Die Prüfung: Kriminalroman (German Edition)
Absender der E-Mail hat ihm mit dem Foto gedroht. Bei Huynh haben wir noch keine Anzeichen für eine Erpressung.«
»Was hat es überhaupt mit dieser E-Mail auf sich?«, fragte Holding.
Wallner zeigte auf eine Stelle auf dem Whiteboard, an der ein Zettel und ein Foto mit Magneten befestigt waren.
»Ich lese sie euch noch einmal vor: Sie haben Huynh auf dem Gewissen. Und ich weiß, was Sie in Ihrem Büro treiben. Ich habe Beweise. Treffen Sie mich heute um 22:00 Uhr auf dem Parkplatz hinter dem alten Elbtunnel. Dort erhalten Sie weitere Instruktionen. Das spielt doch ganz eindeutig darauf an, dass Meininger der Mörder von Huynh war und jemand davon wusste.«
»Und dieser jemand«, fuhr Samson fort, »hat Meininger damit erpresst, und bei der Übergabe des Geldes kommt es zum Streit, woraufhin der Erpresser Meininger im Affekt ersticht.«
Schönlieb schüttelte den Kopf, stand auf und stellte sich zu seinen Kollegen.
»Das passt doch nicht zusammen. Weder ist in der E-Mail die Rede von Geld, noch passt der Satz Und ich weiß, was Sie in Ihrem Büro treiben zu dem Mord an Huynh. Und auch der Hinweis, dass der Erpresser Beweise hat, passt nicht ganz. Denkt an das Foto, das an die E-Mail angehängt war. Das ist einer der Beweise. Es zeigt, wie Meininger im Büro einen geblasen bekommt. Bei der Erpressung ging es also um die Affäre, nicht um den Mord.«
Die vier drehten sich zu ihm um.
»Wieder unter den Lebenden?«, fragte Wallner.
Schönlieb nickte.
Als er ins Büro geplatzt war, zerzaust, bleich und mit dem Blut von Meininger beschmiert, waren sie sehr überrascht gewesen, da er eigentlich ins Krankenhaus gefahren werden sollte. Als er ihnen aber deutlich gemacht hatte, dass er auf keinen Fall vorhatte, ins Krankenhaus zu fahren, hatten sie sich rührend um ihn gekümmert. Sie hatten Ersatzklamotten aufgetrieben, ihm mit einem Waschlappen das Blut aus dem Gesicht und von den Händen gewischt und ihn mit einer Wolldecke und einem heißen Tee versorgt.
»Und wieso wird Huynh dann überhaupt erwähnt?«, fragte Samson.
Schönlieb stellte sich ebenfalls vor die große weiße Tafel.
»Vielleicht sollte das gar keine Erpressung werden«, sagte Schönlieb an Wallner gerichtet. »Vielleicht wollte der E-Mail-Absender Meininger einfach irgendwohin locken, um ihm dann für beides … den Prozess zu machen. Für den Mord an Huynh und die Affäre mit der Unbekannten.«
»Ja, ja, der dunkle Rächer auf dem Pfad der Tugend, der die Verbrecher zur Strecke bringt, die die Polizei nicht erwischt«, schnaufte Wallner belustigt. »Du hast wohl ein bisschen zu oft Batman gesehen. Tut mir leid, aber so etwas passiert im echten Leben nicht.«
Schönlieb sah Wallner überrascht an. Er hätte nicht gedacht, dass der Alte überhaupt weiß, wer Batman ist.
»Was haben wir bisher über Meininger?«, fragte Holding in die Runde.
»Viel haben wir noch nicht. Bisher nur das, was unsere Systeme so hergeben.« Diesmal war es Coskun, die ein paar Zettel hervorzauberte. »Prof. Dr. iur. Richard Meininger. Dreiundfünfzig Jahre alt. Keine Vorstrafen und auch sonst bisher nicht aufgefallen. Professor für Rechtswissenschaften an der Uni Hamburg. Wohnhaft in Hamburg Volksdorf. Eine Frau, ein Kind. Der Sohn ist zwanzig Jahre alt und nicht bei den Eltern gemeldet. Das Einzige, was aktuell für uns interessant sein könnte, ist, dass Meininger der Halter eines schwarzen Audi S4 Avant ist. Man hat heute bei ihm entsprechende Autoschlüssel gefunden. Die Schupo-Jungs suchen gerade die Umgebung nach dem Wagen ab.«
»Und was soll an dem Auto so interessant sein?«, fragte Wallner unwirsch nach.
»Das wissen wir noch nicht«, antwortete Coskun gelassen. »Nur mit dem, was wir bisher haben, kommen wir nicht weiter. Und Meininger selbst können wir ja leider nicht mehr befragen.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Wallner, und sein Gesicht färbte sich leicht rot.
»Dass der Mann tot ist, und ein weiterer Mörder frei rumläuft.«
»Es mussten einige Leute aus ihrem Wochenende zurückgeholt werden«, mischte Holding sich ein, bevor Wallner antworten konnte. »Kalle und die Techniker legen sich ins Zeug. Außerdem haben wir die Spurensicherung ins Büro von Meininger geschickt. Vielleicht haben wir schon bald Ergebnisse, mit denen wir weiterarbeiten können.«
Wallner murmelte noch etwas, drehte sich dann aber weg, verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich.
»Was ist denn mit dem?«, fragte Coskun in Richtung Holding. Doch
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