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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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alten Eberding die Kreditbriefe der Este, er wird sicher Augen und Nase …«
    Möglicherweise lag es an dem ein wenig übereifrigen Drängen seiner Gefährten, vielleicht war es auch der heiße Tag und die Überzeugung, daß ein derartiges Gerede, einmal in Umlauf gesetzt, zu gefährlich war, um es zu dulden: Richard jedenfalls war nicht gesonnen, den Zwischenfall einfach zu übergehen.
    »Ich verlange eine Entschuldigung wegen Eurer Behauptung über Madonna Saviya und Euer Versprechen, daß Ihr so etwas nie wiederholen werdet«, beharrte er.
    Doch die sommerliche Hitze hatte auch auf Balducci ihre Wirkung; er arbeitete vielleicht für die Tedeschi, aber als freier Florentiner war er nicht bereit, sich eine derart ungerechte Behandlung bieten zu lassen.
    »Eine Entschuldigung steht höchstens mir zu«, entrüstete er sich, »und ich werde sie bekommen, o ja. Gehen wir doch zu Messer Salviati – er hat mir erst vorgestern erzählt, daß Eure Hexe ihm heute nachmittag die Zukunft lesen wird!«
    Bisher hatte die Empörung über Richards unerwartete Reaktion die ganze Aufmerksamkeit des Gehilfen in Anspruch genommen, doch nun wurde er gewahr, daß ihm auch der Priester mörderische Blicke zuwarf.
    »Verschwindet, Balducci«, sagte Mario kalt, »ehe ich auf die Idee komme, mit dem Bischof über Euren Umgang mit Hexen zu sprechen.«
    Von dieser Seite hatte es Balducci noch gar nicht betrachtet. Vor einem Jahr noch mochte Florenz eher heidnisch als christlich gewesen sein, doch Savonarola hatte die religiöse Inbrunst der Bürger neu entfacht, und von einem Mitglied des Klerus angezeigt zu werden, war nicht gerade das, was er sich in diesen Zeiten wünschte.
    »Nun, Padre«, begann er unbehaglich, »wenn Ihr es wünscht.«
    »Aber ich wünsche es nicht!« Richards Stimme klang scharf und befehlend. Ihn irritierte, daß es Mario offenkundig eiliger hatte, Balducci loszuwerden, ohne den Verleumdungen gegen Saviya auf den Grund zu gehen.
    »Wir gehen jetzt zu Messer Salviati, und Ihr begleitet uns.«
    »Tu das nicht, Riccardo«, sagte Mario ruhig.
    Richard starrte ihn überrascht an. »Wie meinst du das?«
    »Geh nicht.«
    Das war Verrat von einer Seite, wo er es nicht erwartet hatte, und das brachte ihn nur noch mehr auf. »Anscheinend«, sagte er durch zusammengebissene Zähne hindurch, »hängst du doch immer noch an deinem mönchischen Aberglauben. Wir gehen – Padre!«
    Jacobo Salviati erwartete an diesem Nachmittag keine Gäste, und als man ihm vier Besucher meldete, war er unangenehm berührt. Nicht, daß er etwas zu verbergen gehabt hätte; schließlich war die kleine Zigeunerhexe in ganz Florenz Mode geworden, doch für einen gediegenen Geschäftsmann mochte es doch ein wenig anrüchig sein, derartige Methoden zu benutzen. Immerhin besser, man galt als anrüchig denn als altmodisch und überholt. Seine Verstimmung hob sich jedoch, als er seine Besucher erkannte.
    »Ah, unsere jungen Tedeschi vom Fondaco«, sagte er und ging lächelnd auf sie zu. »Hört, Riccardo, ich müßte es Euch eigentlich übelnehmen, daß Ihr mir die Talente Eurer Schönen so lange verheimlicht habt. Das war kein Freundschaftsdienst, eh?«
    Die Zigeunerin hatte beim Eintritt der vier Männer zunächst eine instinktive Fluchtbewegung gemacht, war dann aber stehengeblieben, ruhig, mit gekreuzten Armen; nur die Tatsache, daß sie reglos auf den Boden schaute, war ungewöhnlich. Sie hatte ihm gegenüber bisher nicht den Eindruck von Bescheidenheit oder Schüchternheit gemacht. Doch es verwunderte ihn noch mehr, daß der sonst so höfliche Riccardo auf seinen Gruß überhaupt nicht antwortete, sondern seinerseits auf die Zigeunerin starrte. Auch seine Begleiter schienen Salviati kaum zu beachten. Der andere Tedesco mit dem unaussprechlichen Namen schaute entsetzlich verlegen drein, Balducci triumphierend, und der junge Mario Volterra, mit dem Salviati fast einmal seine Tochter verlobt hätte, bis der Sohn seines alten Freundes es sich in den Kopf gesetzt hatte, Priester zu werden, wirkte regelrecht verzweifelt.
    »Saviya«, sagte Richard endlich, und seine Stimme war für alle Anwesenden kaum wiederzuerkennen, »hast du Messer Salviati und anderen erzählt, du wärest eine Hexe?«
    Die Zigeunerin hob die Augen, und ihr kühler, fast unbeteiligter Blick traf ihn wie ein Eissplitter ins Herz. »Ja, das habe ich. Und ich habe es getan, weil es stimmt. Frag deinen Freund Mario.«
    Richard drehte sich zu Mario um. »Du wußtest es«, sagte er bitter,

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