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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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erblicken durften.
    *
    Iridiens Parkanlage war wundervoll. Die Priester hatten
mit Hilfe des Gottes der Erde verschiedene Gärten angelegt, in denen
Landschaften im Miniaturformat die Bewunderung aller Besucher auf sich zogen.
Lilldaye wusste genau in welcher dieser so realistisch wirkenden kleinen Welten,
sie den Hohepriester finden würde. Er war nicht so wie sie in Anthalia
geboren, sondern in einem Dorf mitten in dem dicht bewachsenen Wald Ugrils, in
dem verfeindeten Reich Namens Gowiriali. Der etwas schwerfällige Mann
saß auf einer Bank und betrachtete sehnsüchtig die kleinen
Bäume, die denen seiner Heimat so sehr ähnelten. Als er die leisen
Schritte Lilldayes hörte, stand er höflich auf.
    „Lilldaye! Deine Anwesenheit bringt Licht in die Nacht!“
    Neid hatte andere Gesichter. Lilldaye war erleichtert.
    „Ich freue mich auch, dich zu sehen, Mayendrik.“, gab sie
ebenso freundlich zurück, ehe sie sich nach vor beugte, um dem
Hohepriester einen Kuss auf die Wange zu geben. Für einen Atemzug
vermochte er ihren betörenden Duft zu riechen und seine alten Augen
leuchteten, wie sie es bewirken wollte.
    „Vorsicht junge Schönheit, auch alte Männer
haben Herzen, die brechen können!“
    Lilldaye lächelte. Beide Hohepriester sahen sich nur
selten, doch sie mochten und schätzten sich.
    „Es freut mich zu sehen, dass sich zwischen uns nichts
geändert hat.“
    Der Hohepriester winkte beiläufig ab, als er sich
laut zurück auf die Bank setzte.
    „Bah, sorge dich nicht Lilldaye! Nun ist Kegalsik wieder
zu seinen Priestern zurückgekehrt, Anthalions Priester genießen
ebenfalls wieder die Gunst unseres Gott-Königs… Niemand wird an Neid
ersticken, obwohl dies immer wieder behauptet wird...“
    Lilldaye setzte sich neben den Hohepriester und blickte
auf die kleine Darstellung von Mayendriks Heimat, während sie weiter den
Worten ihres Kollegen zuhörte. Er war um einiges erfahrener als sie,
obwohl sie bereits länger das Amt eines Hohepriesters bekleidete. Sollte
er Ratschläge erteilen wollen, so würde sie darauf hören. Seine
Worte klangen derb, doch sie ließ sich davon nicht täuschen. Hinter
der Fassade verbargen sich sowohl Wissen als auch Weisheit.
    „Lilldaye, du weißt, ich freue mich stets über
deinen Besuch, doch in Kürze wird die Zeremonie beginnen, ich darf nicht
zu spät kommen. Du weißt doch, wir dürfen Iridien nicht
verärgern, denn seine Gunst haben wir noch nicht zurück erworben…“
    „Ich könnte dir zeigen, wie du dennoch Macht
aufrufen kannst.“
    „Ich weiß, ich weiß…. Doch deine Priester
erzählten, dass sie in den Augen Balderias zu finden sei. Ich möchte
nicht riskieren, Iridien noch weiterhin zu verärgern, indem ich mich
versehentlich an Balderia wende!“
    „Natürlich, das kann ich verstehen. Ich bin ja auch
nicht deshalb hergekommen… Du weißt doch, dass wir im Bettlerviertel
einen Tempel errichtet haben?“
    „Natürlich, ja. So etwas spricht sich herum… Keine
gute Sache, sagen die meisten… Anthalions Priester sind darüber sehr
verärgert.“
    „Und du?“
    „Ihr habt nur Balderias Rat befolgt… Ich habe
außerdem nie verstanden, weshalb wir die göttliche Nähe
denjenigen verweigern sollten, die es am meisten benötigen, doch in
Anthalia herrschen Anthalions Gesetze… Du solltest vorsichtig sein. Obwohl ich
weiß, dass Anthalion dich bislang verschont hat, wäre ich mir an
deiner Stelle seiner Gunst nicht allzu sicher.“
    „Ja, ich fürchte ich bin zu weit gegangen. Doch
Balderias Botschaft war eindeutig.“
    „Ein Dilemma, ja… Was wolltest du mir über eueren
Tempel erzählen?“
    „Nun, zum Erbauen des Tempels, hat uns Balderia geraten,
zu Iridien zu beten. Es war unmöglich in dieser Schlammgrube festen Boden
zu finden… Wir haben einmal mehr Balderias Rat befolgt…“
    Der Hohepriester war verwundert und fasziniert zugleich.
    „Ihr hörte davon, aber ich wollte es nicht glauben.
Ihr habt also wirklich zu Iridien gebetet? Auf Anraten seiner Schwester?“
    „Ja.“
    „Und?“
    „Nun, es hat funktioniert… Aus Schlamm wurde Stein…“
    Der Hohepriester lehnte sich zurück und atmete tief
durch.
    „Nun, meine Schöne. Ich formuliere vorsichtig, aber
ich denke, jetzt bin ich doch neidisch…“ Er zwinkerte ihr zu und nutzte die
Gelegenheit, um Lilldayes Knie zu tätscheln; sie fand die Berührung
jedoch nicht unangenehm. „…Iridien, dieser alte Schlawiner! Man kann es ihm
nicht verübeln, dass sogar er Balderias Charme

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