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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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sich, doch keine davon schien das
auszudrücken, was er in diesem Moment empfand. Er wünschte sich, er
hätte es früher erfahren... Er wünschte sich nichts mehr, als
die Zeit zurückdrehen zu können, um seine Tochter aufwachsen zu sehen
und um bei dieser Frau sein zu können, in die er sich einst verliebt hatte
und die allein so vieles hatte ertragen müssen...
    „Sie wurden also vorgeschickt, um mir all das zu sagen?“
     
    Veronika musste zugeben, dass dieser Mann ein sehr guter
Schauspieler war. Er sah nicht nur gut aus, sondern er schaffte es auch, eine
sanfte, ruhige Ausstrahlung zu widerspiegeln, die sicherlich schon den Kopf
vieler Frauen verdreht hatte. Nun hatte er ein leichtes, gerührtes Zittern
in der Stimme auch noch perfekt beherrscht. Sie musste sich fast dazu zwingen,
ihre Stimme streng und bestimmt klingen zu lassen.
    „Ja, Sandra hat noch immer solche Angst vor Ihnen, dass
sie sich nicht sicher war, ob sie es schaffen würde, Ihnen
gegenüberzutreten. Eines können Sie mir glauben: Ich habe keine Angst
und ich werde weder Sandra noch Lisa eine Minute unbeaufsichtigt mit Ihnen in
einem Raum lassen. Die Polizeiwache ist bei uns nur drei Häuserblocks
entfernt. Sie haben diesmal sehr schlechte Karten und ich werde nicht zulassen,
dass…“
    Veronika stockte, denn Daniel hatte ihre Hand genommen
und unterbrach sie bestimmt. ‚Was für ein Schauspieler!’ versuchte
Veronika sich einzureden.
    „Frau Koller, oder Frau Kralik, Sie können mich gerne
an einen Stuhl fesseln, wenn Ihnen dabei wohler ist, aber ich will und kann
nicht länger warten. Bitte, ich flehe Sie an, beenden wir jetzt dieses
Verhör inklusive der Standpauke und lassen Sie mich zu Sandra und Lisa.
Ich habe schon fünfzehn Jahre verloren, foltern Sie mich nicht
länger. Ich schwöre es noch mal: ich habe nichts getan.“
    Veronika hätte ihm sehr gerne geglaubt, doch sie tat
es nicht. Als er ihre Hand wieder los ließ, nickte sie dennoch.
    „Fahren wir.“
    *
    Lisa stand am Fenster ihres Zimmers und beobachtete die
Straße. Es schien ihr eine Ewigkeit verstrichen zu sein, als endlich das
Auto in die Einfahrt bog. Veronika und Daniel stiegen aus. Zum ersten Mal sah
sie ihren Vater mit eigenen Augen und ihr Herz fühlte sich an, als
hätte es zum Schlagen zu wenig Platz in ihrem Brustkorb. Sie konnte von
oben nichts weiter als seine Haare erkennen, doch plötzlich blickte er zu
ihr hoch und lächelte ihr zu.
    „Giorgio“ flüsterte Lisa vor sich hin. Ihr Verstand
war wie benebelt und ihr Herz raste. Weshalb spürte sie erst jetzt
Giorgios Nähe? Sie spähte in Daniels Gedanken auf der Suche nach
Antworten.
     
    Daniel folgte Veronika bis zur Haustür. Er
spürte in sich, wie Giorgios Geist versuchte, über ihn Kontrolle zu
erlangen, doch das Spiel kannte er schon und er behielt die Oberhand, wie es
ihm in all den Jahren immer wieder gelungen war. Giorgios Geist war nicht
bösartig und Daniel fürchtete sich nicht vor ihm, zumindest nicht
mehr. So stark wie heute war er allerdings nur einmal gewesen und zwar in Italien,
vor fünfzehn Jahren. Daniel hatte keine Zeit, um den Versuch zu wagen, mit
Giorgio zu kommunizieren, doch er hätte es gerne getan, denn etwas an
seiner Tochter Lisa hatte den Geist aufgewühlt und das machte ihn
neugierig.
    Als Veronika die Haustür öffnete, hatte Daniel
jedoch keine Zeit mehr, sich um irgendetwas Gedanken zu machen. Alles geschah
plötzlich sehr schnell, zu schnell. Wie angewurzelt war Sandra an der
Wohnzimmertür stehen geblieben. Auf ihrem Gesicht spiegelten sich
sämtliche Gefühle wider und Daniel erinnerte sich daran, wie sehr er
es geliebt hatte, dass sie niemals versucht hatte, ihre Gefühle zu
verbergen.
    Im ersten Augenblick erkannte er Freude, dieser folgten
blitzartig Furcht und Verzweiflung. Ein schwarzer Schatten huschte über Sandras
Augen. Auch in ihm regte sich Giorgio, doch im Gegensatz zu Sandra hatte er den
Geist in sich unter Kontrolle.
    „Sandra, du musst dagegen ankämpfen!“, rief er ihr
zu.
    An ihrem angestrengten Gesichtsausdruck konnte er sehen,
wie sie es versuchte, doch der Geist war offensichtlich stärker als sie.
    „Es tut mir leid.“ Sie machte kehrt und rannte die
Treppen hinauf, wo sie allem Anschein nach in ihr Zimmer fliehen wollte. Daniel
konnte nicht eingreifen, denn Veronika strafte ihn bereits mit einem vorwurfsvollen
Blick und auf dem Treppenabsatz erschien Lisa, die gleichgültig etwas zur
Seite ging, um ihre Mutter vorbeizulassen.
    Veronika stand

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