Die Qualen der Sophora
dergleichen auskannte. Selbst diese veralteten Modelle würden ihn
vor eine ziemliche Herausforderung stellen. Außerdem hatte Nathan sicher schon
gespürt, dass er in der Tür stand, so dass er sich nicht beim kleinsten Blinzeln
erwischen lassen wollte.
Er schien noch in seine Arbeit vertieft, doch damit konnte er Ash nicht
täuschen. Er mochte nicht über dieselben Fähigkeiten wie der große Jagannatha
verfügen, aber seine tierischen Instinkte trogen ihn selten.
„Guten Tag, Nathan! Ich
hoffe, ich komme nicht ungelegen“, begrüßte Ash seinen Waffenbruder, als der
sich endlich anschickte, sich zu ihm umzudrehen.
Es war ihm ein völliges
Rätsel, wie er es schaffte, wie ein waschechter Priester auszusehen.
Vertrauenerweckend und gütig, obwohl er einer der furchteinflößendsten
Immaculate war, die er kannte.
Awendela war heute
Morgen nicht mehr nach Hause gekommen. Nathan hatte mit seiner
unausgesprochenen Vermutung richtig gelegen, wusste aber nicht, ob es ein Grund
zur Freude oder zum Misstrauen war. Sie hatten sich seit dem Schließen der
Fahrstuhltüren nicht mehr gesehen. Nathan hatte früh ins Waisenhaus aufbrechen
müssen und sogar Catalina schlafend zurückgelassen. Auf seinem Schreibtisch
stapelte sich die Post von nur einem Tag haushoch, ein jährlicher
Wohltätigkeitsbasar, dessen Erlös dem Obdach zugutekam, dass diese Kirche bot,
musste organisiert werden und er konnte die Schwestern schlecht mit der ganzen
Arbeit allein lassen. Er war vielleicht nur ein Priester im Geiste, nahm seine
Aufgaben aber in jeder Hinsicht ernst. Wahrscheinlich war er deshalb in beinahe
jeder Rolle so glaubwürdig.
Und dann noch die Sache
mit diesen verflixten Computern. Ray hatte ihm zwar an drei Beispielen gezeigt,
was er zu tun hatte, trotzdem klappte es im Selbstversuch ohne Hilfe nicht
besonders gut. Das Programm zeigte immer wieder eine Fehlermeldung, die ihn
schier verzweifeln ließ. Eine der technisch versierteren Nonnen konnte ihm
bestimmt behilflich sein, wenn er nach ihnen rief... . Oh, Besuch!
Nathan wurde sein
Waffenbruder bewusst, noch bevor dieser im Türrahmen erschien. Die beiden
schenkten sich nichts, wenn es um ihre Fähigkeiten ging, ließen sich dies
jedoch in keinster Weise anmerken. Schließlich dienten sie nicht erst seit
gestern gemeinsam dem Wohl ihrer Spezies. Er saß mit dem Rücken zur Tür und
drehte sich erst herum, als ihn sein Bruder ansprach. Ganz so, als würde ihn
dessen Auftauchen tatsächlich überraschen. Ein kleines Spiel unter Freunden,
mehr nicht.
„Guten Tag, Ash! Nein,
du störst nicht. Du rettest mich gerade davor, einen Teil meines Verstandes zu
verlieren.“
Nathan stand auf und
bedeutete ihm mit einem Nicken, dass er hereinkommen sollte. So beieinander
stehend sahen sie furchteinflößend aus und gnade demjenigen, der es wagte, sie
gegen sich aufzubringen.
„Ich würde dir gern
meine Hilfe anbieten, aber zuerst wollte ich ein paar Dinge ansprechen, die mir
und Awendela auf der Seele lasten…“
Ash betrat den Raum und verkürzte den Abstand zwischen sich und Nathan mit ein
paar Schritten.
Ash war also wegen
Awendela gekommen. Gut für ihn. Nathans Mundwinkel kräuselten sich ein
klein wenig nach oben, während er bereitgestellten Kaffee, den die Nonnen ihrem
Reverend gebracht hatten, damit er sich zwischendrin einmal stärken konnte, in
eine noch unbenutzte Tasse goss und seine eigene dann nachfüllte. Er würde Ash
zuerst in Ruhe vorsprechen lassen und seine eigene Meinung über dessen
Beziehung zu Wendy kund tun.
„Ich habe mich niemals
für mein Handeln damals entschuldigt. Es mag nach außen hin selbstlos
ausgesehen haben, aber… ich hatte auch sehr eigennützige Gründe, so zu handeln.
Ich sah damals nicht deine Tochter da liegen. Ich kannte sie ja kaum. Sie nahm
den Platz meiner Mutter ein. Ich wusste nur, dass ich sie unbedingt retten muss.
An die Möglichkeit eines Blutbundes habe ich niemals gedacht, nicht mit meinem
Erbe. Du weißt selbst, dass es keine Garantien gibt, wie sich der Anteil von
Aryanerblut in einem auswirkt…“
Mehr musste Ash nicht
sagen. Sie hatten es ja erst heute Nacht mit Nico erlebt. Sie entstammte wie er
einem Aryaner-Lord, das bedeutete Macht aber barg auch Gefahren. An ihrem Wesen
gab es keinen Zweifel, sie war schließlich eine Priesterin ihres Glaubens
gewesen, aber die Umwandlung würde eine sehr gefährliche Sache werden, die man
nicht jedem Immaculate anvertrauen konnte.
„Ich bereue meine Tat
allerdings
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