Die Puppenspieler
erlebt, als er für Jakob zu König Maximilian gereist war.
Maximilian, Kaiser in allem, nur dem Namen nach nicht, hatte es sich schon längst in den Kopf gesetzt, zum ruhmreichsten Feldherrn seiner Zeit zu werden, ein Vorhaben, das sein Vater mit großer Mißbilligung betrachtete. Friedrich III. hatte seit seinem Amtsantritt alle seine Zeitgenossen durch seine Friedensliebe irritiert, doch nun war er zu alt und zu krank, um seinem kriegerischen Sohn noch Einhalt zu gebieten.
Wenn Friedrich seiner Zeit voraus gewesen war, so hinkte Maximilian ihr hinterher, denn die heroischen Schlachten, die wie Turnierkämpfe abliefen, und die er sich vorstellte, gab es nur in der Legende. Turnierkämpfe waren denn auch das einzige Gebiet, in dem sich König Max allen anderen weit überlegen zeigte. Seine wirklichen Kriege verliefen ebenso zäh wie hoffnungslos.
Die Auseinandersetzung mit dem listigen französischen König, der es erreicht hatte, daß Ferdinand von Aragon Maximilian seine Unterstützung entzog, war an einem toten Punkt angelangt gewesen, doch Max konnte sich seiner Ehre wegen nicht zurückziehen. Nach dem Tod seiner ersten Gemahlin, Marie von Burgund, hatte er um Anne de Bretagne angehalten, eine der schönsten und reichsten Erbinnen auf dem Heiratsmarkt. Doch während er sich noch auf Brautfahrt befand, flüchtete sich Anne in die Arme des französischen Königs, ein Skandal, der Maximilian zur Spottfigur in ganz Europa werden ließ. Sofort hatte er dem Franzosen den Fehdehandschuh hingeworfen und befand sich nun in der ausweglosen Situation, einen Krieg weder fortführen noch abbrechen zu können.
An diesem Punkt war ihm Jakob zu Hilfe gekommen. Der Fugger hatte längst auch Beziehungen zu den Franzosen aufgebaut und schickte nun gleichzeitig seinen Bruder Georg in Maximilians Lager, um diesem die Möglichkeit zu geben, endlich seine leise rebellierenden Schweizer Söldner zu bezahlen, und einen Vertrauten ins Lager Frankreichs, um mit ähnlicher Überredungskraft auf einen Friedensschluß zu drängen. Georg lächelte in Erinnerung an den Frieden von Senlis, nach dem beide Seiten dem Unternehmen Ulrich Fugger und Gebrüder dankbar die großzügigsten Handelsbedingungen eingeräumt hatten. Das brachte ihn auf Maximilians neueste Pläne, und er rief seinem Bruder zu: »Jakob, hat der König wegen der Sforza auf dich gehört?«
Gleich darauf hätte er sich die Zunge abbeißen können. Was, wenn diese Sache noch immer geheim war? Doch Jakob ließ kein Zeichen von Ärger erkennen. Er nickte und entgegnete: »Es ist jetzt offiziell. Er hat bei dem Mailänder um sie angehalten.«
Er wandte sich seiner Gemahlin zu und erklärte: »Wahrscheinlich wird Bianca Maria Sforza, die Nichte des Regenten von Mailand, unsere nächste Königin. Es sollte mich nicht wundern, wenn Max uns nächstes Jahr mit ihr einen Besuch in Augsburg abstattet.« Ein mokantes Lächeln spielte um seine Lippen.
»Könige lassen sich gerne bewirten, wenn es nichts kostet, und ihm wird daran liegen, unsere guten Beziehungen zu pflegen. Ich bezweifle nämlich, daß Maximilian die vierhunderttausend Dukaten Mitgift, die Bianca in die Ehe bringen wird, zur Tilgung seiner Schulden bei mir verwendet.«
»Vierhunderttausend Dukaten«, wiederholte Ulrich, der zugehört hatte, ehrfürchtig, während Sybille aufgeregt fragte: »Du meinst wirklich, daß der König zu uns kommen wird?«
Jakob hob den Becher aus edlem Bergkristall, in dem dunkel der Wein schimmert, an seine Lippen. »Warum nicht?«
Ulrichs Ältester fragte mit gerunzelter Stirn: »Aber könnte es nicht sein, daß der König wenigstens ein bißchen von der Mitgift Euch gibt, Onkel? Er ist doch ohnehin schon hoffnungslos verschuldet?«
»Aber er wird die Mitgift und noch mehr für seinen nächsten Krieg brauchen«, wandte Richard ein.
Jakob blickte ihn an. »Und wo, meinst du«, fragte er gedehnt, »wird Maximilian als nächstes Krieg führen?«
Ulrich lachte. »Ach was, Bruder, wir wissen doch alle, daß er früher oder später einen neuen Krieg anfangen wird. Wenn es je einen Mann gegeben hat, der nicht stillsitzen konnte …«
Jakob schüttelte den Kopf. Er schaute immer noch auf Richard. »Ich hatte nicht den Eindruck, daß der Junge die Bemerkung so hingesagt hat. Also, Richard, wo wird der König als nächstes Krieg führen?«
Richard schluckte. Plötzlich schien ihm die Aufmerksamkeit der ganzen Tafel zu gelten. Die Gespräche waren zum größten Teil verstummt, und alle
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