Die Puppenspieler
erfolgreich wäre …«
Aus dem Getümmel rief eine Stimme nach ihm, und Pantinger erkannte einen seiner Studiosi. Bedauernd verabschiedete er sich von Richard. Er hatte den Jungen gern und freute sich an seiner Wißbegier. Richard sagte noch hastig: »Das Epos, Magister … könnt Ihr es mir besorgen?«
Pantinger wußte, daß Richard schon längere Zeit dabei war, die Mundarten zu lernen, die jenseits der Alpen gesprochen wurden, was nicht so einfach war, weil es dafür keine Lehrbücher oder Lexika gab. Doch mehrere der Fuggerschen Angestellten waren in Italien gewesen, teils aus eigenem Antrieb, teils, weil Jakob es für die beste Möglichkeit hielt, zukünftige Kontoristen und Kaufleute zu schulen. Der Kaufmann hatte seine Zeit in Venedig nie vergessen und unterschrieb seine Briefe immer noch mit ›Jacobo Fugger‹.
Richard hatte eine gewandte Zunge und ein gutes Gedächtnis und hatte mehr als einen der zahlreichen Schreiber und Kontorangestellten überredet, ihm gelegentlich ein wenig Venezianisch beizubringen.
»Glaubst du denn, daß du schon soweit bist, daß du es lesen könntest?« fragte Pantinger zweifelnd. Richard nickte heftig. »Und wenn ich es nicht bin, dann lerne ich es während des Lesens!«
Er hoffte, Jakob bald mit einer flüssigen Unterhaltung beeindrucken zu können. Schon jetzt hätte er sich wohl einigermaßen verständlich machen können, unterstützt von Gesten, doch er wollte mehr, als die ›Volkssprache‹ nur radezubrechen.
Aufgeregt und neugierig stand Richard unter den Augsburgern, als Maximilian, von Jagdhunden und Höflingen umgeben, seinen Einzug hielt. Der König gab sich nicht besonders prunkvoll, da er seinen Hof für Kriegszüge beweglich halten mußte. Trotzdem wurde die Ankunft ein gewaltiges Spektakel, und die Augsburger reckten die Hälse, um die in leuchtende Farben gekleideten Herren, die voranritten, zu identifizieren.
»Der Kleine dort, das ist gewiß Andreas von Liechtenstein, des Königs erster Ratgeber!«
»Ihr versteht auch gar nichts von Wappen, Nachbarin. Das ist Christoph von Welsperg, sein Kämmerer!«
»Ihr seid's, die nichts versteht. Habt Ihr denn nicht gesehen, daß …«
Als Maximilian persönlich erschien, brachen seine Untertanen in Jubel aus. Der Frieden schien gesichert, für den Augenblick wenigstens, er würde keine Soldaten mehr brauchen, und es war leicht, ihm zuzujubeln. War er nicht eine strahlende Erscheinung, so ganz anders als sein alter Vater, der Kaiser, der so krank war, daß er kaum noch verstand, was im Reich vor sich ging, und die Regierungsgeschäfte seinem Sohn übertragen hatte?
Maximilian umgab sich mit der Aureole eines ritterlichen Helden. Die hängende Unterlippe, das berühmte Familienmerkmal aller Habsburger, war der einzige Makel an seiner würdevollen Erscheinung. Doch sie verschwand, als er den Augsburgern freundlich zulächelte und winkte. Es war ein Freudentag, und nur wenigen kam es in den Sinn, daß die Vorsicht und Friedensliebe des alten Friedrich vielleicht besser für das Reich gewesen waren als Maximilians Ritterträume.
Maximilian trug keine Rüstung. Obwohl kein Jüngling mehr, schwang er sich mit einer Eleganz von seinem weißen Hengst, um die ihn ein jüngerer Mann hätte beneiden können. Ein seltsamer Zufall hatte ihn im selben Jahr, am selben Tag wie Jakob Fugger zur Welt kommen lassen. Er begrüßte den niederknienden Bürgermeister und die Stadträte gnädig und wandte sich dann sofort der Gestalt im braunen Pelzmantel zu, die höflich im Hintergrund wartete.
»Mein lieber Fugger!« Der König hatte eine tiefe, befehlsgewohnte Stimme, die über die Köpfe der Augsburger hinwegklang. In dem weiten Gehöft am Rindermarkt hatten sich zahllose Stadtbewohner zusammengedrängt, um zu beobachten, wie Jakob seinen königlichen Gast willkommen hieß. Ein Raunen erhob sich, als Jakob niederkniete und sofort von Maximilian aufgehoben und flüchtig umarmt wurde. Kein Zweifel, Jakob Fugger stand in allerhöchster Gunst!
Er stellte dem König, wie es sich ziemte, zuerst Ulrich und Veronika vor, dann begrüßten Georg und dessen Gemahlin den Herrscher. Richard, der zwischen Hänsle und Sybille kniete, überlegte, ob Maximilian, ›der gute Max‹, wie ihn Ulrich Fugger gelegentlich nannte, beim Anblick Georgs wohl an die peinliche Situation während seines französischen Feldzugs dachte, als er seine Schweizer Söldner nicht hatte ausbezahlen können.
Nachdem somit der Familienhierarchie Genüge getan war,
Weitere Kostenlose Bücher