Die pure Versuchung
Shannons knappes Nachthemd und fügte hinzu: „Und sie wieder mit nach Hause nehmen.“
„Eigentlich …“, begann Dan und überlegte, wie er dem zornigen Bruder erklären sollte, worin der Unterschied bestand, wenn man mit einer Frau schlief oder nur mit ihr in einem Bett lag. Allerdings bekam er nicht mehr die Chance zu einer Erklärung.
„Hast du mit ihr geschlafen?“, wollte Buddy wissen.
Dan versuchte es in vernünftigem Ton. „Wir haben ein Bett miteinander geteilt, ja. Aber wir haben nicht …“
„Komm mir bloß nicht mit irgendwelchen technischen Feinheiten, was eine sexuelle Beziehung ist und was nicht. Mir reicht die Information, dass ihr zusammen im Bett wart. Das hast du gerade bestätigt. Danke.“ Er wandte sich an Shannon. „Hol deine Sachen, wir gehen. Wir müssen eine Hochzeit vorbereiten.“
„Buddy!“, rief Shannon. „Du wirst mir nicht vorschreiben, wie ich mein Leben zu führen habe! Verstanden?“
„Ich schreibe dir gar nichts vor.“
„Schön, das zu hören“, erwiderte sie sarkastisch.
„Ich befolge nur Grandmas Anweisungen“, fügte er mit grimmiger Miene hinzu.
„Grandma?“, wiederholte sie schwach.
„Jawohl.“
„Sie hat dich hierher geschickt?“
„Ja.“ Er verschränkte die Arme vor seiner massiven Brust und grinste plötzlich.
„Oje.“ Shannon wandte sich ab.
Da Buddy nicht mehr so finster dreinblickte, schien es Dan sicher genug, aufzustehen. Er wusste nicht, was er zuerst reiben sollte, seinen Kiefer, in dem die Gefühllosigkeit heftigem Schmerz wich, oder sein von dem Sturz schmerzendes Hinterteil.
„Knöpf deine verdammte Jeans zu“, knurrte Buddy.
Erst jetzt begriff Dan, welchen Eindruck seine Erscheinung auf Buddy machte. Immerhin stand er mit nichts als einer offenen Jeans bekleidet vor ihm, während Shannon ein äußerst knappes Nachthemd trug. Er knöpfte seine Jeans zu und strich sich erneut die Haare aus dem Gesicht. „Ich brauche einen Kaffee. Möchtest du auch welchen?“, fragte er über die Schulter auf dem Weg in die Küche.
„Klar, wenn du welchen hast.“
Buddy schlenderte ihm hinterher wie ein Grizzly, der neues Territorium erkundet. Dan warf Shannon einen Blick zu und sagte leise im Vorbeigehen: „Zieh dir was an.“
Sie schien mit ihm streiten zu wollen, doch ein kurzer Blick auf ihren Bruder genügte, um es sich anders zu überlegen. Sie verschwand im Flur, der zu den Schlafzimmern führte.
Dan kochte schweigend den Kaffee.
„Ein klasse Apartment hast du hier“, bemerkte Buddy, nachdem er im Wohnzimmer mehrere Minuten lang von Fenster zu Fenster gegangen war.
„Danke.“
„Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel“, sagte Buddy. „Jetzt, wo wir bald verwandt sind, sollten wir keine Feinde sein.“
Dan rieb sich erneut den Kiefer. Dieser Aussage von Buddy konnte er nur zustimmen – auf Buddys Liste der Feinde wollte er nicht stehen.
Er schenkte den Kaffee ein und trug zwei große Becher ins Wohnzimmer. Einen reichte er Buddy und setzte sich anschließend vorsichtig auf einen weich gepolsterten Sessel. Er deutete auf die Couch und beobachtete, wie Buddy ihm gegenüber Platz nahm.
„Danke“, sagte Buddy mit einer gewissen Verlegenheit.
Dan schaute durch die nach Osten liegende Fensterfront hinaus. Der Himmel wurde langsam heller. Er ignorierte den Mann auf der Couch, während er an seinem Kaffee nippte.
Na schön, er hatte also einen Fehler gemacht. Er hatte ja nicht ahnen können, dass er in diesem Punkt mit seinem ehemaligen Footballteam-Kollegen konkurrierte. Buddy hatte eindeutig gewonnen.
Als die Wolken am Horizont zarte Pastellfarben annahmen, sagte Buddy leise: „Wow, was für eine Aussicht.“
Dan erwiderte darauf nichts. Er hatte seinen Kaffee ausgetrunken und überlegte gerade, ob er sich aufraffen sollte, um sich noch einen zu holen, als Buddy in entschuldigendem Ton hinzufügte: „Sie ist meine einzige Schwester.“
Dan fiel nichts ein, was er dieser Aussage hinzufügen sollte.
„Ich könnte die Vorstellung nicht ertragen, dass du ihre frühere Verliebtheit in dich ausnutzt.“
Langsam drehte Dan den Kopf und sah ihn an. „Wovon redest du?“
„Ach, das musst du damals auf der Schule doch gemerkt haben. Sie kam zu jedem Footballtraining und zu jedem Spiel, nur um dich zu sehen. Sie sammelte jedes Foto von dir, das von der Jahrbuchredaktion aussortiert wurde, schnitt Fotos von dir aus der Lokalzeitung aus und trug sogar in der Schule welche mit sich herum. Ihr Zimmer war voll davon.
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