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Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Die Puppe: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppe: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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gute Idee.« Sie streift ihren cremefarbenen Regenmantel über, zieht sich die Kapuze ins Gesicht, und ohne abzuwarten, ob er noch etwas sagt, geht sie zur Tür. Einen Moment später sieht er sie durch das Fenster: Sie hat ihren Autoschlüssel in der Hand und geht mit schnellen Schritten hinüber zum Parkplatz. Die Blinklichter an ihrem Beetle leuchten einmal auf, und sie steigt ein.
    Einen Moment lang sieht er ihr Gesicht im Licht der Armaturenbeleuchtung. Ihr honigblondes Haar hängt kläglich um ihr Gesicht, und er kann sehen, dass sie wieder weint. Dann ist sie durch das Sicherheitstor gefahren und verschwunden, und er starrt ins Leere.
    »Iss-mich«-Kuchen
    Caffery lehnt halb sitzend an der Innenseite des Baumes und hat den Kopf verkrampft zur Seite gedreht wie Alice im Wunderland nach dem »Iss mich«-Kuchen. Er leuchtet den Schlafsack an und fragt sich, wie es sein muss, hier die Nacht zuzubringen. Zumindest ist es windgeschützt. Handel hat diese Gegend als Kind gekannt – er muss sie gekannt haben, denn nicht weit von hier ist die Upton Farm. Aber Caffery weiß nicht genau, was es zu bedeuten hat, dass er hierher zurückgedriftet ist. Nur weil er sich hier auskennt? Oder gibt es noch einen anderen Grund? Unerledigte Angelegenheiten?
    Die Zange, der Draht und die anderen Dinge, die Handel bei Wickes gekauft hat, sind nicht hier. Vielleicht sind sie woanders im Wald. Caffery fängt an, sich rückwärts aus der Baumhöhle hinauszumanövrieren, und zählt im Kopf die Sucheinsätze und Genehmigungen ab, die er brauchen wird. Objektüberwachung. Die Kosten dafür dürfte der Superintendent genehmigen, aber er kann sich nicht vorstellen, dass irgendeiner der Kollegen von der Überwachungseinheit sich darauf freuen wird, diesen Ort zu beobachten. Sie haben ein begrenztes Überstundenkontingent, und das werden sie nicht dafür verplempern. Sie möchten in einem schönen warmen Auto sitzen, nicht im Ornithologendress mit Südwester in eine Flasche pinkeln.
    Etwas baumelt plötzlich vor seinem Gesicht. Er erstarrt halb gebückt. Seine Augen drehen sich langsam zur Seite, und er hebt die Lampe – halb, um sie als Waffe zu benutzen. Der Gegenstand ist nur ein oder zwei Handbreit von seinen Augen entfernt, so nah, dass er einen Moment braucht, um ihn scharf zu sehen. Es ist das grob zusammengenähte Gesicht einer Puppe. Offenbar hat sie über ihm zwischen den Wurzeln geklemmt, und Caffery ist dagegengestoßen. Sie hängt kopfüber an den Beinen und schaukelt noch hin und her.
    Sie trägt alle Merkmale einer Puppe, die Isaac gemacht hat: die Mischung verschiedener Materialien – in diesem Fall ist es toffeefarbenes Kunstleder für die Haut, hochglänzendes Porzellan für das Gesicht, und sie trägt ein merkwürdiges kleines Kleid aus einem Fetzen weißer Spitze. Caffery rührt sie nicht an. Er wühlt seine Brille aus der Jackentasche, setzt sie auf und dreht den Kopf herum, damit er sie im Lampenlicht betrachten kann.
    Ja, sie hat Ähnlichkeit mit den anderen. Aber da ist noch mehr. Die hier ist irgendwie anders, noch scheußlicher. Es ist eine Frau mit langen gelben Wollsträhnen, die blondes Haar darstellen, das beim Baumeln kopfüber hin und her schwingt. Sie ist geknebelt mit einem schmalen Streifen Isolierband. Die Arme sind vor der Brust gekreuzt und festgenäht, und wie zur weiteren Sicherheit sind die Handgelenke mit einer zarten Silberkette gefesselt, die fest herumgeschlungen ist.
    Caffery ist mit Handels Stil inzwischen vertraut genug, um das zu verstehen. Es bedeutet, es gibt eine Frau aus Fleisch und Blut in der realen Welt, für die Handel Pläne hat: Sie ist blond, und in ihrem Kleiderschrank wird ein Spitzenkleid oder eine Bluse mit einem kleinen, unbemerkten Loch hängen. Und in ihrem Schmuckkasten fehlt ein silbernes Armband.
    Eine unglückselige Zwergin
    Der Grundriss der Hochsicherheitsklinik Beechway sieht aus wie die Karte eines antiken Labyrinths – so vielschichtig und facettenreich, dass man sich darin verirren kann. Ein gedrucktes Exemplar hängt eingerahmt in Melanies Büro, und AJ steht jetzt davor und starrt es ausdruckslos an. Vielleicht gibt es in diesem Gebäude etwas, das einen Menschen verschlingen kann. Es hat Pauline und Moses und Zelda verschluckt. Vielleicht ist es jetzt dabei, auch ihn zu verschlucken.
    Er fährt sich mit den Händen durch das Haar, kneift die Augen zusammen und wünscht, er könnte eine Tablette nehmen, wie die Patienten sie bekommen, wenn sie in einen

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