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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Zeit wieder mit einem anderen Fürsten der Romagna. Falls der Heilige Vater den Kirchenstaat je wieder unter seine Oberherrschaft bekommen wollte, bräuchte er eine Armee. Aber woher sollte er die nehmen? Von den italienischen Fürsten bestimmt nicht.«
    In diesem Augenblick fügte sich ein weiteres Muster in Richards Kopf zusammen; Bruchteile einer lange zurückliegenden Unterhaltung beim Schachspiel tauchten in ihm auf, er fügte sie mit dem eben Gehörten zusammen und rief wie vom Donner gerührt: »Jakob! Die Schweizer, natürlich!«
    »Wie? Was?« fragte Wolfgang Schmitz neugierig. Richard schüttelte den Kopf und lächelte. »Ach, nichts weiter. Ich mußte nur gerade an einen alten Scherz denken.«
    Er hatte nichts gegen Schmitz, doch das hieß nicht, daß man ihm Vermutungen über Jakob Fuggers Pläne anvertrauen konnte. Während er sich die Witze anhörte, die Schmitz nun zum besten gab, und gelegentlich an den angebrachten Stellen lachte, versuchte er, seine Erkenntnis in Gedanken zu formulieren.
    Schweizer Söldner waren kostspielig, sehr kostspielig; selbst der kriegsbegeisterte Maximilian hatte selten mehr als ein paar Hauptmänner anwerben können. Außerdem ließen sich Fremde nie sehr gut in einheimischen Armeen eingliedern; zu häufig kam es zu zersetzenden Eifersüchteleien.
    »Wer kann sich Schweizer Söldner schon leisten?« hörte er sich über ein Schachbrett gebeugt Jakob fragen. Nun hatte er die Antwort. Der Papst konnte es. Nicht mehr der gegenwärtige Papst; der war nach allem, was man sich erzählte, kaum noch fähig, Audienzen zu geben. Aber sein Nachfolger. Ausländische Söldner waren sogar die einzige Möglichkeit, um gegen die kriegerischen Herren der Romagna vorzugehen; und nur die Kirche konnte sich eine ganze Armee davon leisten. Notfalls mit der gütigen Mithilfe von Jakob Fugger.
    Die Schweizer sind ein unternehmungslustiges Völkchen.
    Aber was bekam Jakob dafür? Mit Vermittlergebühren für eine gute Idee würde er sich kaum zufriedengeben. Was konnte die Kirche dem Unternehmen Fugger geben?
    »Sieh, Riccardo«, sagte Mario und riß ihn aus seinen beunruhigenden Überlegungen. »Ferrara.«
    Ercole d'Este, der Herzog von Ferrara, hatte seinen Ruf als begeisterter Sammler antiker Stücke nicht zu Unrecht. Die Statuen, die seinen weitläufigen Palast schmückten, konnten sich mit denen des Palazzo Medici in Florenz durchaus messen, doch anders als Lorenzo de'Medici hielt es der Herzog für unter seiner Würde, selbst über Neuerwerbungen zu verhandeln. Statt dessen hatten Richard, Wolfgang Schmitz und Mario es mit seinem Verwalter zu tun.
    Richard war kein schlechter Kaufmann, doch am besten kam er mit Kunden und Käufern zurecht, die wie er in die Schönheit seiner Handelsobjekte verliebt waren. Dann konnte er seine ansteckende Freude über das Schöne voll zur Geltung bringen, er konnte Gespräche unter Gleichgesinnten führen, und in dieser Atmosphäre dachten die wenigsten Käufer daran, noch allzusehr zu feilschen. Der Verwalter dachte daran; mehr noch, er mußte davon überzeugt werden, daß die angebotenen Stücke überhaupt sein näheres Interesse verdienten.
    »Und woher soll ich wissen, daß diese Beschreibungen zutreffen?« fragte er zum hundertsten Mal schlechtgelaunt, als sich das Gespräch bereits endlos lange hinzog.
    »Weil sie von drei ehrenwerten Vertretern der Gilden in Florenz unterschrieben und bestätigt sind«, erwiderte Richard geduldig, »und weil ich hier Briefe der bisherigen Eigentümer habe, die …«
    Mario unterbrach ihn und fixierte den Verwalter streng. »Guter Mann«, sagte er herablassend, »für wie dumm haltet Ihr uns eigentlich? Die Tochter des Herzogs heiratet im nächsten Monat seine Exzellenz Francesco Gonzaga, und in Florenz weiß jeder, in welchen Schwierigkeiten Ihr steckt, weil die Prinzessin unbedingt so viele antike Stücke wie möglich als Mitgift mitnehmen und der Herzog sich von keinem trennen will. Wir erweisen Euch also einen großen Gefallen, und wenn Ihr dies nicht bald entsprechend würdigt, dann werden wir in dem Herzog von Urbino zweifellos einen verständnisvolleren Käufer finden.«
    Der Verwalter schaute nur einen Moment betroffen drein, doch Richard hatte es registriert und handelte demgemäß. Er hätte sich ohrfeigen können, nicht selbst auf die Idee gekommen zu sein. Es war natürlich reine Spekulation; alles, was man sich in Florenz erzählte, war, daß die Prinzessin Isabella d'Este eine ebenso leidenschaftliche

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