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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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auf einem riesenhaften Edelstahlherd, der für eine Cateringfirma geeignet wäre, und verbreiten den Duft von köchelndem Obst. In einer Ecke liegen Pyramiden aus frisch gepflückten Äpfeln, und auf einem Bocktisch am anderen Ende stapeln sich Gläser – allesamt mit handbeschrifteten Etiketten beklebt und mit Hanf- oder Bastschnüren umwickelt. Die Wände sind von Regalen bedeckt, in denen noch mehr von diesen Gläsern stehen.
    Penny schaltet die Deckenbeleuchtung ein und nimmt einen Stapel Papier von einem Stuhl, damit Caffery sich setzen kann.
    »Tee? Kaffee? Oder was Stärkeres?«
    Er lächelt. »Ich hätte gern einen Scotch, aber unter den Umständen …«
    »Ich mache den besten Pflaumen-Wodka. Ich hole welchen.«
    Caffery lehnt sich zurück und dreht den Kopf, um zu sehen, wie sie in der Küche hantiert. »Darf ich sagen, dass Sie eine ganz Schlimme sind? Wenn ich Alkoholiker wäre – was ich irgendwo sicher bin –, dann sollte bei Ihnen ›Co-Abhängigkeit‹ oder ›Suchthelfer‹ auf der Stirn geschrieben stehen. Ganz abgesehen davon, dass ich noch fahren muss.«
    »Ich mache einen kleinen. Nur zum Probieren. Nur damit Sie mehr davon haben wollen.«
    Er schüttelt den Kopf. Das ist die Sorte Frau, die einen Mann in Schwierigkeiten bringen kann. Unprätentiös und sexy. Die weiß, wie man den Sinnen Nahrung gibt. Offenbar sind ihre Reize auch Graham Handel nicht entgangen. Sie füllt ein winziges Glas mit einer rubinroten Flüssigkeit. Das Licht fängt sich darin und erinnert ihn daran, dass es nicht mehr lang bis Weihnachten ist. Er schnuppert und nippt. Es schmeckt nach hundert verschiedenen Beeren und hundert verschiedenen Kräutern.
    »Forager’s Fayre? Warum hab ich noch nie von Ihnen gehört?«
    »Keine Ahnung. Willkommen in der wilden Einöde von Gloucestershire. Bei den Crusties. Sie sehen meine Kleidung? Jede einzelne Frucht, die ich verarbeite, ist selbst gesammelt – oder ich habe sie von Freunden geschenkt bekommen. Heutzutage laufen Sie rum und sehen die Äpfel auf dem Boden verfaulen. Die Leute machen sich einfach nicht die Mühe, sie aufzuheben. Schon mal bemerkt?«
    »Jetzt, wo Sie es sagen.«
    »Lieber gehen sie in den Supermarkt und kaufen Zeug, das Tausende von Meilen weit weg gewachsen ist, statt zu essen, was hier vor ihrer Nase wächst. Das soll einer verstehen. Wissen Sie, was mein meistverkauftes Produkt ist?«
    »Das war das Erste, was ich Sie gleich fragen wollte.«
    »Holzapfelgelee vom Kirchenparkplatz.«
    »Gelee vom Parkplatz?«
    »Yep.« Sie greift in ein Regal und nimmt ein Glas herunter. »Ein Kirchenparkplatz in Wotton und zehn Holzapfelbäume, die jeden September ihre Früchte abwerfen. Was hat die Diözese mit den Früchten gemacht? Eine Arbeitskolonne, die sie aufsammelt, hat sie nicht losgeschickt, das kann ich Ihnen verraten. Aber sie haben die Seite des Parkplatzes abgesperrt, sodass man dort nicht parken konnte. Es sollte nämlich keine Beschwerden aus der Gemeinde wegen klebriger Autos geben. Hier …«
    Sie kommt zu dem Tisch und öffnet das Glas für ihn. Der Vakuumdeckel gibt ein beruhigendes zwock von sich. Caffery beugt sich hinüber und riecht daran. »Mmmmmm.«
    »Schmecken tut’s noch besser. Hier – ich schenk’s Ihnen.«
    »Danke.« Er nimmt das Glas, schraubt es zu und stellt es vor sich auf den Tisch. Dann verschränkt er die Arme. »Aber jetzt sollten wir uns, glaube ich, unterhalten.«
    »Müssen wir?«
    »Wir müssen. Auch wenn Sie tun, was Sie können, um das Thema zu vermeiden.«
    Sie lächelt, ein halbseitiges, grimmiges Lächeln. »In meiner Lage? Ein Polizist steht plötzlich vor der Tür. Das bedeutet was Schlechtes, was ganz, ganz Schlechtes. Ich kann mir nur vorstellen, es ist wegen Harry – und das möchte ich nicht.«
    »Harry geht es gut. Er sagt, ich soll Sie grüßen.«
    Sie runzelt die Stirn. »Nicht wegen Harry?«
    »Er hat mich hergeschickt, aber es geht ihm gut.«
    Sie macht eine kurze Pause, setzt sich an den Tisch und schaut ihm direkt in die Augen. »Okay – was ist es dann?«
    »Upton Farm. Harry hat mir die Wahrheit gesagt.«
    Sie schweigt lange, und ihr Blick wandert über sein Gesicht. Schließlich schüttelt sie den Kopf. »Also sagen Sie es schon. Bin ich in Schwierigkeiten? Das ist Jahre her – und letzten Endes wüsste ich nicht, wieso das, was wir da getan haben, als Behinderung der Ermittlungsarbeit gelten soll. Ich meine, ich habe es ja angezeigt, und …«
    Ihre Stimme erstirbt. Caffery schüttelt den Kopf.

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