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Die Puppenspieler

Die Puppenspieler

Titel: Die Puppenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Anna verlobt.«
    Damit ließ er sich auf seinen Stuhl sinken. Seine Gattin und seine älteste Tochter, die den Namen seiner Schwester trug, bestürmten ihn mit Fragen.
    »Mit wem? Wie alt ist er? Stammt er aus Augsburg?«
    Ulrich schaute hilfesuchend zu Jakob auf, der sich gerade in aller Gemütsruhe neben Sybille setzte. Jakob enttäuschte ihn nicht.
    »Dein zukünftiger Gemahl, Anna«, erklärte er, an seine Nichte gewandt, »heißt Georg Thurzo, der Sohn eines reichen Ungarn.«
    »Ein Ungar!« Veronika war entgeistert. »Aber das sind doch Heiden!«
    Jakob verzog den Mund. »Sie sind so christlich wie du und ich, meine Liebe, und das seit Jahrhunderten.« Sein Blick streifte kurz Richard, doch der Junge saß so teilnahmslos wie vorher da.
    Veronika indessen war entschlossen, ihren Schwager diesmal zu ignorieren. »Du kannst doch unsere Tochter unmöglich einem dahergelaufenen Abenteurer aus Ungarn versprechen«, sagte sie fassungslos, »unsere Anna, um die ganz Augsburg sich reißt!«
    Ulrich sackte noch mehr in sich zusammen. Jakob lächelte ein wenig.
    »Teuerste Veronika«, sagte er freundlich, »Georgs Vater, Johann Thurzo, ist einer der berühmtesten Bergbauingenieure und außerdem Teilhaber einer bedeutenden Gesellschaft, dem ›Gemeinen Ungarischen Handel‹, mit nicht weniger als fünfzig Prozent.«
    Veronika saß in ohnmächtiger Wut da, hielt die Hand ihrer Tochter, die sich noch nicht von dem Schrecken erholt hatte, und verfluchte stumm Ulrichs Bruder und Ulrichs mangelndes Rückgrat, während Jakob ruhig fortfuhr: »Ich denke, der Besuch des Königs in unserem Haus wird die geeignete Gelegenheit sein, um die Verlobung offiziell zu verkünden. Meinst du nicht auch, Schwägerin Veronika?«
    Veronikas Lippen bewegten sich. »Der Besuch … der Besuch des Königs?« stammelte sie. »Der König kommt hierher? In unser Haus?«
    »In der Tat. Seine Majestät fällte den Entschluß etwas plötzlich, und um unseren Bürgermeister nicht unnötig zu belasten, bot ich mich als Ersatzlösung an.«
    Sybille, die von Jakob schon vorher unterrichtet worden war, verbiß sich ein Lachen. Bürgermeister war in diesem Jahr Anton Welser. Die Welser waren seit einigen Generationen Augsburgs bekannteste Kaufleute, die größten Rivalen der Fugger und hatten den unschätzbaren Vorteil, vom Stadtpatriziat längst anerkannt zu sein. Daß Maximilian bei einem Besuch Augsburgs nicht bei ihm, sondern beim neureichen Fugger wohnte, würde ein schwerer Schlag für Anton Welser sein.
    Und wie gut Jakob Veronikas Sucht nach ein wenig Adelsherrlichkeit doch eingeschätzt hatte! Man sah ihr an, daß ihr langsam dämmerte, was das alles bedeuten konnte. Der Name ihrer Tochter verbunden mit einem Besuch des Königs in ihrem Haus! Sie protestierte nicht länger.
    »Seine Majestät dürfte auch bereit sein, die Verlobung persönlich zu verkünden«, sagte Jakob, und das brachte Veronika endgültig zum Schweigen.
    »Wann kommt der König?« fragte eine von Annas jüngeren Schwestern aufgeregt.
    »Im Herbst«, entgegnete ihr Onkel. »Zur Jagdzeit.«
    Johann Thurzo hatte ihm versichert, daß zu diesem Zeitpunkt die Verhandlungen mit allen größeren Kupfergruben Ungarns, die er sofort in Gang gesetzt hatte, abgeschlossen sein würden.
    An der riesigen, eichenen Tafel wurde nur noch von Annas Verlobung und dem Besuch des Königs gesprochen. Ursula, die Anna dem Alter nach am nächsten stand und die Abneigung ihrer Mutter gegen Sybille nicht teilte, fragte: »Was ist der König für ein Mensch, Tante? Ihr habt ihn doch kennengelernt, nicht wahr?«
    Sybille nickte. »Ja, kurz nach meiner Heirat, als Jakob mich zum Hof mitnahm.« Sie überlegte. »Er ist sehr groß, ritterlich gegenüber den Damen, freundlich gegen die Herren. Von seinen berühmten Wutausbrüchen habe ich nichts gesehen, so daß …«
    »Sei froh drum, Schwägerin«, unterbrach sie Ulrich lachend. Er hatte sich wieder erholt und nahm an dem lebhaften Geschwätz fröhlich Anteil. »Was meinst du, wie er damals geflucht hat, als es ihm mißlungen ist, uns übers Ohr zu hauen. Einen Fugger legt man nicht herein!«
    »Er hat versucht, Euch übers Ohr zu hauen, Papa?« fragte Hänsle neugierig. »Wann? Wie wollte er das machen?«
    Ulrich grinste. Das war eine Geschichte, so recht nach seinem Herzen, etwas, das er verstand, nicht so wie Jakobs ständige geheimnisvolle Auslandsprojekte.
    »Ach, nachdem wir ihm Tirol besorgt hatten, befürchtete der gute Max, wir könnten ihn ebenso

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