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Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Titel: Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Müller
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„wirst Du gefordert. Ich muss mich auch um die anderen Geschäfte kümmern, da möchte ich mich auf Dich verlassen können. Deshalb stecke ich Dich überall hin. Halte Augen und Ohren auf. Den Respekt muss Du Dir selbst verdienen.“
     
    Am 15. August wurde das Restaurant eröffnet. Jochen hatte einen Sternekoch eingestellt und wochenlang überregional Anzeigen geschaltet. Er hatte dieses Edelrestaurant „Hunnenschänke“ genannt, was zu viel Gelächter im Blätterwald führte. In einem Interview wurde er gefragt, was denn König Artus mit den Hunnen verbinde und er sagte:
    „Eine Tür“.
    „Eine Tür?“
    „Ja, es gibt eine Verbindungstür vom Hotel direkt ins Restaurant.“
    Daraufhin kamen in einer überregionalen Tageszeitung einige Professoren mit einem Artikel zu Wort, der eine über König Artus` Tafelrunde, der andere über die Hunnen und ihren König Attila. Ein Redakteur der Zeitung resümierte danach, wie psychologisch geschickt dieser Stilbruch von Jochen doch sei. Er gäbe den Gästen, deren Wissen um Artus und Attila sicherlich äußerst rudimentär sein dürfte, ein Überlegenheitsgefühl, während sie sonst von dieser oberflächlich so glatten und perfekten Hotel- und Restaurantanlage erschlagen würden.
     
    Das Restaurant konnte vom Parkplatz aus durch einen langen schiefergedeckten Wandelgang über einen roten Teppich erreicht werden. Zu Eröffnung waren Terrakotta-Töpfe mit blühenden mediterranen Pflanzen angeschafft wurden, die den Weg vom Parkplatz zum Eingang säumten. Das hätte Attila sicher gefreut.
    „Was willst Du“, fragte Jochen, „soll ich vielleicht Mongolenpferdchen aufstellen, die vor Freude über die Besucher äpfeln?“
    Statt dessen hatte er sich einen besonderen Gag einfallen lassen.
     
    Über eine Kundin hatte er Kontakt zum Wiesbadener Staatstheater. Dort wurde gerade ein Ballett einstudiert, in dem viele Statisten in Ritterrüstungen und Frauen in mittelalterlicher Tracht mit Kunigunden-Hüten auftreten sollten. Jochen heuerte die Truppe an, und am Eröffnungstag bevölkerte sie den Parkplatz. Die Ritter boten ihren stählernen Arm den Damen, geleiteten sie den Gang entlang und  klapperten dann zum Parkplatz zurück, um die nächste Dame abzuholen. Die Kunigunden umturtelten die Herren, fassten sie bei der Hand, zerrten sie hierhin und dorthin, legten den Zeigefinger auf den Mund, machten „schschschsch“, drehten sie um ihre eigene Achse und zogen sie zum Eingang, wo die Damen bereits mit einem Cocktail versogt waren. Die Begeisterung war groß. Drei Musikanten in mittelalterlicher Tracht spielten auf mittelalterlichen Instrumenten mittelalterliche Weisen oder was sie dafür hielten. Jochen und ich führten die Paare, die sich unter großem Hallo wiedergefunden hatten, zu ihren Plätzen. Die Gäste waren Prominente aus Wirtschaft, Politik und den Medien. Sie waren von Jochen eingeladen, sogenannte „Freifresser“ wie er es nannte. Sie konnten aber „freiwillig“ eine kleine Spende in einem Briefumschlag auf einem silbernen Tablett am Eingang ablegen, entweder mit oder ohne Namen, denn die Spender sollten mit den Beträgen im Laufe des Abends öffentlich genannt werden. Das Geld wollte Jochen später weiterleiten zum Aufbau eines SOS-Kinderdorfes in Bangla Desh. Es stellte sich dann heraus, dass nur ein Gast mit einem Betrag von 5.000 DM anonym bleiben wollte. Alle anderen hatten versucht, sich gegenseitig auszustechen, und so kam ein Betrag von knapp 150.000,-- DM zusammen.
    „Wetten, dass das niemand aus seinem eigenen Portemonnaie bezahlt hat?“ feixte Jochen.
    Er hatte erreicht, dass in den nächsten Tagen alle lokalen und überregionalen Zeitungen über sein Gourmet-Restaurant und sein soziales Engagement  berichteten. Jochen wurde mit dem salbungsvollen Satz zitiert, wer hier im Überfluss schwelge, solle ein kleines Scherflein dazu beitragen, dass der Hunger in der dritten Welt bekämpft werde.
     
    Nachdem die Gäste das Restaurant betreten hatten, war der Mummenschanz zu Ende. Jochen legte Wert auf Seriosität. Der Raum bestand aus einem riesigen Bruchsteingewölbe. Von der Decke hingen an eisernen Ketten große Eisenreifen herab, auf denen statt  Kerzen moderne Kerzenbirnen angebracht waren. An den Wänden hingen alte Fackeln, die wegen der Brandgefahr ebenfalls Kunstlicht verströmten. Zwischen den Fackeln waren ein paar alte Ölschinken in silbernen Rahmen aufgehängt, die außer königlichen Portraits Schlachtenszenen zeigten; vielleicht

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