Die Puppenspieler
Nahesitzenden schauten auf ihn, Veronika und ihr Gemahl mißbilligend, Georg verwundert, Magister Pantinger interessiert, Sybille leicht besorgt.
Aber es war Jakob, den er ansah, als er antwortete. »In Ungarn«, sagte er nervös und versuchte, den Augen, die das Kerzenlicht zu einem intensiven Braun verdunkelt hatte, nicht auszuweichen. Er hatte sich diese Angelegenheit sorgfältig überlegt und hoffte, es würde ihm gelingen, Jakob einmal zu verblüffen. Ihr haltet Euch für so klug, dachte er, während er Jakob anschaute. Vielleicht seid Ihr das, aber ich bin es auch, und es macht mir nicht das geringste aus, wenn ich jetzt weggeschickt werde. Nicht das geringste.
»Der ungarische König Wladislaw hat keine Kinder, und es war nie ein Geheimnis gewesen, daß die Habsburger nach der Stephanskrone streben. Dazu wird der König die Mitgift brauchen, und deswegen«, seine Stimme wurde leise, fast unhörbar, »habt Ihr die Ehe für ihn vermittelt.«
Es herrschte nun Totenstille. Jakob verzog den Mund. »Welchen Vorteil«, fragte er, und seine Stimme war ausdruckslos, »hätte ich wohl von einem Krieg mit Ungarn?«
Richard biß sich auf seine Lippen, löste seinen Blick von Jakob und schaute schnell auf die zahlreichen Zuhörer, die sie hatten. Er entschied sich, griechisch zu antworten, denn er wußte fast sicher, daß außer Jakob nur Konrad Pantinger und vielleicht Sybille diese Sprache beherrschten, während einige lateinische Brocken, gerade genug, um etwas zu verstehen, selbst für Ulrich kein Geheimnis waren. »Die ungarischen Kupfervorkommen«, sagte er schnell.
Er merkte sofort, daß er einen Fehler gemacht hatte. Hänsle wurde zwar von Anselm längst nicht mehr im Griechischen unterrichtet, da er sich als hoffnungslos erwiesen hatte und diese Sprache für einen zukünftigen Kaufmann nicht unbedingt notwendig war, aber offensichtlich hatte er noch einige wenige Worte im Gedächtnis bewahrt. Zu viele. Er flüsterte seinem Vater etwas ins Ohr, und Ulrich Fugger sprang empört auf.
»Jakob, damit ist bewiesen, daß diese kleine Schlange, die du am Busen nährst, lauscht! Ich möchte nur wissen, wie er so oft in das Kontor kommen konnte!«
Jakob verschränkte die Hände. »Er ist es nicht, Ulrich, keine Sorge.« Er wandte sich wieder dem Neffen seiner Gemahlin zu. »Richard«, sagte er in seinem gewohnt kühlen, undurchsichtigen Ton, »gebraucht nur seinen Verstand.«
Sybille hatte ihren Gemahl ebenfalls während der letzten Minuten nicht aus den Augen gelassen und entschied sich nun, einzugreifen. Bewußt leichtfertig sagte sie: »Ach, Jakob, was für ein schlechter Gastgeber bist du doch – du fängst mit einer Hochzeit an und hörst mit einem Krieg auf! Solltest du uns nicht lieber ein wenig mehr über die Braut erzählen? Die Sforza sind das bedeutendste Herrschergeschlecht Italiens, oder?«
Konrad Pantinger nahm den Faden auf, und sie warf ihm einen dankbaren Blick zu, als er anstelle ihres Gemahls antwortete: »Oh, Frau Sybille, ich weiß nicht, ob man das so sagen kann. Lodovico Sforza ist sicher einer der reichsten Herrscher, aber der bedeutendste? Da ist noch Ferrante von Neapel, skrupellos und tückisch wie der Teufel. Da sind die Este in Ferrara – sie werden auch immer einflußreicher. Und da ist vor allem Lorenzo de'Medici in Florenz.«
Die Spannung, die an der Tafel geherrscht hatte, ließ nach. »Lorenzo de'Medici«, murmelte Sybille nachdenklich. »Das ist der Herzog von Florenz, nicht wahr?«
Pantinger lachte. »O nein. Florenz ist kein Herzogtum, und ein Florentiner wäre gewiß sehr erzürnt, wenn er Euch das sagen hörte. Sie sind alle sehr stolz darauf, eine Republik zu sein – die einzige in Italien, außer Venedig.«
»Aber wenn Florenz eine Republik ist«, fragte Richard, »wie kann die Stadt dann einen Herrscher haben?« Er runzelte die Stirn. »Ich dachte, die Medici seien Kaufleute.«
»Das sind sie«, sagte Georg lachend. »Ich darf sagen, wir wären alle sehr viel glücklicher, wenn sie nicht ganz so erfolgreich in diesem Gewerbe wären – stimmt das nicht, Jakob?«
Sein Bruder zuckte die Achseln. »Es wird nicht mehr lange dauern. Ein Mann kann unmöglich einen Stadtstaat und eine Bank gleichzeitig lenken.«
Heinrich Meutting, Anna Fuggers ältester Sohn, brach in Gelächter aus. »Das sagt der Richtige«, stieß er hervor, als er wieder zu Atem kam. »Was tut Ihr denn, wenn man fragen darf, Onkel? Muß nicht selbst König Max auf einen Feldzug verzichten, wenn Ihr
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