Die pure Versuchung
besessen von ihr. Dabei wollte er nicht einfach nur mit ihr schlafen. Er wollte mehr – mit ihr zusammen sein, sie in der Küche beobachten, ihr Lachen hören, sie nachts nah bei sich spüren.
Er zog sich aus. Als er im Bett lag, starrte er die Zimmerdecke an und dachte an alles, was in den letzten Tagen passiert war. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er glauben können, er sei verliebt. Aber das war natürlich unmöglich.
Sein Leben war ziemlich aus den Fugen geraten. Er hatte gar keine Zeit für eine Beziehung, auch nicht für eine unverbindliche. Allerdings wusste er, dass seine Gefühle Shannon gegenüber keineswegs unverbindlich waren. Heute Nacht war er jedoch zu müde, um sich über seine Beziehung zu ihr klar zu werden. Er drehte sich auf die Seite und machte die Augen zu. Die Vorstellung, dass sie morgen früh der erste Mensch sein würde, den er sah, gefiel ihm.
Das Nächste, was Dan wahrnahm, war ein lautes Hämmern irgendwo in der Nähe. Benommen setzte er sich auf. Sein Wecker zeigte sechs Uhr an.
Was war los? Draußen war es noch dunkel.
Das Hämmern ging weiter, und jetzt erkannte er, dass es von seiner Wohnungstür kam. Da er einen Notfall vermutete, sprang er aus dem Bett, schnappte sich seine Jeans und rannte, nachdem er sie angezogen hatte, zur Tür. Er riss sie auf und hielt perplex inne.
Vor ihm stand ein stämmiger Fremder, der ein gutes Stück größer und breiter war als Dan und ihn finster anstarrte. „Wo zum Teufel ist sie?“
„Wie?“ Dan strich sich die Haare aus dem Gesicht, zog den Reißverschluss seiner Jeans hoch und versuchte aus der Situation schlau zu werden.
„Willst du etwa abstreiten, dass sie hier ist?“, fragte der Fremde, der Dan vage bekannt vorkam, streitlustig.
Das war keine angenehme Art, morgens geweckt zu werden. Dan stemmte die Hände in die Hüften. „Wovon sprechen Sie überhaupt? Und wer sind Sie?“
Kaum hatte er die Frage ausgesprochen, wusste er, wen er vor sich hatte – der Kerl war Buddy Doyle, Shannons Bruder. Ihr sehr großer und sehr wütender Bruder. Und aus irgendeinem unbekannten Grund war er furchtbar zornig auf Dan.
Buddy wollte gerade wieder etwas sagen, als er über Dans Schulter spähte. Dan drehte sich um und entdeckte Shannon hinter sich.
„Buddy, was machst du denn hier?“, rief sie verblüfft.
Dan wandte sich wieder Buddy zu. Dummerweise hatte der gerade ausgeholt und traf ihn daher genau am Kinn. Der Schlag ließ Dan rückwärtstaumeln und in seinem Wohnzimmer auf dem Gesäß landen.
Buddy folgte ihm in die Wohnung und warf die Tür hinter sich zu. „Du hältst dich vielleicht für zu wichtig, um uns normalen Sterblichen Respekt entgegenzubringen, Crenshaw. Aber damit kommst du nicht durch.“
„Buddy!“, schrie Shannon und kniete sich neben Dan. „Was ist nur in dich gefahren! Hast du den Verstand verloren?“ Nur vage registrierte Dan, dass sie eine Art Nachthemd trug, das ihr knapp bis zu den Oberschenkeln reichte.
„Das musst du gerade sagen“, fuhr er sie grimmig an. „Verrate mir lieber, wer oder was dich dazu gebracht hat, jeden Sinn für Anstand zu verlieren!“
Dan berührte vorsichtig sein Kinn, um sicherzugehen, dass sein Kiefer nicht gebrochen war, während Shannon ihm besorgt über die Wange strich.
Dan schob ihre Hand weg. „Du verstehst das ganz falsch, Buddy“, brachte er mühsam hervor. Sein Kiefer fühlte sich taub an, aber er fürchtete, dass das Gefühl jeden Moment zurückkehren konnte.
„Ach ja?“, meinte Buddy. „Willst du etwa behaupten, dass du nicht mit ihr geschlafen hast?“
Dan schloss die Augen, rieb sich die Stirn und versuchte seine Gedanken zu ordnen.
Shannon sprang auf und stellte sich ihrem Bruder entgegen. „Es geht dich absolut nichts an, was ich mache!“, rief sie empört. „Ich bin fast dreißig Jahre alt, um Himmels willen! Ich brauche keinen Aufpasser.“
„Wenn dieser Bastard mit dir geschlafen hat, hast du nicht bloß einen Aufpasser, sondern auch noch einen zukünftigen Ehemann.“ Er starrte Dan wütend an, der es vorgezogen hatte, auf dem Fußboden sitzen zu bleiben, während die Doyles ihren Familienstreit austrugen. Er brauchte keine weitere Erinnerung an Buddys legendäre Kraft.
Buddys finsterer Blick war nach wie vor auf Dan gerichtet. „Sag mir, dass du nicht mit ihr geschlafen hast, und ich werde mich dafür entschuldigen, dass ich aus dieser Situation voreilige Schlüsse gezogen habe.“ Er schaute sich in dem Zimmer um, betrachtete
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