Die Puppenspieler
Fleck.
Plötzlich lachte Alexander, und aus dem bedrohlichen Herrscher wurde wieder ein gutmütiger Kirchenfürst. »Santiago, wir waren mit anderen Dingen beschäftigt! Aber wie dem auch sein mag, wir werden uns um diesen irregeleiteten Dominikaner kümmern, und die Verluste, die durch ihn entstanden sind, werden sich schon irgendwie wettmachen lassen. Wir rechnen dabei auf Eure Mithilfe, Messer Giovanni«, fügte er mit einem für Zink bestimmten Kopfnicken hinzu. Dann wandte er sich wieder an Richard.
»Und Ihr – Riccardo war doch Euer Name? Nun, Messer Riccardo, es scheint Euch wahrhaftig nicht an Mut zu fehlen. Wir erwarten, auch von Euch noch öfters zu hören. Grüßt Euren Onkel und versichert ihn unseres Wohlwollens.«
Damit waren sie entlassen, und der Papst fuhr fort, seinem Sekretär zu diktieren, als befänden sie sich schon nicht mehr im Raum. Erst als er den Vatikan verlassen hatte, wo Zink noch mit mehreren Beamten verabredet war, gestattete sich Richard ein erleichtertes Aufatmen.
Somit sollte er eigentlich in der Lage sein, die Vergangenheit endgültig zu begraben – in diesem Fall, dachte er mit einem aufflackernden Zynismus, wohl kaum die passende Wortwahl. Immerhin sah es so aus, als ob sich die Zukunft gut gestalten würde – ihm war es schließlich gelungen, von einem Orsini, der angeblich nur mit Gott sprach, für den heutigen Abend eingeladen zu werden. Wenn man bedachte, wie leicht ihm das gefallen war, dann hatten Zink und die anderen entweder absichtlich maßlos übertrieben, oder der Pfründenvermittler war als Kaufmann doch nicht so gut, wie Jakob glaubte.
Er verbrachte den Rest des Tages damit, die hiesigen Goldschmiede zu überzeugen, daß ein Fremder ebensogut feilschen konnte wie sie und außerdem etwas von Steinen und Gold verstand, und verabschiedete sich von Mario, der mit Giovanni de'Medici für einige Zeit nach Florenz zurückreiste.
Am Abend machte er sich, von dem Fackelträger begleitet, der in Rom nach Sonnenuntergang unabdingbar war, auf den Weg zum Palazzo der Orsini. Niemand wagte es, allein durch die dunklen Gassen zu wandern, und außerdem war ein Fackelträger auch ein Statussymbol, auf das man bei einem Besuch von möglichen Kunden nicht verzichten konnte.
Wenn man bedachte, daß Fabio Orsini einer der beiden mächtigsten Adelsfamilien Roms angehörte, war das Bankett, das er gab, überraschend klein; außer Richard fanden sich nur noch vier oder fünf andere Gäste ein, zum größten Teil ebenfalls Orsinis, wie es schien. Zu Richards Erstaunen kam keiner in Frauenbegleitung, obwohl bis auf einen etwa fünfundvierzigjährigen Mann, den Fabio Orsini als ›mein Freund Vito‹ vorstellte, alle Gäste jung waren.
Ein rotblonder Mann neben Fabio hatte offenbar schon eine ganze Menge getrunken, und die Folgen waren von Becher zu Becher mehr zu erkennen. Mit einem Mal schlug er mit seiner Faust auf den Tisch und schrie: »Gott verdamme alle Katalanen!«
»Amen«, entgegnete Fabio mit boshafter Sanftmütigkeit, »aber schließt das dich nicht ein, Orso? Immerhin ist deine Mutter die Base unseres verehrten Heiligen Vaters, und das macht dich zu einem halben Borgia.«
Der mit ›Orso‹ Angesprochene legte die Arme auf den Tisch und schluchzte: »Ich weiß. Ich muß ihn auch noch als Verwandten empfangen. Dio , wißt Ihr, wie Ercole Colonna, dieser Bastard, Giulia öffentlich genannt hat? ›Die Braut Christi‹! Und das mir!«
»Ihr müßt wissen«, sagte Fabio mit keineswegs gesenkter Stimme zu Richard, »mein Vetter Orso trägt schwer daran, daß seine junge, hübsche Gemahlin, Giulia Farnese, in einem Haus mit der Base und der Tochter des Papstes lebt – als die Geliebte des Papstes.«
»Es ist eine Schande für die Familienehre!« stieß Fabios Nebenmann hervor. »Keiner kann mir einreden, daß der katalanische Hurenbock das nicht von Anfang an beabsichtigt hat, als er Orso die kleine Farnese als Braut anbot. Aber so etwas macht man nicht mit einem Orsini!«
»Sie ist erst neunzehn«, schluchzte Orso Orsini, wurde von einem weiteren Verwandten jedoch barsch abgefertigt: »Das ist doch Nebensache. Es zählt nur, daß der Borgia, statt uns für unsere Unterstützung während des Konklaves zu danken, uns seit seiner Wahl unausgesetzt beleidigt.«
»Warum habt Ihr ihn überhaupt unterstützt?« ergriff Fabio Orsinis Freund Vito liebenswürdig zum ersten Mal das Wort. In Richard rief seine Stimme ein fast vergessenes Echo wach. Er war sich sicher, diesem
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