Die Psi-Agenten
komplizierter, wenn er in die tieferen Regionen eindringt; in diesem Fall nämlich genügt ein normaler Psi-Ausläufer nicht mehr. Der Beobachter wird gezwungen, seine ganze Persönlichkeit aufzugeben und sich mit den fremden Gedankengängen zu identifizieren. Das bringt Gefahren mit sich, die man einem Nicht-Esper kaum erklären kann. Ich selbst wagte mich einmal bis in die dritte Bewußtseinsschicht eines anderen Menschen vor und wurde nur durch das Eingreifen eines hochbegabten Espers vor dem Tode bewahrt.«
Cort sah uns kühl an. »Ich habe den Eindruck, daß Sie die Grenzen Ihrer Psi-Kräfte immer so festlegen, wie es für Sie am günstigsten ist.«
Es war eine Herausforderung, und die Entscheidung lag allein bei mir. Wenn ich den Fall Greenall lösen wollte, kam nur ein Vordringen in die zweite Bewußtseinsschicht in Frage. Aber das konnte auch zur Katastrophe führen. Der Mann befand sich bereits in einer schweren Psychose. Mein Eingreifen versetzte ihm vielleicht den letzten Stoß zum Wahnsinn. Und wenn er erst einmal in den Strudel glitt, riß er mich mit. Aber selbst wenn es mir irgendwie gelang, die Wahrheit zu erforschen, so würde Cort sie nur akzeptieren, wenn sie zu seinen eigenen Vorurteilen paßte.
Ich erwiderte seinen Blick. »Nein«, sagte ich ruhig und stand auf. »Mit mir können Sie nicht rechnen. Ich will mit dieser schmutzigen Angelegenheit nichts mehr zu tun haben.«
Damit ging ich zur Tür und verließ das Büro.
Ich erwartete, daß Cort mich zurückrufen würde, aber er tat es nicht. Die nackten Korridore rochen nach Desinfektionsmitteln. Ich fuhr mit dem Lift nach unten, passierte den Sicherheitsposten in der Vorhalle und trat in den lebhaften Nachmittagsverkehr der Londoner Straßen hinaus.
Aber noch während ich mich von dem imposanten Glas- und Betonriesen abwandte, in dem Corts Organisation untergebracht war, erkannte ich, daß es sich um eine leere Geste handelte. Cort ließ mich nicht so einfach laufen. Dazu kam das Gefühl, daß ich Greenall jetzt nicht im Stich lassen konnte. Ich steckte bereits mitten in der Sache, ob ich es wollte oder nicht. Das Schicksal dieses armseligen, gequälten Menschen, der verschreckt in seiner Zelle kauerte, ging mich etwas an. Irgendwie mußte ich ihm helfen …
PETER MORAY – 3
Gegen vier Uhr erreichte ich Richards Wohnung in Earl’s Court. Bis dahin war mein erster Zorn verraucht, und ich stellte mir die Frage, ob ich zu impulsiv gehandelt hatte. Sicher befand sich nun Richard Cort gegenüber in einer heiklen Lage. Und dann durfte ich Greenall nicht vergessen. Mein melodramatischer Abgang hatte ihm bestimmt nichts genützt. Viel günstiger wäre es gewesen, die Skrupel zu unterdrücken und zum Schein auf Corts Vorschläge einzugehen. Vielleicht hätte ich dann die Chance bekommen, Greenall unauffällig zu helfen.
So jedoch würde Cort erneut seine Vernehmungsspezialisten auf Greenall hetzen, um das aus ihm herauszupressen, was er für die Wahrheit hielt. Dabei wußte ich genau, daß der Wissenschaftler kurz vor dem endgültigen Zusammenbruch stand.
Ich schenkte mir ein Glas von Richards Whisky ein, aber der Alkohol deprimierte mich noch mehr. Einige Male fühlte ich mich versucht, in Alsdale anzurufen, doch ich legte den Hörer immer wieder zurück. Gewiß, es bedeutete schon einen Trost, Barbaras Stimme zu hören, aber was sollte ich ihr sagen? Um Rat fragen konnte ich sie nicht, da sie nicht wußte, was vorgefallen war, und eine telefonische Erklärung erschien mir zu gefährlich. Wenn sie in meiner Nähe gewesen wäre, hätte sich das Problem von selbst gelöst – aber nicht einmal unsere Psi-Verbindung reichte über eine Entfernung von zweihundertfünfzig Meilen. Ich war also völlig auf mich selbst gestellt.
Richard kam kurz nach sechs Uhr. Er blieb mitten im Zimmer stehen und starrte mich wortlos an. Sein Gesicht war eine Maske. Vermutlich hatte ihm Cort nach meinem Weggehen hart zugesetzt.
»Hoffentlich weißt du, daß Cort es dabei nicht belassen wird«, sagte er schließlich. Seine dunkle Stimme klang angestrengt.
»Wie meinst du das?«
Er seufzte. »Peter – so dumm kannst du doch nicht sein! Begreifst du nicht, daß Cort dich, mich, Becky und die anderen völlig in der Hand hat?«
»Wie denn?«
»Ist das nicht offensichtlich? Wenn er uns wirklich Schwierigkeiten bereiten will, kann er uns schon morgen allesamt wegen Verletzung der Staatssicherheits-Bestimmungen festnehmen lassen.«
»Das wagt er nicht«,
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