Die pure Versuchung
Es brach ihr das Herz, als du fortgingst auf dieses vornehme College an der Ostküste.“
„Redest du etwa von Shannon?“
„Natürlich, von wem denn sonst?“
Dan starrte ihn einen Moment lang an. Dann erklärte er: „Damals während meiner Schulzeit kannte ich deine Schwester nicht einmal.“
Buddy schwieg.
Dan beobachtete, wie die Sonne am Horizont auftauchte.
„Du hattest keine Ahnung, dass sie in dich verknallt war?“, meinte Buddy schließlich.
„Nein.“
Nach einer weiteren langen Pause sagte er: „Dann verrate ihr bloß nicht, dass ich es dir gesagt habe, ja?“
Als wenn Dan ihr gegenüber etwas Derartiges erwähnen würde. Andererseits war die Vorstellung faszinierend. Aber die Geschichte lag über zwanzig Jahre zurück. Shannon war damals ein Kind gewesen. Diese jugendliche Schwärmerei hatte sie sicher schon seit Jahren überwunden.
Ihm fiel ein, dass sie noch nie mit einem anderen Mann im Bett gewesen war. Das musste etwas zu bedeuten haben. Außerdem hatte sie ihn in jener Nacht auf der Jacht nicht weggestoßen, trotz der eindeutigen Anzeichen, dass er mit ihr schlafen wollte.
Im Gegenteil, er war sich ohne den geringsten Zweifel sicher gewesen, dass sie trotz ihrer Jungfräulichkeit mit ihm geschlafen hätte.
Wieso eigentlich?, fragte er sich.
Buddys Äußerungen machten ihn hinsichtlich einiger Dinge nachdenklich.
„Weißt du was?“, meinte er nach ein paar Minuten. „Ich glaube, ich würde deine Großmutter gern mal kennenlernen.“
Buddy nickte. „Das lässt sich machen.“
Dan stellte fest, dass sich seine Stimmung passend zum aufklarenden Himmel besserte. Zum ersten Mal, seit er an diesem Morgen aufgewacht war, lächelte er. „Wie wäre es mit noch einem Becher Kaffee?“ Er stand auf und streckte sich. „Ich wette, wir können Shannon dazu überreden, uns ein großes Frühstück zuzubereiten, wenn wir sie nett darum bitten.“
Buddy machte ein erstauntes Gesicht und stand ebenfalls auf. „Noch ein Becher Kaffee klingt gut. Frühstück auch.“
Dan ging in die Küche und schenkte neuen Kaffee nach. „Setz dich. Ich werde mal sehen, wo Shannon so lange steckt.“
Er klopfte leise an ihre Schlafzimmertür. Erst nach einer ganzen Weile hörte er sie „Komm rein“ sagen.
Er trat ein und schloss die Tür hinter sich. Shannon saß auf der Bettkante. Sie sah ihn nicht an, sondern hielt den Blick auf ihre im Schoß gefalteten Hände gerichtet. Inzwischen war sie vollständig bekleidet. Sie trug ein buntes Strandkleid, das er noch nicht an ihr gesehen hatte. Ihre Haare hatte sie im Nacken zu einem Knoten zusammengenommen.
„Shannon?“
Widerstrebend hob sie den Kopf und verzog das Gesicht beim Anblick seines geschwollenen Kiefers. Dann betrachtete sie wieder ihre Hände. „Anscheinend muss ich mich ständig bei dir entschuldigen.“ Ihre dunklen Augen glitzerten, und Dan erkannte, dass sie geweint hatte.
„Das Einzige, was Schaden genommen hat, war meine Würde“, erwiderte er leichthin. „Und das wird schon wieder.“
„Ich kann Buddys Auftritt immer noch nicht fassen.“ Mit festerer Stimme fügte sie hinzu: „Je eher ich aus deinem Leben verschwinde, desto besser.“
Dan lehnte sich gegen die Tür und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das wird ein wenig schwierig, in Anbetracht der Umstände.“
Sie sah verblüfft wieder auf. „Was für Umstände?“
„Na ja, Shannon, Liebling“, meinte er, „uns beiden steht demnächst eine Hochzeit bevor.“
8. KAPITEL
„Sei nicht albern“, sagte Shannon und sprang auf.
„Tja, ganz so habe ich mir meine Hochzeit auch nicht vorgestellt“, gestand Dan mit einem Schulterzucken und stieß sich von der Tür ab. „Angesichts der Lage solltest du heute wirklich nach Hause zurückkehren. Sicher gibt es mit deiner Familie noch alles Mögliche zu besprechen.“ Er öffnete die Tür. „Ach, bevor du gehst – würde es dir etwas ausmachen, uns ein Frühstück zuzubereiten, Liebling?“
Er war draußen, bevor der Schuh ihn am Kopf treffen konnte. Er hörte den dumpfen Aufprall an der Tür. Ja, sie hatte Temperament. In gewisser Hinsicht freute er sich schon darauf, Shannon zu bändigen.
Als er in die Küche zurückkam, musterte Buddy ihn misstrauisch. „Das hat aber lange gedauert.“
„Ich bin mir nicht sicher, wie ich dir die Neuigkeit beibringen soll, mein Freund, aber Shannon ist von der Tatsache, dass ich und sie jetzt verlobt sind, nicht sonderlich begeistert. Anscheinend muss ich uns etwas
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