Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)
Columbo-Art entschieden .
» Eine Frage hätte ich da noch«, sagte Schönlieb und fasste sich dabei an die Stirn.
»Ja?«
»Wussten Sie eigentlich davon, dass an Ihrer Fakultät mehr oder weniger offen mit sogenannten Neuro-Enhancern gehandelt wurde, und zwar unter anderem von Huynh, dem Mordopfer?«
Schönlieb und Meininger schauten sich kurz in die Augen. Meininger war nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen.
»Was glauben Sie? Dass ich blind und taub bin?«
»Haben Sie etwas dagegen unternommen?«
Meininger lachte. Schönlieb konnte die Reaktion nicht einordnen.
»Ich glaube, Sie schätzen meine Position und vor allem meine Meinung dazu falsch ein«, sagte Meininger.
»Wie bitte?« Schönlieb verstand nicht, was der Professor damit meinte.
»Natürlich verurteile ich den Handel mit und den illegalen Konsum von Ritalin«, sagte Meininger und räusperte sich. »Und ich würde das Ganze natürlich unter keinen Umständen aktiv fördern, aber wenn die Studenten meinen, sie bräuchten diese Pillen, um gute Leistungen zu bringen, dann werden sie das weiterhin machen.« Meininger lächelte ihn mit einem widerlich unschuldigen Lächeln an.
»Aber diese … Medikamente haben Nebenwirkungen«, warf Schönlieb ein. »Ganz zu schweigen von dem moralischen Aspekt!«
»Pah! Zigaretten haben nicht nur Nebenwirkungen, sondern machen krank. Alkohol ebenfalls. Niemanden kümmert es. Und zu ihren moralischen Bedenken kann ich nur sagen, dass wir hier nicht beim Sport sind. Es geht nicht um ein Gegeneinander, um ein Siegen oder Verlieren. Es geht darum, Wissen zu erwerben. Der Mensch hat schon immer nach Wissen gestrebt und ist ständig dabei, seinen Horizont und sein kognitives Vermögen zu erweitern. Irgendwann kommen wir da an unsere Grenzen – an Grenzen, die sich vielleicht verschieben lassen. Das ist Fortschritt. Evolution! Aber vom Grundgedanken her doch keinesfalls verwerflich.« Professor Meininger hatte sich richtig in Rage geredet. Er hielt kurz inne und strich sich mit der Hand die Haare glatt. »Aber wie gesagt: Den profitorientierten Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten verurteile ich.«
»Also haben Sie etwas gegen den profitorientierten Handel unternommen?«, fragte Schönlieb spitz.
»Nein, davon wusste ich ja auch nichts Konkretes. Ich kann lediglich nicht abstreiten, dass ich mir vorstellen kann, dass gewisse Dinge ausgetauscht werden.«
»Wissen Sie denn auch, wer Ihre Studenten und Studentinnen mit diesen … die Evolution vorantreibenden Wunderpillen versorgt? Wo Umschlagplätze sind?«
»Nein«, antwortete Professor Meininger lächelnd. »Leider kann ich Ihnen da nicht weiterhelfen. Wer nun wen mit Ritalin versorgt, weiß ich wirklich nicht. So groß ist das Vertrauen der Studenten in ihre Professoren dann auch wieder nicht. Aber wenn ich etwas höre, gebe ich Ihnen und Ihren Kollegen natürlich umgehend Bescheid.«
Schönlieb fand die Haltung von Professor Meininger eine Frechheit, hatte jedoch keine Lust, sich mit ihm auf eine lange Diskussion einzulassen. Viel mehr lag ihm ohnehin an einem weiteren Thema, mit dem er Professor Meininger aus der Reserve zu locken hoffte. Der konnte doch nicht immer so souverän bleiben!
»Ich hätte noch etwas«, fing Schönlieb erneut an. »Es tut mir leid, dass ich Sie so direkt darauf ansprechen muss, aber ich habe Gerüchte gehört, dass Sie sich sehr gut mit weiblichen Studenten verstehen und gerne mal gute Noten verteilen, wenn Studentinnen nett zu Ihnen sind.«
Hatte der Professor mit dem Augenlid gezuckt? Wenn ja, dann war es nur für den Bruchteil einer Sekunde gewesen. Ansonsten sah man keine Veränderung in seinem Gesicht. Angenehm war ihm das Thema jedenfalls nicht.
»Ich hoffe«, antwortete er ruhig, »Ihnen ist klar, was Sie mir hier unterstellen, indem Sie mir einfach irgendwelche Gerüchte an den Kopf werfen.«
»Ich unterstelle gar nichts! Ich frage nur.«
»Von diesen Gerüchten habe ich jedenfalls noch nie etwas gehört, und ich vermute, es gibt sie über so ziemlich jeden Professor an jeder Uni. Ich möchte hier und jetzt aber ausdrücklich betonen, dass ich keine guten Noten verteile, wenn Studentinnen … nett zu mir sind. Es wundert mich, dass Sie so etwas für bare Münze nehmen.«
»Nehme ich ja nicht. Ich frage nur.«
»Sie haben meine Antwort.«
Schönlieb war mit Meininger aber noch nicht fertig.
»Und wie ist Ihr Verhältnis zu Anna Lindner?« Als Schönlieb den Namen aussprach, zuckte schon wieder das
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