Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
Vom Netzwerk:
einen Whiskey ein. Zwei Tage war er fort gewesen. Normalerweise mischte er sich nie persönlich in die geheimen Operationen seiner Organisation ein, aber dies hier war etwas anderes. Es war seine persönliche Gralssuche nach zwei Gemälden, »Die Unsterbliche« und »Das Vermächtnis«, beide vor fünfhundert Jahren geschaffen. Gott hatte das Herz des Künstlers berührt, der diese Werke gemalt hatte – auf einer Leinwand, die ein teuflisches Geheimnis verbarg.
    Julian war verzaubert gewesen von den Geschichten, die seine Mutter ihm erzählt hatte – Geschichten über das Gemälde an der Wand seines Zimmers, über Engel und den Garten Eden, über das Leben und den Tod, über Himmel und Hölle und über die Wahrheit, die in unser aller Seelen verborgen liegt.
    Als Julian Teenager wurde, hatte seine Mutter »Die Unsterbliche« verkauft – angeblich, um für die Versorgung der Kinder bezahlen zu können und den Fortbestand des Waisenhauses zu finanzieren. Julian hatte diese Erklärung nie in Frage gestellt; nie wäre es ihm in den Sinn gekommen, die Worte seiner Mutter anzuzweifeln. Sie hatte ihn nie belogen, nie getäuscht.
    Doch wenn man erwachsen wird, lernt man, dass es Wahrheiten gibt, die in Wirklichkeit Märchen sind, und dass manche Märchen die Wahrheit sind: Vor zwei Jahren, bei einem routinemäßigen Arztbesuch, ergaben sich plötzlich Zweifel an Julians Herkunft – ein Verdacht, der sich nach gründlichen Untersuchungen bestätigte. Genevieve war gar nicht seine Mutter. Julian war ein Findelkind, das man vor ihre Tür gelegt hatte.
    Genevieve, die ihm stets versichert hatte, er sei ihr leiblicher Sohn, hatte ihn belogen und betrogen.
    Julian dachte an »Die Unsterbliche« und daran, wie dieses Gemälde verschwunden war. Er wusste jetzt, dass seine lügenhafte Mutter dieses Gemälde niemals verkauft hatte. Und so nutzte er all seine Ressourcen für seine Suche nicht nur nach der »Unsterblichen«, sondern auch nach dem anderen Govier-Gemälde, »Das Vermächtnis«. Zig Millionen kostete ihn seine besessene Jagd.
    Julian ging zum Schreibtisch, öffnete die mittlere Schublade und zog eine Faltmappe heraus. Er blätterte durch Dokumente, die von seiner Mutter stammten: Bankauszüge, Telefonrechnungen, Fotos. Seit zwei Jahren war Genevieve von ihm überwacht worden, bis zum Moment ihres Verschwindens. Julian wusste alles über sie, kannte sogar den Namen jedes Kindes, das sie großzog. Deshalb hatte er genau gewusst, was zu tun war, als er sie bedrängt hatte, ihm zu verraten, wo sich das Gemälde aus seiner Jugendzeit wirklich befand. Als sie trotzdem schwieg und sich weigerte, zu kooperieren und mit dem Sohn zu reden, mit dem sie seit Jahren kein Wort mehr gewechselt hatte, hatte Julian ihre Welt zerstört. Trotzdem beugte seine Mutter sich nicht. Sie floh in die Berge, wo sie starb.
    Doch auch ihr Tod war nur ein Märchen.
    Julian blickte hinauf zu dem Porträt über dem Kamin. Es zeigte seine Mutter; sie schaute mit jenem mitfühlenden Blick in die Welt, der Julian in seiner Jugend so oft getröstet hatte. Doch für ihn hatten sich diese Augen in den letzten zwei Jahren verändert; sie waren tiefer geworden, mysteriöser. Eine Welt voller Geheimnisse lag jetzt darin verborgen, eine Welt des Verrats. Wo zuvor ein Fenster gewesen war, das einen Blick auf ihre Seele erlaubt hatte, befand sich nun ein Schleier, unter dem sie ihr wahres Ich verbarg.
    Sie waren auf unerklärliche Weise miteinander verbunden: die Gemälde, die goldene Schatulle und Genevieve.
    Julian hob das Glas, um schweigend einen Toast auszubringen auf seine Mutter, auf ihre Schönheit, ihre Intelligenz, ihr verschlossenes Wesen. Trotz all ihrer Lügen und Täuschungen liebte Julian sie, wie alle Söhne ihre Mütter lieben. Er wollte sie zurück, er musste sie wiederhaben.
    Ihre Entführer hatten keine Ahnung, wie gefährlich sie über das Ziel hinausgeschossen waren. Julian hatte nicht die Absicht, das Lösegeld innerhalb der von den Entführern gestellten Frist von fünf Tagen zu zahlen – er wollte überhaupt nicht zahlen. Tatsache war, dass er nicht zahlen konnte . Trotz seiner Milliarden forderten sie als Lösegeld das Einzige, was er nicht besaß. Aber das spielte keine Rolle; es würde am Ausgang der Sache nichts ändern. Mit Gott auf seiner Seite würde er seine Mutter zurückbekommen. Und dann würde er alle töten, die es wagten, sich ihm in den Weg zu stellen.
    Er würde ihre Familien aufspüren, ihre Kinder, ihre Freunde.
    Und

Weitere Kostenlose Bücher