Die pure Versuchung
um ein paar Geschäfte kümmern. Falls wir uns nicht wiedersehen, wünsche ich Ihnen eine angenehme Rückreise zur Insel.“
Dan folgte Shannon in ihre Kabine. Sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, fragte sie: „Was hat das zu bedeuten?“
„Er musste eine Entscheidung treffen, was uns anging. Und er entschied, dass wir ihm keinen Ärger machen werden, womit er vollkommen recht hat.“
„Wieso hat er dir so viel Geld gegeben?“
„Wer weiß? Für ihn ist das wahrscheinlich nicht viel. Wie hat dir der kleine Vortrag über die Einstellung zur Ehe gefallen?“
„Um ehrlich zu sein, ich stimme Guardino zu. Nicht, dass ich mir jemals großartig Gedanken darüber gemacht habe. Aber ich finde, die Risiken sind zu groß, um achtlos zu sein.“
„Freut mich, das zu hören. Ich hatte schon den Eindruck, dass ich dich letzte Nacht enttäuscht habe.“
Shannon errötete. „Keineswegs“, erwiderte sie verlegen.
„Hätten wir Kondome gehabt, wäre ich sicher nicht so nobel gewesen.“
Sie grinste. „Ich bin froh, dass wenigstens einer von uns einen kühlen Kopf behalten hat. Jetzt kann ich ja zugeben, dass es mit mir ein wenig durchgegangen ist.“
„Wirklich? Darauf wäre ich nie gekommen.“ Er rieb sich erneut das Kinn. „Du und Guardino, ihr verwandelt mich am Ende wieder in ein präsentables menschliches Wesen.“
„Ich habe dir nicht gesagt, dass du dich rasieren sollst.“
„Nicht mit Worten. Aber deine Blicke sprechen Bände.“
„Tatsächlich?“
„Jetzt zum Beispiel.“ Er kam näher.
„Ja?“ Sie legte den Kopf zurück, um den Blickkontakt aufrechtzuerhalten. „Und was genau sagen sie?“
Er grinste, legte den Arm um sie und drückte sie an sich. „Dass du meine Selbstbeherrschung zu schätzen weißt – innerhalb gewisser Grenzen.“
Sein Kuss war diesmal alles andere als zögernd, sondern Ausdruck seiner glühenden Begierde. Und dieses Feuer griff sofort auf Shannon über. Ihr letzter Gedanke, bevor sie sich ganz diesem Kuss hingab, war, dass sie besser darauf achten sollte, was ihre Blicke ihm sagten – denn offenbar konnten sie ein Geheimnis nicht für sich behalten.
Um ein Uhr erreichten Dan und Shannon mit der Barkasse den Hafen von Galveston. Der starke Wind trieb den Regen landeinwärts. Glücklicherweise hatte Guardino, den sie nicht mehr gesehen hatten, nachdem sie in ihre Kabine gegangen waren, ihnen Öljacken mit Kapuzen bringen lassen.
Dan war froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Er schaute die Straße entlang. Bei diesem Wetter herrschte nicht viel Verkehr, zumal jetzt keine Urlaubssaison war. Er sah Shannon an.
„Alles in Ordnung mit dir?“, erkundigte er sich und versuchte, sie gegen den Wind zu schützen.
„Mir ging es schon besser“, gestand sie. „Was machen wir jetzt?“
„Ich schlage vor, wir halten nach einem Taxi Ausschau. Ich habe nicht einmal Kleingeld, um anrufen zu können. Vielleicht sollten wir lieber nach einer Bank oder einem Laden suchen, wo wir einen dieser Scheine wechseln können.“
„Ich kann es nicht glauben, dass er uns hat laufen lassen.“
Dan lachte. „Ach, das Problem ist, dass wir zu viele Filme über Leute wie ihn gesehen haben. Er hat seinen eigenen Ehrenkodex. Dass er sein Geld von Rick zurückhaben will, kann man ihm kaum übel nehmen.“
„Aber ist das zu glauben, dass er einen solchen Aufwand betreibt, um mich zu finden? Dass er meine Familie aufsucht und meine Spur bis zur Insel verfolgt? Das ist beängstigend.“
Sie setzten ihren Weg fort, während sie sprachen. Dan entdeckte ein Restaurant an der nächsten Ecke. „Lass uns etwas essen. Die nehmen unser Geld bestimmt.“
„Wir sehen aus wie zwei ertrunkene Ratten“, meinte Shannon. Die Turnschuhe an ihren Füßen waren einige Nummern zu groß, aber es war immer noch besser, als barfuß zu laufen. Als sie das Restaurant erreichten, war Dan dankbar, dass sie einen trockenen Platz gefunden hatten.
Sie zogen ihre Mäntel aus, hängten sie auf und folgten einer Empfangsdame zu einem der Tische.
Die Kellnerin erschien mit Kaffee. Dan und Shannon bestellten sich je ein Sandwich. Nachdem die Kellnerin fort war, tranken sie schweigend ihren Kaffee.
Nach einer Weile sagte Dan: „Weißt du, Shannon, wenn ich schon entführt werden musste, bin ich froh, dass es mit dir zusammen war. Trotz deiner Angst hast du dich hervorragend verhalten.“
Sie hielt den Kaffeebecher in beiden Händen und sah erstaunt auf. „Ein Kompliment? Von dir?
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