Die Qualen der Sophora
wich ihrem Blick aus, indem sie so tat, als
müsste sie das Klemmbrett auf der Ablage zurecht schieben.
Sie zuckte zusammen, als Cat nach ihrem
rechten Unterarm griff. Sie hatte den pochenden Schmerz darin bis jetzt gar
nicht richtig bemerkt. Die Wunde sandte Schmerzwellen bis in die Schulter hoch.
Der Puls war sehr empfindlich und von unzähligen Nervenenden durchdrungen. Nico
erklärte in leisen Worten, die sie selbst kaum hörte, weil ihr Herz so laut zu
klopfen schien, in welchem Zustand die beiden Krieger gewesen waren und warum
sie Damon von ihrem Blut zu trinken gegeben hatte. Cat befreite sie von dem
Verband und fand den Schnitt, den sie sich selbst zugefügt, aber auch die
Bissspuren, die Damon hinterlassen hatte.
„Die Wunde hätte er aber ruhig schließen
können! Das sieht böse aus!“
Cat warf dem Krieger auf der Liege einen ungehaltenen Blick zu und Nico war
mehr als erleichtert, dass sie nicht rot werden konnte, weil sie spürte, wie
die Hitze in ihre Wangen kroch. Sie konnte ja nun schlecht zugeben, dass Damon
sie nicht mochte und ihn die Vorstellung bestimmt abstieß, von ihrem Blut
getrunken zu haben. Er hatte rein instinktiv gehandelt, weil sie ihn
ausgetrickst hatte. Wäre er bei Bewusstsein gewesen, hätte er das niemals
getan.
„Es ist nicht weiter schlimm… Er wollte
das Plasma nicht annehmen, es waren nur ein paar Schlucke, um seinen Appetit
anzuregen und Wendy musste sich um Ash kümmern, der schwerer verletzt war. Ich
weiß… Ich muss vorsichtig sein. Es war wirklich nicht viel!“
Nico stockte der Atem, als Catalina die Wunden einfach gesund leckte. Ihre
Kehle schnürte sich beinahe zu, weil sie insgeheim doch den Wunsch gehegt
hatte, Damon könnte das für sie tun.
Er mag dich einfach nicht, finde dich
endlich damit ab! Wäre sie nur wirklich so verträumt, wie sie von allen immer eingeschätzt wurde,
dann könnte sie sich vormachen, es wäre anders. Leider sah sie nur in ihren
Visionen Unklarheiten. Im wahren Leben war ihr diese verschwommene Sicht nicht
vergönnt.
"So, das ist schon viel
besser!", stellte Cat zufrieden fest. Nico hauchte nur ein leises
Dankeschön. Es war, als wäre es niemals geschehen. Die kurze Verbundenheit mit
Damon war mit der Heilung ausgelöscht worden.
Sie war wieder eine leere Tafel, die auf
neue Eindrücke wartete, die dann auch wieder verschwinden würden. Es blieb nie
etwas zurück. Es würde nie jemanden geben, der diese Seite an ihr wirklich
akzeptieren würde. Es war wie ein Fluch, der sie bis in alle Ewigkeit verfolgen
würde. Die Geschichte war voll von Propheten und Orakeln, die an ihren
Fähigkeiten verzweifelt waren. Sie waren immer nur in Zeiten der Not gewollt
und nun verstand Nico auch, warum so viele von ihnen ein Leben in
Zurückgezogenheit und Einsamkeit vorgezogen hatten. Es machte nämlich keinen
Unterschied.
„Lass mich deine Wunden sehen.“ Wendy
ging um Ash herum, sodass sie jetzt hinter ihm stand. Ein wenig unverbindliche
Fürsorge würde die Situation zwischen ihnen sicher entspannen. Beim Anblick
seines nackten Rückens überkam sie allerdings erneut ein Gefühl von Schwäche.
Nichts lenkte sie von den wohlproportionierten, gut austrainierten Muskelbergen
ab, die von neuer, bereits heller werdenden und nicht mehr verkohlten oder
blasenübersäten Haut bedeckt wurde.
„Sag Bescheid, wenn ich dir weh tue.“,
flüsterte sie ein klein wenig atemlos, Damon und Nico vollkommen vergessend.
Andächtig fuhr sie mit den Spitzen ihrer Finger die Konturen seiner Schultern,
der Wirbelsäule und den daneben liegenden Muskeln nach. Er war so unglaublich
groß und stark.
„Es heilt gut. Morgen Nacht wirst du
nichts mehr davon spüren.“ Wendy seufzte erleichtert. Ash hatte großes Glück
gehabt.
„Was genau ist eigentlich passiert?“, fragte sie, weil sie schon wissen wollte,
wie es zu dieser schweren Verletzung gekommen war. Eine Antwort darauf bekam
sie allerdings nicht, denn just in diesem Moment flog die Tür zum Krankenzimmer
krachend auf. Nico gab einen erschreckten Laut von sich und Damon richtete sich
eher weniger kampfbereit auf seiner Liege auf.
Doch diesen Gegner hätten weder er noch
Ash in ihrem geschwächten Zustand kleingekriegt. Wendy stellte sich sofort
schützend vor Ash, als sie in die rotglühenden Augen Nathans sah, der soeben
mit Catalina von der Jagd aus Mexiko zurückgekehrt war. Ihr Vater war wie Cat
bis an die Zähne bewaffnet, jedoch brauchte er keine einzige davon, um ihnen
richtig wehzutun. Er
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