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