Die Puppenspieler
Verehrerin antiker Kunst war wie ihr Vater. Und eine standesgemäße Mitgift war in diesem Land, das wußte er, so wichtig, daß sie große Familien oft fast ruiniert hatte. Die Wahrscheinlichkeit, daß Mario sich irrte, war daher ziemlich gering.
»Ich hatte daran gedacht, Euch eine der wenigen Gemmen zu zeigen, die ich bei mir habe, eine Darstellung von Psyche und Amor«, sagte Richard nun betont gelangweilt, »aber ich sehe schon, es hat keinen Zweck. Kommt, meine Freunde, wir wollen den edlen Herrn nicht länger aufhalten.«
Sie hatten noch nicht das Ende des Raumes erreicht, als der Verwalter sie zurückrief. Von da an verliefen die Verhandlungen zu Richards Gunsten, und als sie Ferrara verließen, hatten sie zu ihrer eigenen Verwunderung nicht nur einige, sondern alle für den sofortigen Wiederverkauf vorgesehenen Kostbarkeiten losgebracht.
»Eigentlich schade«, meinte Wolfgang Schmitz bedauernd. »So müssen wir gleich nach Florenz zurückkehren.«
»Vielleicht auch nicht.« Mario schnalzte mit der Zunge, um sein Maultier dazu zu bewegen, schneller zu traben. »Riccardo, hast du dir schon einmal überlegt, diese Reise etwas länger auszudehnen? Ich meine, du könntest deinen Verwandten in Venedig besuchen, oder … nun, du hast die Ewige Stadt noch nicht gesehen …?«
»Wer hat mich denn einmal gewarnt, nie einen Fuß nach Rom zu setzen, solange Vittorio de'Pazzi sich dort aufhält?« gab Richard ein wenig spöttisch zurück. »Und Venedig kenne ich bereits. Außerdem – erstens kann ich es kaum erwarten, Meister Eberding die guten Neuigkeiten mitzuteilen, und zweitens gibt er mir dann vielleicht ein paar Tage frei, so daß ich Saviya dafür entschädigen kann, daß sie sich in Florenz langweilen mußte, während wir hier durch die Gegend ziehen. Saviya und ich brauchen wenig Geld, wenn wir zu zweit reisen – und in Pisa sollen ein paar alte Etruskergräber gefunden worden sein.«
Mario schwieg dazu; er kam auch später nicht mehr auf das Thema zu sprechen. Sie brauchten nur zwei Tage für die Rückreise nach Florenz; kurz bevor sie die Porta alla Croce erreichten, trafen sie auf einen weiteren Angestellten des Fondaco, der für Eberding in der näheren Umgebung unterwegs gewesen war, einen der florentinischen Gehilfen namens Matteo Balducci.
Er erkannte sie und begrüßte sie erfreut. »Ah, Messer Riccardo, Messer Wuolfgan'! Ihr ahnt nicht, was hier inzwischen alles geschehen ist!«
»Wir werden's ja gleich erfahren«, murmelte Wolfgang Schmitz gottergeben, denn Balducci galt als der Redseligsten einer. »Caterina Sforza hat versprochen, Gianni de'Medici zu heiraten«, teilte der Florentiner ihnen vergnügt mit, »und das, obwohl es heißt, daß Vittorio de'Pazzi ihr ebenfalls einen Antrag gemacht hat. Il Magnifico richtet schon die Verlobung aus. Fra Savonarola bereitet eine Predigt über entartete Mannsweiber vor, so heißt es, und in Fiesole hat eine Frau ein Kind mit zwei Köpfen zur Welt gebracht. Doch die beste Neuigkeit ist und bleibt immer noch, daß wir jetzt keine Angst mehr vor unerwarteten Überraschungen zu haben brauchen – jetzt, wo wir in Florenz eine Hexe haben, die in die Zukunft sieht wie durch ein Glas.«
»Wahrhaftig?« erkundigte sich Wolfgang Schmitz neugierig. Doch Balducci achtete nicht auf ihn; die plötzliche Wandlung des umgänglichen Messer Riccardo in einen feindseligen Steinbock verwunderte ihn. Richards Lippen bildeten nur noch zwei schmale Striche.
»Ihr solltet nicht soviel dummes Zeug nachplappern«, sagte er ungehalten.
Nun fühlte sich Balducci in seiner Ehre gekränkt. »Ich rede nur von dem, was ich selbst gesehen habe«, protestierte der Florentiner und fügte beleidigt hinzu: »Ihr solltet es doch am besten wissen, schließlich wohnt sie bei Euch.«
Die Hände, in denen die Zügel seines Pferdes ruhten, verkrampften und öffneten sich wieder. »Bei Gott, Balducci«, stieß Richard mühsam beherrscht hervor, »wenn Ihr nicht so dumm wärt, daß es eigentlich fast alles entschuldigt, würdet Ihr dafür bezahlen. So kann ich Euch nur raten, diese Verleumdung nie zu wiederholen, wenn Euch Eure Stellung im Fondaco lieb ist.«
»Er wird es nicht wiederholen«, sagte Mario beruhigend. »Es ist nur Geschwätz, Riccardo, nicht weiter wichtig. Laß uns weiterreiten, wir vertun hier nur kostbare Zeit.«
»Genau«, stimmte Schmitz erleichtert zu, dem die Wendung, welche die Unterhaltung genommen hatte, mehr als unangenehm war. »Reiten wir weiter und zeigen dem
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