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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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behandeln wie seinen Vorgänger Sigismund. Also versuchte er, statt bei uns bei den elenden Gossembrots und Welsern hier in Augsburg, den Vöhlin in Memmingen und sogar bei dem Versager aus Bayern, diesem Baumgartner, ein Darlehen aufzunehmen. Wir hätten dumm ausgesehen, wenn ihm das gelungen wäre, aber Jakob hat es irgendwie schon erfahren, bevor die Darlehensgesuche überhaupt abgeschickt worden waren.« Ulrich warf seinem jüngeren Bruder einen verschmitzten Blick zu.
    »Man hat es dir aus lauter Freundlichkeit erzählt, nicht wahr, Jakob? Nun, Hänsle, als dein Onkel hier das hörte, schickte er der Innsbrucker Raitkammer eine Nachricht, er sehe sich bedauerlicherweise gezwungen, sich aus Tirol und allen Geschäften mit dem Haus Habsburg zurückzuziehen. Sofort liefen alle Hofschranzen zu Maximilian und beschworen ihn, doch den Fugger wieder zu versöhnen. Und nach einigem Hin und Her und ein paar Rechnungen, die ihm vorgelegt wurden, ließ sich der gute Max breitschlagen. Seither ist er sich im klaren darüber, bei wem er sich Geld zu holen hat. Nicht, daß wir etwas dagegen haben, wenn er sich hin und wieder bei anderen ein klein wenig borgt. Aber wir sind die Hauptgläubiger.«
    Jakob hatte die letzten Sätze gehört und sagte spöttisch: »Maximilian und ich, wir verstehen uns. Er traut mir nicht, und ich traue ihm nicht. Und damit kommen wir sehr weit. Was sagt die Heilige Schrift noch über Toren, die ihr Vertrauen in Fürsten setzen, Richard?«
    Der Junge hob den Kopf. »Ich weiß es nicht«, sagte er tonlos, obwohl sich eine Spur von Aufsässigkeit in seinem mageren Gesicht erkennen ließ. Jakob stand abrupt auf.
    »Nun, ich stelle fest, daß man deine Erziehung vernachlässigt hat. Da Anselm nicht hier ist, muß ich das wohl selbst nachholen. Komm bitte mit.«
    Die Familie starrte den beiden sprachlos nach, als sie den Raum verließen, Jakob gemessen wie immer, Richard steif und hölzern.
    »Bei Gott«, sagte Ulrich schließlich verständnislos, »was hat er denn nur?«
    Veronika blickte Sybille an. »Vielleicht erkennt der gute Jakob jetzt«, sagte sie süß, »was für Schmarotzer arme Verwandte doch sein können.«
    Jakob hatte sich mit Richard in einen der mittleren Räume des Haupttrakts zurückgezogen. In dem Halbdunkel, das in diesem Zimmer herrschte, war sein Gesicht kaum zu erkennen. Während des Gangs hierher hatte er kein Wort gesprochen.
    »So«, sagte er jetzt. »Nachdem du dich einige Wochen in Selbstmitleid gewälzt und dein Möglichstes getan hast, damit ich dich hier hinauswerfe, würde ich gerne wissen, wann du gedenkst, dieses Theater endlich zu beenden!«
    Durch die unvermutete Brutalität des Angriffs getroffen, schlug Richard zurück. Es war ihm gleichgültig, ob Jakob ihn auf die Straße setzte, es war ihm überhaupt alles gleichgültig und immer gleichgültig gewesen.
    »Das könnt Ihr nicht verstehen, nicht wahr, Onkel – daß jemand nicht das tut, was der vollkommene Jakob Fugger von ihm erwartet!«
    Jakobs Gestalt verschwamm im Dunkeln. »Weiter.«
    »Ich weiß, warum Ihr mich nicht hinausgeworfen habt. Ihr habt noch etwas mit mir vor. Ihr gebraucht überhaupt alle Menschen wie die fahrenden Puppenspieler! Die ganze Familie ist nur dazu da, um von Euch benutzt zu werden, wie Anna heute abend für das ungarische Erz!«
    Richard hatte sich in Hitze geredet und vergaß, daß er mit der letzten Bemerkung verriet, daß er den Ereignissen in der letzten Zeit, einschließlich des Tischgesprächs, doch mehr Aufmerksamkeit gezollt hatte, als er zugeben wollte. Es war eine Erleichterung, jemanden verwunden zu können. Nur gab Jakob ein höchst unbefriedigendes Ziel für eine solche Attacke ab, und das brachte ihn nur noch mehr auf.
    »Ihr seid auch ein Puppenspieler, ein riesiger Puppenspieler, kalt wie Stein und gerissen wie der Teufel. ›Trauet den Fürsten nicht‹ hieß doch das Zitat, das Ihr gesucht habt? Keine Sorge, ich bin gut unterrichtet worden, Onkel. Ich wette, Ihr seid in Eurem Kloster nicht so sehr mit der Bibel traktiert worden wie ich in meinem. Nun, ich habe noch ein Zitat für Euch. ›Eher geht ein Tau durch ein Nadelöhr als ein Reicher in das Himmelreich.‹ Wie gefällt Euch das? War es nicht klug von den Mönchen, mir das beizubringen?«
    »Du hast ziemlich lange gebraucht, bis du darauf gekommen bist«, erwiderte Jakob, und seine Stimme war undeutbar. »Die Mönche. Das Kloster. Es fehlt nur noch deine Mutter, die Hexe.«
    »Sie war keine Hexe!«
    Seit mehr

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