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Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)

Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Schlüter
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ihren Nachnamen gar nicht kannte. »Wie lautet eigentlich dein Familienname?«, fragte Schönlieb.
    »Wird das jetzt ein offizielles Verhör, oder was?«, fragte Anna entgeistert und wich leicht zurück, antwortete dann aber doch. »Lindner. Und deiner?«
    »Schönlieb.«
    »Der erste Teil passt, der zweite nicht.«
    »Was?«
    »Nichts. Können wir anfangen? Ich habe heute noch was vor.«
    »Ja. Klar. Du bist Johanns Freundin, oder?«
    »Nicht so richtig.« Anna zuckte mit den Schultern.
    »Und du studierst auch Jura?«
    »Ja.«
    »Im gleichen Semester wie Johann und Huynh? Oder unter ihnen?« Zum ersten Mal huschte ein kurzes Lächeln über Annas Gesicht, aber ihre Miene wurde schnell wieder feindselig.
    »Nein, ich bin zwei Semester weiter als Johann.« Schönlieb war ein wenig überrascht. Er hatte sie für deutlich jünger gehalten. Anna schien das zu kennen. »Ich sehe offenbar etwas jünger aus, als ich tatsächlich bin. Du siehst übrigens auch ziemlich jung aus … für einen Kommissar.«
    »Danke. Ich bin allerdings auch so jung, wie ich aussehe«, sagte Schönlieb und grinste.
    »Und auch so verkatert?« Jetzt lächelte Anna ihn beinahe mitfühlend an.
    »Ja, und auch so verkatert.« Es hatte ja keinen Zweck, es zu leugnen.
    Die Getränke wurden gebracht, und Schönlieb nahm einen kleinen Schluck Tee. Das tat gut.
    »Kannst du mir ein bisschen von Johann erzählen?«
    »Verdächtigen Sie ihn etwa wegen Huynh?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    Anna nippte an ihrem Milchkaffee.
    »Keine Ahnung, was ich über Johann erzählen soll. Eigentlich ist er ein Arsch, wie alle anderen auch. Aber irgendwie …« Während sie sprach, schaute sie auf die Milchschaumkrone ihres Kaffees. Mit dem Löffel zog sie langsam Kreise in dem Becher, die im Schaum stehen blieben. Dann blickte sie kurz hoch. »Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass er etwas mit dem Mord zu tun hat.«
    »Kanntest du Huynh?«, fragte Schönlieb. Von außen betrachtet, sahen sie wahrscheinlich aus wie zwei Studenten, die sich unterhielten.
    »Huynh war ein paarmal dabei, wenn wir weg waren, so in ’ner großen Gruppe. Aber ich habe nie wirklich mit ihm gesprochen. Ein paarmal war auch seine Freundin dabei. Wie hieß sie noch mal? Äh, Marie. Genau: Marie.«
    »Wusstest du denn, dass Johann zusammen mit Huynh Ritalin verkaufte? Du hast mir immerhin etwas davon geschenkt.«
    »Dass die beiden so etwas verkauften, wusste so gut wie jeder hier an der Uni, den es interessierte. Bestimmt sogar einige der Professoren.« Den letzten Satzteil spuckte sie geradezu aus. »Und komme ich jetzt in den Knast?«
    »Nein, keine Angst, dass du mir die zwei Pillen gegeben hast, bleibt unter uns«, sagte Schönlieb und dachte daran, was er und Mitch damit gemacht hatten. »Warum hast du mir die Pillen eigentlich gegeben?«
    »Ich dachte, es würde dir helfen zu lernen, du sahst so ausgepowert und ratlos aus«, sagte Anna lächelnd. »Außerdem fand ich dich irgendwie süß – als ich noch nicht wusste, dass du ein Scheißbulle bist. Da ist ja auch nichts dabei. Die Dinger sind nicht teuer, leicht zu besorgen, und sie helfen«, antwortete Anna und sah ihn herausfordernd an.
    »Hast du sie genommen, um Prüfungen leichter zu bestehen?«
    »Klar«, sagte Anna wie selbstverständlich. »Warum auch nicht?«
    Schönlieb konnte nicht ganz begreifen, wie man vor Medikamenten so wenig Skrupel haben konnte.
    »Und warum glaubst du, dass es verschreibungspflichtig ist?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass es einem zum Ende des Studiums hin die Haut retten kann.«
    »Wieso zum Ende?«
    »Am Anfang kann man noch relativ einfach durch die Prüfungen kommen, auch wenn man nicht alles weiß und mitbekommt. Aber es wird praktisch mit jeder Prüfung schwerer, weil man das zuvor Gelernte weiter anwenden muss. Am Ende, also wenn das Examen kommt, muss man alles, also ich meine wirklich alles , seit der ersten Vorlesung wissen und anwenden können. Da ist es doch klar, dass man zum Ende hin immer panischer wird.« Sie schaute Schönlieb kurz an. »Du musst dir das wie ein Kartenhaus vorstellen. Wenn das unten nicht stabil steht, kannst du den Rest vergessen. Und manche merken halt sehr spät, dass es unten heftig wackelt. Da klammert man sich dann an jeden Strohhalm, den man zu fassen kriegt, und macht auch Sachen, auf die man vielleicht nicht stolz ist.«
    Eine Weile saßen sie sich still gegenüber, und Schönlieb aß den Keks, der auf der Untertasse seines Tees gelegen hatte. Der

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