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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Messias gekommen war; dann konnte man auch überall Hebräisch sprechen. Es bedeutete eine Anmaßung, wenn gewöhnliche Menschen, wie die Palmach-Soldaten es waren, das Kommen des Messias erzwingen wollten. Es durfte keinen Staat Israel geben, keine hebräische Alltagssprache, keinen Widerstand gegen die Araber. Das Gebot lautete Unterwerfung, Gebet und Ergebung; und wenn die Araber ein Massaker veranstalteten, so war das der Wille des HErrn. Zum Glück für MemMem Bar-El und seine Palmachniks stimmten nur ein paar Wodscher Juden diesen extremen Ansichten zu, denn selbst von den unmittelbaren Anhängern des kleinen Rebbe hörte etwa die Hälfte auf andere, auf Raw Loewe und auf Rabbi Goldberg, die ihnen die Weisung gaben: »Der Palmach ist ein Werkzeug des HErrn. Helft ihnen auf jede nur mögliche Weise, denn wir müssen gegen die Araber kämpfen.« Wenn aber Rebbe Itzik erfuhr, was die anderen Rabbinen gesagt hatten, faltete er seine Hände und sah zu Boden: »Sie verstehen den Willen des Heiligen, gelobt sei Er!, nicht«, flüsterte er traurig. Das Streitgespräch begann am Donnerstag, dem 15. April, gegen Mittag. Ilana Hakohen trat nach einigen Liebesstunden mit ihrem Mann auf die enge Straße hinter Rebbe Itziks Haus. Sie verließ ihr neues Quartier, das Gewehr über der Schulter, strich ihr offenes Haar zurück und den sehr kurzen Rock glatt, und dabei sah sie zufällig die Mesusa am Türpfosten, wie die Thora es vorschreibt. In dem Gefühl, daß schwere Tage vor ihr lagen, langte sie hinauf und berührte die Hülse mit den heiligen Worten. Dabei fiel ihr Blick auf die Straße. Und dort stand erregt der kleine Rebbe Itzik.
    »Damit es uns Glück bringt!« sagte sie auf Hebräisch. »Wir können es brauchen.« Für den kleinen Rebbe war alles, was das unverschämte Mädchen getan hatte, ein Greuel. Sie sah wie eine Buhlerin aus. Sie trug ein Gewehr. Offensichtlich kämpfte sie für einen Staat Israel. Sie hatte die Mesusa berührt, als sei dieses ein abgöttisches Amulett - Glückszeichen hatte sie die Mesusa genannt, nichts weiter! Und sie hatte ihn auf Hebräisch angeredet. Voller Verachtung drehte er ihr den Rücken zu und ging fort.
    Ilana Hakohen, aufgewachsen mit den kämpferischen Prinzipien ihres Großvaters und erzogen von einem Vater, der nichts von den Rabbinen wissen wollte, reagierte impulsiv. Zum äußersten Erstaunen des im Grunde so gutmütigen kleinen Diktators packte sie ihn bei den Schultern und wirbelte ihn derart schnell herum, daß sein Hut zu Boden fiel. »Machen Sie mir keine Vorschriften«, warnte sie ihn.
    Rebbe Itzik war nicht gewöhnt, daß man ihm widersprach. Diese unerhörte Reaktion der Sabra machte ihn sprachlos. Er bückte sich und versuchte, seinen Hut aufzuheben, stieß ihn aber ungeschickt nur noch weiter fort. In dieser Stellung aber blickten seine Augen genau auf die frechen nackten Knie, und als er dann in das braune, kecke Gesicht des Mädchens sah, rief er höchst überflüssigerweise: »Du bist noch nicht einmal mit dem Mann da drin verheiratet, oder?«
    »Wenn Sie mit mir sprechen«, fuhr ihn Ilana an, »benutzen Sie die Landessprache.«
    Jetzt wurde der Rebbe wütend. Er begann sie auszuschimpfen. Sie widersprach ihm temperamentvoll. Durch den Wortwechsel aufmerksam geworden, kamen einige aus der Gemeinde des Rebbe näher. Ein Alter rief: »Hure, wage es nicht, unsern Rebbe anzusprechen!«
    Ilana drehte sich um und sah dem, der ihr dies zugerufen hatte, ins Gesicht; dabei berührte ihr Gewehrkolben fast die Wange des Rebbe, der erschreckt zurückfuhr. Der Alte aber dachte, sein Rebbe sei geschlagen worden, und wollte Ilana packen. Sie jedoch nahm ihr Gewehr in beide Hände und wehrte den ungeschickten Angriff ab.
    Auch Gottesmann hatte den Lärm gehört. Er lief auf die Straße und begriff sehr schnell, was hier vor sich ging. Ilanas Gefühle den Ultraorthodoxen gegenüber kannte er, und die Reaktion des Rebbe auf sie, die Kämpferin für den werdenden Staat, konnte er sich vorstellen. Deshalb packte er seine Frau und zog sie zurück ins Haus. Dann ging er wieder auf die
    Straße und versuchte, die aufgebrachten Juden zu beschwichtigen.
    Er sprach Jiddisch. Das wirkte schon etwas beruhigend. Zu dem Patriarchen sagte er: »Rebbe, wir sind gekommen, eure Stadt zu retten, wenn wir können.«
    »Der Allmächtige allein wird bestimmen, ob Safad steht oder fällt«, erwiderte der Rebbe.
    »Das ist wahr«, stimmte ihm Gottesmann zu.
    »Aber wir werden Ihm dabei helfen«, rief

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